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Hurrah, für Str Robert Peel!" Die Bürger entschlossen sich endlich, Ruhe zu stiften und die Jungen hinauszuwcrfcn. Es kam zwischen den Studenten, die auf dem Hülseruf „xoniw!" (Burschen heraus!) Suocurs erhielten und den „toevnsnwn" (den Philistern) zu einem förmlichen Handgemenge, bis endlich die Erstern mit blutigen Köpfen abziehen mußten. Nachdem die Musen entfernt waren, wurde die Vorlesung gegen die Korngesetze fortgesetzt. Treuenbrietzen. Hier gibt es dermalen stürmische Zeiten. Zwei Parteien sind es, welche sich auf den Tod be- kämpfen, nämlich die Bah nisten und A n t i b a h n i ste n. Die Einen wollen die Eisenbahn durch die Stadl haben, die Andern wollens nicht. Man hofft indeß, daß cS der europäi schen Diplomatie, die schon so große Wunderthatcn verrichtet und den Weltfrieden gesichert hat, auch hier gelingen wird, die Ruhe zu erhalten. Stuttgart. Die hiesigen Finsterlinge haben ein großes Aergerniß daran genommen, daß die Einweihung des Schiller denkmals durch Glockenton verherrlicht worden. Schon vor dem Feste hatten sic alle Minen springen lassen, das Glocken läuten zu hintertreiben. Wann wird endlich einmal den ka tholischen wie den evangelischen Finsterlingen, Mystikern und dem unchristlichen Psaffcngezücht die Glocke der Vernunft läuten. Theater. Wiener Fruchtbarkeit. In Wien erwachsen die Theaterstücke wir Pilze aus der Erde. In vier Tagen wur den vier neue gegeben, die sämmtlich Fiasco machten. Die Unsterblichen hießen: Emsigkeit und Arbeitsscheu, oder Hand werk hat einen goldenen Boden, von Hilar. — Die beiden Schauspieler; das Maskenfest, oder Lorenzo de Caponi; (nichts als eine jambische Zcrrädcrung des Textes von AuberS Mas kenball); endlich: der Sturm auf Schcgetir, oder Ritter Georg. Komische Dankreden hcrvorgcrufcncr Schau spieler. Ein ärmlicher Histrion wurde vor mehren Jahren auf einer Bühne hcrvorgcrufen, nicht um beklatscht, sondern um ausgepfiffcn zu werden. Die hcrzzcrschncidcndcn Töne gell ten ihm entgegen, so wie. er hervorgetretcn war. Ohne sich aber einschüchtern zu lassen, betrat er festen Schrittes das Proscenium. „Gestrenge Herren," sprach er, „die Ihr da un ten den Stab über mich brecht, bedenkt, das Fleisch war willig, aber der Geist war schwach." Mit weniger bescheidenem Gefühle sagte ein hcrvorgcrufc- uer wackrer Muicrijüngcr: „Meine Herren! Sclomo's Urlheil war gerecht, doch das Ihrige ist weit gerechter." Eine Sängerin, welche so eben von einer schweren Krank heit genesen, sagte nach ihrem ersten Auftreten, wo sic am Schluffe stürmisch gerufen wurde: „Danken Sie, Verehrtest? den heutigen GcniH Gott und dem lieben Doctor Schilling, welchen Beiden ich meine Genesung verdanke." Eine andere Künstlerin trat bei ähnlicher Gelegenheit mit hochklopfcndcm Herzen hervor und wußte in der Bestürzung nichts, als die verworrenen Worte hcrvorzubringen: „O wie gütig bin ich Ihnen — das höchste Vergnügen ist, Andern ein Vergnügen zu machen. Gewiß, wenn cs Jbncn lieb war, wird cs mir angenehm sein." — Der Thcatermeister kam ihr zu Hülfe und ließ die Gardine fallen. Musik. Haydn war 1733 geboren und starb 1809. Von seinem achtzehnten Jahre bis an seinen Tod componrrte er hun- dcrtunddreizchn Ouvertüren, yundertunddrciund- sechszig Stücke für die Violine, zwanzig Divertissements für verschiedene Instrumente, drei Märsche, vierundzwan- zig Trios, sechs Baßsolos, fünfzehn Eonccrte für verschie dene Instrumente, dreißig Messen, dreiundachtzig Quintetten, siebzig Sonaten, z w c i u n d vi-e rz i g Duos, zwei komische Opern, fünf Oratorien, drcihundertfünf- undscchszig Eecossaisen, vierhundert Menuetten und Walzer. M o d e Zur Geschickte derPerückcn. Nachdem Ludwig XIV. sich feicrlickst die Allongcperücke aufgesetzt und damit die gei stige Pairskammcr der Menschheit, dem ganzen Hoch-, Hoch wohl- und Edelgeboren, auch Hoch- und Hochchrwürdigen Europa das Signal gegeben hatte, sich gleichmäßig zu bedecken, eilte die Mode schnell ihrer höchsten extensiven und intensiven Entwickelung entgegen. Um's Jahr 1680 wurden zu Paris die Ungeheuern Perücken erfunden, welche über die Schultern fast bis auf die Hüften niedcrsiclen, viele Pfund wogen und oft tausend Thaler kosteten. Auf der Stirn waren sie hoch auftressirt, was man nach einer Maitrcfse des Königs, di'e einen noch höhern weiblichen Kopfputz angebracht, clerant L lu k-orntange nannte. Der Name des Erfinders ist der Nach welt unverlorcn. Er hieß Binctte. Seitdem wetteiferte Alles in Staat und Kirche, in Antichambcrn und auf Kanzeln, auf Calhcdcrn und in Boudoirs, das Laupt mit der Wolken glorie zu umgeben, welche die ^eia nsto-s vom Pöbel unterschied, gleichwie auf historischen Gemälden der Hei ligenschein die heiligen Pcrsonagen von den profanen. Die anfangs in Gedanken einfache und einförmige Perücke zerschlug sich bald nach Ständen und Prälcnsioncn in Arten und Spiel arten, deren Aufzählung aber zu weit führen würde. Man kann behaupten, daß cS aus dem Zeiträume von den scchsziger und siebziger Jahren des siebzehnten Jahrhunderts, bis ziemlich tief in das folgende hinein, in keinen öffentlichen und Fami- liengalcrien und vor keinem Titelblalte eines Buches ein männ liches Portrait gibt, das nicht eine Perücke trüge; der Mann