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jedenfalls verbrannte Grabkammern und Totenhäuser (z. B. Bach 1963, S. 134 ff.; Wilhelm/Gerlach/Simon 1990, S. 25f.). Bei der gründlichen Durchsicht des Leichenbrandes wurden auf einem kleinen Schaftbruchstück des rechten Humerus unterhalb seines Kopfes Schnittspuren entdeckt, deren antikes Alter nach der gleichmäßigen Färbung sowie nach einer Verwerfung an der Stelle eines feinen Brandrisses außer Frage steht (Abb. 26,7—9). Die Verletzungen sind durch ein schneidendes Werkzeug hervorgerufen und haben, wie ihre scharfkantigen Ränder zeigen, keine deutlichen Gewebereaktionen nach sich gezogen. Freilich mögen sich Heilungsprozesse erheblich verzögern, so daß über den genauen Zeitpunkt des Eingriffs nur spekuliert werden kann. Leider läßt sich also nicht sagen, ob der Lebende die Verletzungen erlitten hat oder ob sie auf Manipulationen an der Leiche zurückgehen (vgl. Herrmann et al. 1990, S. 126, 128). Denkbar wäre beides, jedoch ist letzteres wahrscheinlicher. Nach L. Pauli (1975, S. 176) muß vorausgesetzt werden — und das gilt für hochgestellte Personen ohnehin —, „daß der Tote lange genug aufgebahrt wurde, bis er so weit verwest war, daß man einzelne Gliedmaßen aus dem Verband entfernen konnte“. Weiterführende Hinweise geben Ort und Richtung der Schnittmarken. Die ein Stück unterhalb des Gelenkkopfes auf der Innenseite schräg nach unten zur Crista tuberculi minoris verlaufende Rinne findet jenseits des tiefen Sulcus ihre Fortsetzung in drei dicht beieinander parallel von der Cr. t. majoris auf die Außenfläche zielenden Kerben. Die Spuren können eigentlich nur auf eine Skelettierung oder versuchte Amputation zurückgeführt werden. 71 Der asymmetrische Querschnitt der Marken spricht dafür, daß am abgewinkelten Arm in Höhe der Achselhöhle von distal wiederholt zirkuläre Schnitte geführt worden sind, welche die Ansatzstellen einiger Muskeln des Schultergelenks bis auf den Knochen durchtrennt haben — ob intra vitam oder post mortem, steht freilich nach wie vor dahin. Fehlende oder verlagerte Skeletteile mögen oft genug auf nachträgliche Störungen (Grabraub, Tierbauten u. a.) oder mangelhafte Beobachtungen zurück zuführen sein (Pauli 1975, S. 144f.). Demgegenüber setzten Teilverbrennungen zeitgenössische Manipulationen an der Leiche voraus. Meist ist der Kopf betroffen, gefolgt von Beinen/Füßen und Armen/Händen (Belege ebenda, S. 149 f). Als Beispiel einer Sonderbehandlung der Arme sei an eigenartige Befunde in einigen nordostbayerischen Hallstattgräbern erinnert, die allerdings schlecht überliefert sind und natürlich in keiner Weise direkt auf unseren Fall übertragen werden können. Bei einem armlosen Skelett von Beilngries fand sich über dem Kopf eine Schüssel voller kalzinierter Knochen, so daß die Möglichkeit einer „Armverbrennung“ nicht von der Hand zu weisen ist. Ein anderer Leichenbrand von dort, in dem ein unverbrannter Armknochen lag, spiegelt denselben Vorgang „vielleicht umgekehrt von anderen Körperpositionen aus“ (Torbrügge 1979, S. 50). 71 Kaum zufällig sitzen die Schnittspuren am Collum chirurgicum, wo der geringen Wandungsstärke wegen auch bevorzugt Oberarmbrüche auftreten.