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zumal schon in der Jüngstbronzezeit die Ost-West-Richtung vorgeherrscht zu haben scheint (Bönisch/Wetzel 1982, S. 55). 9 Auf unserem Friedhof ist jene indes ebenso häufig wie diese belegt. 10 Außerdem besitzt erstere gleichfalls bis in die Bronzezeit zurückreichende örtliche Traditionen (z. B. Bönisch 1990, S. 81), und Abweichungen sind auch anderenorts bezeugt (z. B. Peschel 1990, S. 30). Wie in weiteren Bautzener Kammergräbern (Oberhofer 1960, S. 82) wurden in unserem die sterblichen Überreste einer einzigen Person beigesetzt, wenngleich Leichenbrand samt dem Feuer ausgesetzten Beigaben in zwei zerscherbten „Urnen“ (Nr. 1 und 11) gefunden worden ist. Diese dürften einst — auch nach ihrer Mündungsweite — mit den beiden nicht mehr lokalisierbaren Schalen (Nr. 60 — 61) verschlossen gewesen sein (vgl. Buck 1979, S. 99; Peschel 1990, S. 29). Freilich kann von zwei Urnen nur bedingt die Rede sein. Abgesehen davon, daß der eine Topf trotz seiner Größe außer Branderde nur 25 g fast ausschließlich winziger Knochensplitter (Nr. 12) und einige Bronzereste enthielt (anscheinend Scheiterhaufenrückstände), wird der andere mit der Masse des Leichenbrandes schon durch das nachträglich in den Boden eingearbeitete „Seelenloch“ (Buck 1979, S. 99, 103; Bönisch 1990, S. 80) als die eigentliche Urne ausgewiesen. Die anthropologische Analyse (s. S. 139), aber auch zusammengehörige Nadelfragmente (Nr. 14) lassen im übrigen keine Zweifel daran, daß es um ein und denselben Toten geht. Bis jetzt gab es zwar „in der Billendorfer Kultur keine Belege dafür ..., daß man den Leichenbrand eines Individuums auf mehrere Gefäße verteilt hätte (Peschel 1990, S. 29), doch mag das in erster Linie dem Mangel an anthropologischen Untersuchungen geschuldet sein (vgl. Torbrügge 1979, S. 47; Bönisch 1990, S. 81). Angesichts unseres Befundes bleibt zu fragen, ob die häufigen „Mehrfachbestattungen“, die für die Billendorfer Kammergräber als typisch gelten (Buck 1975, S. 140; 1979, S. 101 f; Peschel 1990, S. 29 f., 31), tatsächlich immer auf die „gleichzeitige Verbrennung mehrerer Verstorbe ner“ oder doch deren „gleichzeitige Beisetzung“ zurückgehen (D.-W. Buck; kursiv Verf.). „Familiengrüfte“ oder ein „Totenhaus“ (Görlitz) mit mehreren Nachbestat tungen, die sich ggf. auch feinchronologisch „über einen längeren Zeitraum“ verfolgen lassen (Peschel 1990, S. 30; vgl. auch 1988, S. 56ff.), in einem Falle nach D.-W. Buck (1982, S. 63) „insgesamt etwa ein Jahrhundert“, bildeten ohnehin auch in der Billendorfer Kultur die Ausnahme (Buck 1979, S. 84, 97). 11 Dennoch waren die Kammergräber, nach Scherbenstreuungen und Gefäßnieder lagen zu urteilen, bevorzugte Orte des Gedenkens und der Verehrung, und auch der abseits des rekonstruierten Grabgevierts gefundene „Pokal“ mag auf seinen rituellen 9 Diese Ausrichtung folgt zugleich der Regel im östlichen Hallstattbereich; vgl. Kossack 1970, S. 148. 10 Vgl. Herbach 1938, bes. S. 21: W-O 9mal, SW-NO 8mal, SO-NW 2mal, S-N Imai. Die widersprüchlichen Angaben bei Oberhofer 1960, S. 82, und Buck 1979, S. 86, sind dementsprechend zu korrigieren. 11 In Anbetracht der „hallstattzeitlich vorherrschenden Idee des Einzelgrabes“ ist wohl nicht nur im Süden „selbst bei verschiedenen Todesdaten immer nur gemeinsame Beisetzung wahrscheinlich“ (Torbrügge 1979, S. 46).