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10 Lese - Zimmer. Neuestes Bulletin -er Moden. Aus Paris. Ich komme zuerst auf die Stadttoilettcn, die sehr reich sind, und das höcdste Lob verdienen. Fast zu allen Wintcrbc- klcidungcn kommt der Sammet, und zwar der schwarze Sam met; so sicht man seit einigen Wochen alle Schönen von Ge schmack in Sammet vergraben, man kann sagen vöm Kopf bis zu den Füßen, mit einem kurzen abgestumpften Hütchen in schwarzem Sammet, das mit Bändern von farbig brochirtem Atlas besetzt unk mit Blumen in Sammet und Atlas geziert ist. So habe ich in den Salons Illaxonco einen in Form einer Glorie (anröolo) ausgeschweiften Hut gesehen, an dessen Blcndenrand ein Halbschleicr in Spitzcnblonden angebracht war, welcher nach Hinten den Kopf bedeckte; auf der linken Seite der Blende lag ein Rosenzweig auf, und innerhalb derselben befand sich eine Guirlande von Band und rochen und schwarzen Blumen. Es ist zu bemerken, daß bei allen diesen Hüten die zur Ausschmückung angewendctcn Blumen von den lebhaftesten Farben sind. Dies scheint auch unerläßlich, um dem matten Tone des Sammets einigen Glanz zu geben. Diese Kopfpuhe sitzen zum Entzücken. Zum Negligee hat man ebenfalls sehr passende Moden: ein Hut von aschgrauem Cashcmir, oder von rohem Scidcnzcug oder auch von Filz, mit grauen, schwarz oder kirschfarbcn gesprenkelten Federn besetzt, bisweilen auch mit beiden Arten. Ich spreche von Filz hüten, aber ich wiederhole, daß cs sehr sonderbar ist, und für eine Modedame sehr lästig, rücksichtlich ihres Kopfschmucks mit einem Hutmachcr zu thun zu haben. Bortenwcrk und Räupchcn sciwnilles) verlangt jede nur einigermaßen der Mode huldigende Dame von einem Kauf mann ; Bortenwirkcrci auf die Hüte, Räupchen zu Verzierungen unterhalb. Betrachten wir nach dem einfachen Sammet den getigerten, so müssen wir gestehen, daß der letztere fast ultra — fashionabcl ist; ich liebe ihn nicht auf den Hüten; aber zum Kopfschmuck für Soireen, zum Besätze für Mäntel, Bour- nuß oder Paletots, gibt es nichts Passenderes. Ich habe diese Woche eine große Anzahl von Shawls in schwarzem Cashcmir gesehen, um welche sich rings eine Franse zog. Einige Damen zeigen sich auch in kleinen Shawls von farbigem Cashcmir: lichtgrün, Johannisbcerfarbcn oder tür kischblau; doch finden sie fast gar keine Nachahmung. Volans in Menge, verlangt jetzt die Mode; ferner Halb breite Aermel, an der Brust platte Leibchen, und zum Schmuck des Halses Fichüs ä la <I»cIwss«, welche dem Schnitt des Leibchens folgen, und mit Valcncienncs, oft bis zu sieben fachen Reihen besetzt sind. Damen, welche den Hals nicht völlig entblößt haben wollen, tragen in Toilette einen Vandyk von Spitzen über die Schul tern. Der Vandyk ist ein platter Kragen, welcher den Hals umgibt, und bis an den Rand der Schultern und des Kleides herabgcht. Oft befestigt man ihn mit einer Schnur und sei denen Eicheln. Diese Neuigkeit verdankt man dem Herrn G. Violard, und ihr Erfolg scheint bereits entschieden. Häubchen findet man in tausendfältigen Formen und von dcn verschiedenartigsten Stoffen, Turbans in Rachcl-Lüll, in Arachne u. s. w. — Sie machen im italienischen Theater und Opernhause Furore; man trägt sie einfach oder mit einigen Rosen, bisweilen auch mit einer Feder oder einem Paradies vogel geschmückt. Roch muß ich eines Gewebes oder Stoffs gedenken, der in seiner Art höchst cigenthümlich und wunderbar ist. Dieser Stoff ist in Glas, Glas und Kristall wie man cs zu Fläschchen und Spiegeln verwendet; doch so geschickt ver arbeitet, daß er geschmeidiger als Seide ist, und wie diese sich nickt zerknittert Man webt damastartige Vorhänge von allen Farben, mit goldnen und silbernen Bouquets und dies Alles in Glas; Gold- und Silbcrtüchcr tausendmal schöner als das Gold und Silber, und wiederum nur in Glas; man kann sie quetschen, rollen, beugen, nichts schadet ihnen. Erhalten diese Stoffe einen Flecken, so bedarf cs nur eines Schwammes und ein wenig Wasser, um denselben verschwinden zu machen. Sic sind, obgleich das wunderbarste Produkt dieses Jahres, dennoch sehr billig, und mit ihnen kann man einen Salon im'Augenblick besser und wohlfeiler meubliren, als mit Scidcnzcugen oder Damast. L t ä d t e ch r o n i k. St. Petersburg. Der Herzog von Leuchtcnbcrg be zaubert hier Alles durch seine männliche Schönheit. Die be absichtigte Vermählung der zweiten Großfürstin mit dem Kron prinzen von Baicrn soll sich zerschlagen haben, weil das Venerische Hausacsctz dcm Prinzen nur eine Gemahlin heimzu führen erlaubt, welche dem katholischen Glauben zugethan ist. Die Großfürstin hat sich zu einem Wechsel der Confesfion nicne entschließen können. Wien. In einigen Tagen erwarten wir unfern Walzer könig Strauß zurück. Leider soll dcmfilben das englische, trübe Klima durchaus nicht zugesagt haben und er sehr leidend sein. — Sehr ernstlich denkt man jetzt an die Abtragung des Stephans- thurms, da die Riffe und Sprünge immer gefahrdrohender »Herden. Mainz. Das Deficit für das hiesige Guttcnbcrgdcnkmal ist noch immer nicht gedeckt; man spricht von Conzcrten, die veranstaltet werken sollen, die noch fehlende Summe aufzu bringen. Bremen. Bei der bekannten Illumination am letzten lki. October befand sich unter den verschiedenen Transparents eins, wo Napoleon vom Bremer Löwen zu Boden geworfen und von ihm gepackt, abconterfcit war.