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220 Gberlausitzer Heimatzeitung Nr. IS Wanderung der Zittauer Volkshochschule ins Isergebirge (Fllhrung: Dr. C. Hein Ke und M. tzerklotz) Dr. He in Ke-Zittau er 28. und 29. Juni: zwei glückliche Tage! Aus dem Lärm unserer Stadt führten sie uns zu den blauen Beigzügen, die alltäglich lockend aus dem Osten herübrrwinkeu, in dir Stille und Einsamkeit de« Isergebirges. Die Reichenauer Bahn trug an jenem Sonnabend «ine wandersrohe und wetterfeste Schar davon. Nach gestrenger amtlicher Prüfung de« Rucksack- und Biieftascheoinhalt« ging« weiter ins Böhmerlond: von Hermrdorf und der Kipper zur Wittig hinüber, Über Dittersbach nach Friedland. Das Städt chen, ein wenig verträumt, mit formenreichen alten Giebeln, spricht zu unseren Herzen. Und das Schloß, dessen ältester Teil jäh aus dem Felsen, den lies unten die Wittig umspült, heraus wächst, steht uns in seinen Höfen. Wenn auch, wie man sagt, Wallenstein es selten oder nie betreten hat, so bildet der stolze Name eben doch für uns ein« Gemeinsamkeit der Heldengestalt mit dem schönen Bau, der noch einmal trotzig zur Bahn her- übergrüßt, die uns die Wittig ein Stück aufwärts bi» Raspenau bringt. Nun endlich, um die Mittagszeit, kommen Wanderlust und Tatendrang zu ihrem Recht. In den böhmischen Bahnen ist sie nur noch schwer zu zähmen gewesen, denn man mußte sich fast eiubildeu, mit den kleinen Ruß speienden Ungeheuern von Lokomotiven Schritt halte» zu können. Wittigaufwärts geht« auch noch zu Fuß. Immer stattlicher wachsen vor uns die dunklen Waldberge aus und losten die Hellen Häuser der langgedehnteo Ortschaften Raspenau, Milden- eichen, Haiodorf besonders sreundlich erscheinen, tzaindors mit seinen hübschen Kirchtürmen ist ein echte, Wallfahrtsort mit .Lauben" zu beiden Seiten des Kirchplatzes. Sicher bieten sie ein unendlich farbige« Bild, wenn den Wallfahrern dort die verschiedensten Dinge, zum Heil der Seele und des Leibes, seilgeboteu werden. Auch die Franzirkanerkirche selbst zeigt eine reich« Buntheit mit ihren Fresken, Altären und dem in prächtigen Lichtreflexen spielenden Luster böhmischer Arbeit. Doch während wir den süßen Wrihrauchduft atmeten, bat sich das Bild de» Außenwelt bedrohlich verändert und ist, gleich einem Filmbild, in rascher Wandlung begriffen. Denn die kurze Zeit, die wir brauchen, um in scharfem Marsch Weißbach zu erreichen, genügt, um die im Hintergrund lauernde schwarze Wolkenwand mit einer derartigen Gewalt und Ge schwindigkeit über die Berge herein zu werfen, daß für Minuten alles hinter uns in Nacht oersunkeu ist, selbst die nahen Hain- dorser Türme. Nur vor uns noch ein Heller Blick, — der nun aber auch verhüllt wird, wodurch hinter uns da« schwarze Lhao«, scheinbar in die Breite gezogen, wie ein sehr düsterer grauer Schleier wieder die Umriffe der Landschaft erkennen läßt, ja sogar als Abschluß ein unheilvoller gelber Himmelsstreif er- scheint. Worte sind schwerfällig daherstolpernde Holzknechte solch erhabenem Naturerlrbnis gegenüber. Sturm, wirbelnd« Staubwolken und Riesevtropfeu veranlassen un«, eiligst einen geeigneten Unterschlupf aufzusuchen, wo dann bei böhmisch Bier über di« Auspizien der Fortführung unserer Expedition philo- sophiert wird. Lin fernes Gewitter läßt das elektrische Licht unruhig dazu zucken, bi« es durch einen Schlag in die Leitung ganz wegbleibt. Inzwischen hat der viel angerufene himmlische Wetterapostel ein Einsehen, uns wieder sein Licht, wenn auch sehr getrübt, zu, Verfügung zu stellen. Und nun geht e» wirklich in die Berge. Hegebach, du wilder Gesell, hast es uns angetan! Neben, unter un« schäumst du über gewaltig« Grauitblöcke herab, zwängst dich durch schmale Sekklüfte hindurch, bist immer frohlockend und Sieger. Hinab, hinab stürzt da« Waffe». Vie Unwetter der oergangeoeu Tage haben ihre stürzenden Waffe, über unfern Weg geschickt und meterties ihn zerrissen, so daß es oft nur schmale Passagen gibt, Sprünge von Stein zu Stein. Der Himmel hängt