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177 wo sie wohnten, eröffnet habe. Aus diese weise wäre nun wenigstens immer was zu fressen im Lause. Die Rinder nützten die Gelegenheit auch aus. Den jüngsten Balg, den kleinen dicken Jungen, der erst zwei Jahre alt wäre, kriegte er über haupt nicht mehr anders als mit einem Stück Wurst in der Land zu sehen. Belustigt lachte er. Und sein Sohn lachte und sie tranken ihr Bier aus und ließen sich frisches kommen. Henkel betrachtete mit Wohlgefallen den jungen Himmel mann, der vielleicht sH Jahre alt sein mochte. Er hatte ein volles hübsches Gesicht und zarte Farben wie ein Mädchen. „Ls ist doch auffallend," lachte Henkel, „daß die meisten Fleischerkinder gesund und hübsch sind." Dieser Einfall schien ihm beachtenswerter als vielleicht irgend einem anderen, weil er früher eine zeitlang vegetarisch gelebt hatte. Die Gesundheit der Fleischerkinder erschien ihm nun als eine Widerlegung des Vegetarismus. Henkel kannte die Geschichte des jungen Himmelmann, der trotz seines unschuldigen, mädchenhaften Aussehens häßliche Dinge durchgemacht hatte, vor anderthalb Jahren war er von seinem Vater, dem er im Geschäft als Schreiber half, aus dem Hause gejagt worden. Der Vater hatte sich maßlos darüber aufgeregt, daß der Junge in einer Prozeßsache etwas ver bummelt hatte. Der junge Himmelmann war darauf auf die Walze gegangen, das heißt: er hatte sich als Landstreicher wandernd und bettelnd in Gesellschaft von anderen Handwerks burschen über ein Jahr lang im Deutschen Reiche umher getrieben. i Jetzt hatte ihn sein Vater wieder zu sich ge nommen. Immer mehr füllte sich das Lokal. Henkel dachte an die erste Versammlung, der er in Dortmund beigewohnt hatte. Damals sah er nur fremde, ihm gleichgiltige Gesichter. Jetzt war das anders geworden. Er war mit den meisten dieser Leute bekannt und wußte um ihre persönlichen Verhältnisse. Himmelmann schrie schon wieder höchst fidel auf. Sein Zuruf galt einem alten, unappetitlich aussehenden Arbeiter Gärung. ) 2