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4 . Gberlaufltzsr Hel^iatzeltung Evangelische Görlitzer Kirchen -^Wbseits vom bunten Straßengewühl, dem Lärm der Gassen entrückt, erhebt sich wie ein stolzer Dom die Peterskirche. Maseftätqch' beherrscht ihr schöner hoher Bau das Stadt- bild. -In ihrem hohen, Hellen Raum§ empfinden mir so recht die ernste Weihe eines Gotteshauses. Dir werden uns demütig unserer Schwachheit und Vergänglichkeit bewußt. — Ich vergleiche die Peterskirche mit dem Alten Testament, dessen erstes Gebot lautet: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter hoben neben mir." — Und beim Anschauen all der leinen, dusligen Gotik umkliitgts mich wie die schönen, mufik- getragenen Psalmen — „Herr Gott, du bist unsre Zuflucht sür ündsür!" ' Aus lieblicher Anhöhe, berg- und feldumkränzt, steht die Kreuz- kirche, eine richtige Iesuskirche. Schon ihr Bau läßt uns an den Tempel von Jerusalem denken. Ihr Inneres ist so farbensall, so qoldigwarni, so schlicht vornehm, wie es der Heiland selbst ge wesen ist. — Die Krcpzkirche ist wie das Neue Testament: hci- landsbeseelt. Sie ist eigentlich' eine kirchengebante Bergpredigt, und oei ihrem Anblick ist mir die Stelle aus der Bergpredigt besonders riahc: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gotte» Kinder heißen!" — Am Markt, HIncingebaut in städtisches Treiben, steht die Drei- saltigdeitskirche. Ihr ganzer Bau ist ein Milleben mit der Stadt Görlitz, denn alte und neue Zeit hallen sich in ihr eng umschloßen. Wer dächte wohl nicht, wenn er den „Mönch" seine Stunden schlagen hört, an den vereitelten Verrat? Wem mall die Phantasie nicht alle, schöne Bilder von mittelalterlichen, katholischen Gotler- diensten, von ernsten Mönchen und relchgekleiditen Akten, wenn für dl« diesem Werke des Vereins entgegengebrachte Teil nahm? und endete mit einem Königshoch. Bon der Höhe des Turmes ließ die Musik „Dies ist der Tag des Herrn" erschallen, woraus Dlakonus Schulze in Pulsnitz eine län- gere Weiherede hielt, die allseitigen Beifall sand, so daß sie später sogar in Druck gegeben wurde. Nach der Rede sguben die vereinigten Gesangvereine unter den Klängen der Musik das Lied „Wir treten zum Beten vor Golt den Gerechten." Der Vorsteher des Kamenzer Gebirgsvereins, Fabrikant Hermann Müller, nahm hierauf das Wort und beglück- wünschte den noch so jungen Pulsnitzer Brudcrverein zu seiner anerkennenswerten, in so kurzer Zeit vollbrachten Leistung der Erbauung dieser schönen Bcrgwarte. Nachdem noch Stadtrat,Borchardt im Namen der Stadt Pulsnitz einen Glückwunsch übermittelt hatte, wurde der Turm der allgemeinen Benutzung übergeben. Am Abende fand eine -festliche Beleuchtung desselben statt, welche vom Kamenzer Hütberge erwidert wurde. Erwähnt sei schließlich noch: daß sich neben dem Turme eine kleine Gastwirtschaft befindet: auch eine geräumige Veranda ist vorhanden. Auf dem Berggipfel befindet sich außerdem ein ansprechendes Landhäuschen des verstorbenen Fabrikbesitzers Raupach, einem hochherzigen Gönner des Pulsnitzer Vereins. Am schnellsten und bequemsten ist der Schwedenstein vom Bahnhof Pulsnitz aus zu erreichen und zwar in 40 bis 45«Minuten. Eine mehrstündige Wanderung erfordert der Weg von Bischofswerda über Rammenau, Röderhäuser und Forsthaus Luchsenburg. Noch weiter, aber sehr empfehlens wert, ist die Wanderstrecke Bahnhof Demitz oder Bischofs- wcrda—Butterberg—Heiterer Blick—Hoch- oder Sibyllen- stein—Luchsenburg—Schwedenstein. Die ebenso liebliche wie umfassende Rundschau von der -Zinne des Schwedensteinturmes wird keinen Besucher un befriedigt von dannen ziehen lassen. O. Schöne. er in dem schönen Längsschifs der Kirche sitzt? — Erleuchtet die Morgensonne die einzigartige Schönheit des Altarraumer, so Ist dies wie eine stille Heiligung. — Die Dreifaltigkeitskirche ertn- nert mich an den Katechismus, Altes wird liebend, verstehend von neuem umfaßt. Die Haupistücke liegen so klar vor uns und besonders die Stellen daraus: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer Himmels und der Erden. — Ich glaube an Iesuin Christum, geboren von der Jungfrau Maria.