— 19 — Reichstagsabgeordneten Rosenhagen auf der Friedrichstraße getroffen hatte. Anna Kuhlemann wurde gebeten, an dem Tische der Herren Platz zu nehmen, da ihr Tisch für drei Personen zu klein war und die Herren erklärten, noch Gesell schaft zu erwarten. Henkel sagte in scherzendem Tone: „wir erwarten noch unsere Frauen." „Sie sind also verheiratet?" Henkel machte ein etwas verlegenes Gesicht. „Mein Freund, Dr. Lassen, wird morgen auf dem Standes amts in den heiligen Stand der The treten. Meine Fanny und ich sind noch nicht so weit." Ah, Sie sind erst verlobt?" „Das kann man auch nicht sagen, wir werden uns nie heiraten, wir sind nur gute Kameraden." „Ich verstehe schon. Lin platonisches Verhältnis." Dr. Lassen schnitt eine fürchterliche Fratze und platzte Herans: „Jawohl, ein platonisches Verhältnis mit einem Kinde." Henkel schien von der Offenheit seines Freundes nicht ganz angenehm berührt zu sein. In Gegenwart der plötzlich hereingeschneiten Dortmunder Genossin durfte man sich nicht fo gehen lassen. Deshalb hielt er es für angebracht, eine Aufklärung zu geben. „Als Sozialdemokratin denken Sie wohl über die Lhe etwas freier als unsere Bürgersfrauen." Anna Kuhlemann lächelte: „Gewiß. Ich lasse jeden nach seiner Fasson selig werden." „Fanny und ich lebten in Dresden in einer Gewissens ehe. Jetzt trennen wir uns, weil keiner von uns an Heirat gedacht hat." „Teure Sache, Kurt", warf Dr. Lassen ein. „vom moralischen Standpunkte aus", bemerkte Anna Kuhlemann, „verurteile ich derartige freie Lhen nicht, aber Die Frauen schneiden dabei schlecht ab. Sie tragen das Risiko." „wieso?"