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Musen-Almanach nachschickte. Er ist wirklich an der Lauheit, Indifferenz und Genußunfähigkeit der Deutschen gestorben und begraben mit Adalbert von Chamiffo. Für den, welcher die Sache bei Lichte besieht, ist cs tiesschmerzlich, daß durch Eines Dichters Tod ein Unternehmen starb, bei welchem viele der deutschen Dichter bctheiligt waren. Kein Einziger hatte Kraft, Lust, Begeisterung genug, dem sterbenden Biedermann den Hohlspiegel der deutschen Poesie, den Brennpunkt unsrer Lvrik, den Blüthcnstrauß der Schönheit aus der abgemaltcten Hand zu nehmen, und ein neues, frischeres, kräftigeres Ccntrum für die deutschen Dichter zu bilden. Man machte Werse auf seinen Tod, schilderte die letzten Besuche und dann war's vorbei. Auch seine treuesten Freunde zuckten die Achseln, wenn man von neuer Belebung seines Almanachs sprach: es würde sich kein Verleger finden, die Kosten kämen nicht heraus, der Alma nach würde nicht gekauft und dergleichen. So sehr ist man der Poesie und ihrem heitern Himmel entfremdet, daß man sie nach dem Geldwerthe tarirt, wie eine Waare auf dem Markte. — Es traten einige junge, begeisterte Manner zusammen, um aus ihren Kräften einen neuen Brennpunkt der Poesie zu erzeugen und die deutschen Dichter von Außen hineinzuziehcn. Ein junger Mann, der sich in Berlin durch seine Bieg- und Schmiegsamkeit, durch seine harte Stirn, bei den meisten lite rarischen Nolabilitäten cingeführt hatte, und auf seinen Reisen die Freundschaft der gefeiertsten Dichter erworben haben wollte, versprach fcierlichst und in schwärmerischer Begeisterung, alle dichterischen Kräfte Deutschlands herbeizuziehen und einen Mu sen-Almanach in's Leben zu rufen, der seines Gleichen weder in der Geschichte der Vergangenheit noch der Ankunft finden würde. Aber der junge Mann hatte noch ein Examen zu s ' in sich, und konnte sich nun nicht mehr mit ereien, die einem die Carriere verderben, ab- rn kühlten ihre Begeisterung an der Lauheit und Prosa derer ab, welche ihre Stellung und Connexionen zur Förderung eines neuen Almanachs zu verwenden gebeten wurden. So lief Alles verstimmt wieder auseinander und die weni gen eingcgangcnen Beiträge wurden in's Pult geschloffen. Mehre Dichter, an die geschrieben ward, antworteten nicht, oder erkundigten sich erst: ob und wie viel honorirt würde. Tollten die deutschen Dichter wirklich so verphilistert, so abge mattet sein? Wir glaubens noch nicht, und rufen deshalb alle wahren, frischen, kräftigen, deutschen Dichter auf, uns ihre besten und liebsten Kinder zu senden. Es soll auf jedem Fall ein neuer Musen-Almanach für 1840 erscheinen. Ein junger, mit Geld und Gut gesegneter Dichter, hat sich erboten, nöthigen Falls die Kosten zu tragen, so daß die Hindernisse materieller Seite schon verschwunden sind. Nun kommt cs nur auf die Dichter selbst an. Wir rufen sic auf, das Beste, das Hei ligste, das Kräftigste, was sie geschaffen haben, für den neuen Musen-Almanach zu senden, damit er in der That der Brenn punkt und die Sonne der deutschen Lyrik werde. Schicke Jeder nur Weniges, das in wahrhafter Begeisterung und sprudelnder Schöpferkraft Erzeugte und mit Liebe und Sorg falt formell Vollendete. Junge, quellende Kräfte, die ncch keine Mittel haben, öffentliche Organe für ihre Poesie zu fin den , alle wahrhaft Begeisterten, die das lebendig Schöne zu ergreifen und zu gestalten wußten, besonders auch Humoristen, und Jeder, der sich als Dichter weiß und fühlt und sich begei stern kann für den Versuch, das Schönste, Herrlichste, Heiligste der ganzen deutschen Lyrik vor das Angesicht der Welt zu stellen und es an ihr Herz zu legen, wir bitten sie im In teresse der Poesie, das in's Dasein strebende Werk zu unter stützen und zu fördern. Da noch keine bestimmte Redaction gegründet ist, bitten wir die deutschen Dichter, ihre Beiträge zunächst an die „Redaction des Gesellschafters" durch Buch händler-Gelegenheit oder Franco durch die Post bis Mitte Septembers cinzusenden. Professor Gubitz in Berlin. Nachschrift der Redaction. Indem wir obigen Aufruf auch unserm Blatte einverlcibcn, leisten wir der Aufforderung der Redaction des Gesellschafters Genüge. Julius Mosen, der-treffliche Dich neuestes Trauerspiel: „Otto lll." vollendet. Möchte wo zur Aufführung kommen. Ernst Willkomm, von dem nächstens (bei Wilh. En, gclmann in Leipzig) „ Byron'S Novellen" erscheinen werden, beschäftigt sich mit einem historischen Roman: „Wal lenstein". Carl Beck's „stille Lieder" sind unter der Presse, desgleichen „Leben und Traum" von Julius Ham mer, dem Verfasser von „Adlig und Bürgerlich". Ein jun ger, hoffnungsvoller Dichter, Frankenberg, gibt bei Meiß ner in Leipzig einen Roman: „der Missioncnr" heraus. Miszellen. Einer der sonderbarsten Prozesse. Dieser ist in Folge einer sonderbaren Unternehmung in's Leben getreten, welche den Aweck hat, eine Assecuranz gegen den Verlust von Prozessen zu stiften. Die Unternehmer setzen nämlich voraus, daß cs Leute gibt, welche viele Prozesse haben, wovon sie einige verlieren werden, andere gewinnen. Diesen Leuten nun wollen sie den aus dem Verlieren erwachsenden Schaden ersparen und dieselben vor allem Verlust sichern. Allein leider hat die An stalt gleich anfangs gegen ihre eigenen Lheilnehmer Prozeß führen müssen. Komisch wäre es, wenn nun über die Frage, ob die Actionaire auch gegen diesen Prozeß assecurirt sind, ein neuer Prozeß entstünde. Auf jeden Fall scheinen die Theilneh- mer an der Anstalt gegen allen Verlust gesichert; denn gewin nen sic, so ist cs gut, verlieren sie aber den Prozeß, so muß. Kraft der Statuten, die Anstalt sie gegen allen Verlust schüz- zen. Wer also Freude am Prozeßführen findet, und solch