— ^sch glaube an den heilige» Geist, eine heilige, christliche Kirche." Froh und ernst, den Alten wie den Jungen gleich nahe, steht die Lutherkirche aus ihrem Platz. Biel liebliche Schönheit ist an ihr, in ihr, um sie her. Sie ist kein schwerer, wuchtiger Luther- bau„ keine reinen Slilsormen kommen zum Ausdruck — sie ist /- ein Kind froher, sorgloser Werdezeit Deutschlands. — Mir ist. die/ Lutherkircke wie unser evangelisches Gesangbuch, voll gottsrökft sicher Paul Gerhard-Lieder, voll inniger, schöner Weisen. Eiste reiche Choralmelodienschar ist in ihr beschloßen. Und wenn das Abendrot ihre warmen Farben noch vertieft, dann singt mein Herz: „Sollt ich meinem Gott nicht singen!" An der Frauenkirche vorüber flutet das städtische Gewogt und sie behält ihre ernste, schlichteWürde. Sie ist ein liebes,trau- tes Spruchbuch, ein Andachtsbu.ch, das man ausschlägt, um di« Tageslosung daraus zu lesen. Es fehlt kein frommer, lieber Spruch darin. Da ist Ernst und Poesie, reiche Portalworte und lieblicher, grüner Kirchhosssrieden. Und oben auf dem Dach das Reiterlein, das ist ein fröhlicher Gotteskindgedanke in den blauen Himmel hinein. — Ja, ihr lieben Görlitzer, schaut nur oftim Bor- übergehen zu eurer Frauenkirche, es steht-immer ein Spruch da. der euch hilft und tröstet. Ob In der Hast das Alftag», ob im stillen Glanz-dcs Sonntags, man findet die Tageslosung, wenn man sie sucht. Und den einen Spruch, den sollten wir.alle, lesen, und er sollte deutscher Herzen Wahlspruch sein: „Sei bis In den Tod." Marü- Reich arsten. Auf Gerhart Hauptmanns Spuren oder Wie inan's nicht machen soll! HtMm Mai des Jahres 1923 erschien in sächsischen Tageszei- tungen (Dresdner Anzeigers Sächsischer Erzähler) und fMA auch als Sonderdruck im Verlag des Sächsischen Erzäh. "" lers'(Bischofswerda) ein Bericht über den Besuch der Doppel-Prima einer höheren Lehranstalt unter Führung ihrer Lehrer bei Gerhart Hauptmann mit dem Titel: „Bei l)r. k c. Gerhart Hauptmann in Agnetendors. Tin Stimmungsbild von Dr. N. N. — Einige Stellen seien hier wörtlich zitiert: „... mitten aus der Blütenpracht grüßt uns von der Kuppe des grünen Hügels an des Gebirgsdörfleins oberem'.Ende das stattliche Landhaus Wiesenstein mit seinen roten Zinnen und schmucken Türmen. Agnetcndorfs Zierde und Krone isl's. Or. k. c. Gerhart Hauptmann wohnt hier, Deutschlands größter Dramatiker seit Goethes Tagen.... Unverfälschte Natur ist.. . der Park um „Wiesenstein". Kein Zaun, keine Einfriedigung schließt ihn ob. Verschlungene Wege sühren von der Dorsslraße hinein: Nadelwald,' Laubgehölz, Blutenpflanzen, Waldmeister, Farrenkräutcr, Beerensträucher, Moos, Heidelbeeren. Ein Bächlein plätschert dazwischen. Blaß blaue Vergißmeinnicht umsäumen den kleinen Teich. Mitten darin eine Insel. Goldfische spielen in der Maiensonne. Und' die Finken schlagen im Gebüsch dazu.' Nahe der Freitreppe ... nehmen wir ... Ausstellung. Uber Z0 sind wir. Lin stimmenslarker, jugendsrischer Chor! Und heute sind die beiden Primen besonders sangessrendig.' Ihr Bestes wollen sie Gerhart Hauptmann geben. Begeistert singen sie das immerschöne Maienlsed „Drauß ist alles so prächtig" ... Da kommt Gerhart Hauptmann während der ersten Strophe den Parkweg herab. Unbedeckt das markante Haupt mit der hohen, kühnen Stirn. Silbergrau dar Haar, silbergrau verlange Gehrock, silbergrau die Weste mit dem eigenartigen kleinen Aur-