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Schließlich ist noch einmal auf die erschlossene Hocklage des Bautzener ,Reiter kriegers* auf dem Scheiterhaufen zurückzukommen, die — in Bestattungen der Hallstattzeit ungebräuchlich — wohl von besonderer „Furcht vor dem Toten“ bestimmt gewesen ist (Pauli 1975, S. 174 f., Beispiele S. 86). Auch der durchgängige Sekundärbrand der Grabkeramik am Leichenfeuer erscheint unter solchen Gesichts punkten unter neuem Licht, und am Ende sind das Bronzedrahtringel und die an einem Band aufgehängten drei Eisenringlein, für die wir oben andere — .praktische* — Deutungen erwogen haben, dem Toten als Amulette, magische ,Bannmittel* zum Schutze der Lebenden, mitgegeben worden (ebenda, S. 116 f., 125). So viele Indizien machen seine Sonderbestattung als „Gefährlicher Toter“ wahrscheinlich. L. Pauli (1975, S. 154 ff., 163 ff., 181; 1978, S. 45 ff.) hat den dafür in Betracht kommenden Personenkreis umrissen, aus dem wir nur die im Hinblick auf unseren Fall Interessierenden zitieren wollen. „Der Aspekt der Gefährlichen Toten tritt... zutage bei den gewaltsam Gestorbenen: gefallenen Kriegern, ... Verunglück ten ... und an ansteckender Krankheit Verstorbenen ... Ebenso zählen Menschen dazu, die schon in ihrem Leben eine Sonderstellung eingenommen hatten: Schama nen und Medizinmänner ... sowie in der Fremde Verstorbene“ (ders. 1978, S. 45). Die gravierenden körperlichen Gebrechen und das gewiß ungewöhnliche Ende unseres ,Reiterkriegers*, dem offensichtlich zu Lebzeiten eine exponierte Position in der Gesellschaft zugekommen ist, haben ihn im Tode in eine solche Rolle geradezu gedrängt. 72 Kulturgeschichtliche Folgerungen Nach herkömmlicher Meinung ist „das Aufkommen der Holzkammergräber in der Lausitzer Kultur ... im Zusammenhang mit ihrem gleichzeitigen Auftreten in den südlichen Hallstattkulturen zu sehen“ (Buck 1975, S. 141; ähnlich 1979, S. 80). Ihre Verbreitung (ders. 1979, Abb. 66) legt im Kontext der damit verknüpften kulturellen Erscheinungen in der Tat nahe, diese Grabsitte „auf die Einflüsse der Osthallstatt kultur zurückzuführen, welche über Mähren und die Mährische Pforte nach Schlesien vorgedrungen waren“ (Gedl 1991, S. 117, 119, 120). Bilden Viereckgräber dort während der Hallstattzeit ein Novum, besitzen sie in Brandenburg und Sachsen hingegen eine weit in die Jüngstbronzezeit zurückgehende Tradition, ja Vorläufer reichen, wenn man so will, in Form von Steinkisten mit Holzeinbauten bis in die Jungbronzezeit und noch weiter zurück (Buck 1979, S. 86; Bönisch 1990, S. 80f.). 73 „Die Lausitzer Holzkammergräber sind damit — und das haben die Ausgrabungen in Saalhausen und Neuendorf eindeutig bewiesen — älter als die Holzkammergräber der 72 Vgl. auch die bevorzugte Opferung derart auffälliger Menschen; z. B. Pauli/Glowatzki 1979, S. 147f.; für das Umfeld der Billendorfer Kultur zuletzt Griesa 1989, S. 254ff.; zu isolierten Menschenknochen in einigen Billendorfer Befestigungen vgl. D.-W. Buck (1979, S. 103, 105), der ihr Auftreten üblicherweise „auf Menschenopfer und kultische Anthropo phagie“ zurückführt. 73 Diese Grabbauten lassen sich freilich nur allgemein vergleichen, wie etwa auch frühbronze zeitliche oder neolithische Rechteckgräber.