lies, sodaß er uns immer näher rückt. Unter unfern Füßen liegen schöne Stück« de« groben Isrrgrautt, reiogewascheu und in den kräf- tigeren Farben alles Seuchten, daß man die großen, Hellen und rosenroten Feldspatkristalle schimmern steht. Am Wegerraud Rippenfarn, der di« zartgrünen, zierlich gerollten Blättchen in mitten der saftgrünen Blattrosetten erstehen läßt: und lieblich zart aus schwanken hohen Stengeln die Blütrusterve de» eisen- hutblättrigeu Hahnenfuß. Bei dem letzten steilen, nur noch durch niedriges Gehölz führende» Anstieg sind wir wirklich in grauweißen Wolkendust «iugehüllt. Dafür haben wir aber auch H22 Meter erreicht und sind aus einem de» stattlichsten Rücken des hohen Iserkamms, der Tafelfichte. Die einfach« Holzbaude empfängt uns mit behaglicher Wärme, Kafferduft und Zitherklaug, die uns Ersatz bieten müsse» für jegliche Außenficht. Wie tröstlich schön, aus dieser eroberten Höhe nicht schon wieder hinabzumüffeu. Nur wenig senkt sich der Weg an der neuen, außerordentlich geschickt entworfenen Heusuderbaude vornüber zu» Iserbaude, durch herrlichen Wald, über blumige, von Wiesenknöterich rosig schimmernde Bergwieseu. Alle« tropft ring« noch vou Feuchtigkeit, aber die Vorhänge werden lichter und licht«, und durch zarten Dust sehen wir di« soon- beschieueueu Häuser und Selber de« reizenden Slto«berg zu unser» Süßen, die nächsten Berg« entschleiern schon ihre Häupter, und über ein kleiner, so wandern wir selber in Sonn« weiter. Unter der au,gezeichneten Führung eines unserer Teilnehmer, der mit den Reizen des Isergebirges seit Jahren wohlvertraut ist, wurden wir nun mit dem verschwiegensten, eigenartigsten Schatz der Gegend bekannt gemacht: dem Isrrmoor. Irr größter Weltabgrschiedenheit zieht sich die Iser in diesem Teil ihre« Obrrlaus« mitten dnrch dunklen Hochwald, ein breite«, merkwürdiges, streckenweise schwer- oder unzugängliches Hochmoor bildend: Sandige oder moorige Inseln und Land- zuogen, nur vou Moosen und niederem Gestrüpp bewachsen. Am Rande findet man Bruoneolebermoos, die weißlich grünen Blättchen und zierlichen Hellen Glöckchen der Truukelsbeere, und allerorts dazwischen verstreut, wie düstere geduckte Ge- statten, in die Breite wachsende« Wacholdrrgesträuch. Liu« unendliche Verwuuschenheit und lockend« Schwermut liegt übe, dem Ganzen, besonder, bei hereinbrecheodrr Dämmerung, die uns überholte. Da war es kein unerfreulicher Anblick, als sich der Wald austat, aus kugelige Matten verstreut, die kleinen, traulichen Holzhäuser von Groß-Iser liegen zu sehen. Und bald hatten wir, in kleinen Trupps, noch einmal Leben in di« schlasbereit« Gesellschaft gebracht. Lichte» blitzten aus. Und in den geräumigen warmen Bauernstuben sich seine» nassen Stiesel zu entledigen, heiße Milch und Brot mit frischer Butter zur Abendmahlzeit zu verzehren, sich auf dem Heuboden in einem strohknisternden Bett aurzustrrckrv, Kuhglocken und da« Schnauben durch die großen Balken herausdringen zu hören — das war ein friedlich schöner, ueroeuberuhigeude« Tagesbeschiuß. Zu den gewichtigen Herrlichkeiten, di« sich nun schon in unseren Händen befanden — Isergrauit, schöne Milchquarz stücke, große Glimmerkristalle, strahltge Turmeline — gesellten sich anderntags, da wir durch flechteobehangenen Wold unsere Straße in der Frühe weiter gezogen waren, in Klein-Iser hübsche schwarze Steinchen von Titaueiseu mit glänzenden Bruchflächen, sogenannte Iserive. Di« Iser, di« hi«r d«u 999 Meter hohen Buchberg, den höchsten Basattkegel unserer Mittelgebirge, umfließt, führt sie in ihrem Sand« mit sich. Klrin-Is«, «in« Handvoll Häuser wie ein Spielzeug au dem grünen User der Iser ausgestellt, rings von Wald umfriedet, war früher Industrieort, wie noch die allerorts eine» narrenden bunten Glasflußstück« und die in Verfall geraten« Slaihütt« »zählen. Bei Groß-Iser, das so hock liegt, daß nicht einmal Kartoffel bau möglich ist, weil die Pflanzen bei Versuchen jrdermal in den kalten Aogostnächten erfroren find, haben wir den Hohen