Volltext Seite (XML)
26. Der Salon. Unter Verantwortlichkeit der Redaction der Eilpost. Druck von E. P. Melzer in Leipzig. 1839. Neuestes Bulletin der Moden. Poris, den 14 Juni IbnS. Die Hauptstadt der Civilisation, der Tanzkunst, und der Schönpflasterchen wird alle Tage mehr und mehr kosmopolitisch. Selbst die Mode sängt an, sich mit ungeheurem Eifer für das Ausland, nicht blos das europäische, sondern das asiatische und afrikanische Ausland zu intercssiren. Wir haben jetzt einen Shawl O siri s *), verschiedene, gewirkte, gestickte, tausendfar-- big schatlirte Mirza foulards und Eddinfoulards, ein Zeug Amalthea genannt, und endlich arabische Pan toffeln, die aber nichts weniger, als arabischen Ursprungs sind. Sic sind an der Seine zu Hause, und wenn der König nicht einige an Mchemed Ali's oder Abdelkadcr's Frau als Geschenk sendet, so kennt man in den arabischen Wüsten selbst diese schönen arabischen Pantoffeln nicht. Diese Pantoffeln, von Caur erfunden, sind aus weißem Cachemir, mit Gold und hochrother Seide gesteppt, und über dem Fuße durch drei kleine Lätzen geschloffen, die ein durch eine ganz kleine, gold- und hochrothfarbige Schnur gebildeter Knoten zusammenhält. Das oberste Lätzchen steigt hoch genug, um den untersten Theil des Beines zu umsangen, wodurch zwischen den Schnüren hinlänglicher Zw schenraum bleibt, damit die Troddeln sich nicht verwirren, sondern anmuthig auf den Fuß herabfallen. Eine kleine, hochrotye und goldfarbige, ge stickte Leiste besäumt diese Lätzen; das Innere dieser allerlieb sten Sommerpanloffeln ist mit weißem Moire gefüttert und ienischen Strohhütc benutzen das heiße Wetter, um eit zu machen. Sie haben jetzt schon einen bcdeu- Umfang, als bei der Eröffnung der Saison, e nicht am Ende, wie vor zwölf Jahren, sich bis >keit ausdehnen. . . . Man kann in unserer Politik, Literatur und Mode für nichts einstehen. Denkt Ihr noch an die beliebten Sammcrbänder? Wo sind .sie ! Emi- grirl, im traurigen Eryl in den äußersten Vorstädten, in den Läden der obskursten, bäuerlichsten Modistinnen, und aus den Köpfen der lieben Einfalt, welche die Bälle der Chau- miörc, der Elysäischen Felder besucht. Einige Leute wollen Roben aus Glasgewebe gesehen haben. DaS ist ein Jrrthum; wir erkundigten uns beim Hause D u- beS-Bonnel u. Compagnie, welchem die französische In dustrie dieses wunderbare Fabrikat verdankt, und man hat uns versichert, daß jene kostspieligen Gewebe bis jetzt nur zu Ta peten oder steifen faltenlosen Priestertrachten anwendbar seien. o> Altegyptische Mythologie. Einen solchen Shawl bekam Oßris zum Präsent von der Göttin Isis, als er ihr die geheimnißvolle Seherin von Pcevorft vorlaS. Mademoiselle Augustine hat neue, ganz coquette, Bour» nouß-Pudcrmäntel geschaffen. Sie gehen nicht weiter herab, als bis auf die Kniekehle und bilden gewissermaßen ein langes Camifol, und zwar ohne den Leib zu markircn. So trugen ihn die Scliöncn unter Ludwig X V. in den Stunden, wo Toi lette war, und zugleich Vertraute empfangen wurden. Der Bournouß - Pudcrmantel hat eine Capuze, wird meist gegen Abend bei der letzten Gartcnpromcnade getragen, und ist ge wöhnlich aus englischem Jaconas mit Stecknadelpöpfen, der Besatz von dem nämlichen Stoffe, als der Grund. Die Bänder, welche am meisten in der Made, sind die schottischen, grün und hochrother Farbe. Man sieht viele Shawls aus gelbem Seidenpoult, mit roia« farbencr Seide gefüttert. Auch eine Erfindung, die man dem anerkannten Genie der Madame L a llc m and (Rue de l'Echi« quier I^o. 34.) zu verdanken hat. Etwas sehr Anmuthiges ist ein Shawl von Indischem Mousseline, von dünnem Fedcrzeug umgeben und von Mechcl- nek Spitzen eingerahmt. Der quere Theil des Shawls wird zu einem Saume umgelegt, in dem ein blaues, oder rosenfarbe nes, drei Finger breites Band herumgeht. Schönheitsmittel. Daran ist Paris unerschöpflich. Die Sucht nach dem Schönen und Guten ist zu groß. Denkt nur an das Waschwasser von Gowland, die Crüme von Mccca, die Cröme de la Cydonia, den Circassi- schen Teig, das Rosen wasser und so viele andere Mit tel, die Alles im Stande sind, was die Natur nicht gibt, her vorzubringen, nämlich zarte Haut, rothc Wangen, junges Aus sehen, schönen Haarwuchs, prächtige Zähne, guten Appetit und reiche Anbeter. Wunder erzählt man von Addison's engli schem Pulver und Wasser. Der raffinirteste Egoist und der größte Zierbengel in Großbrittannien und Irland, Lord Brieg- lestone, soll sich auch geäußert haben: „Verdammter Doctor Addison! Hätte er mir allein das Rccept zu seinem Pulver und Wasser verkauft, ohne es jemals in's Ansland zu führen, dann hätte ich allein die schönsten Zähne in der Welt." Kleine Weltscbau Cambridge. Wir haben hier schon wieder einen Stu- dentencravall erlebt. Die Bürger unserer Stadt, welche im Gcgenthcil zu der Universität sehr lieberal sind, wie auch ihr Vertreter im Parlamente beweist, befanden sich dieser Tagx zahlreich im Theater, wo zwei Missionaire der Association ge gen die Korngesetze unter großem Beifall Borträge hielten. Plötzlich drängten sich gegen hundertundfunszig Studenten in die Logen unter dem Geschrei: „Hurrah, für die Korngesctze