Frau Rühlemann sah dem jungen Abgeordneten etwas errötend, aber fesch und unternehmungslustig ins Gesicht. „Na, das freut mich, Sie zu treffen, was machen Sie denn hier?" „Ich bin jeden Herbst und jedes Frühjahr vor der Saison in Berlin, um die neuesten Moden und Modelle zu studieren. Ich schneidere doch in Dortmund." „Ist Ihr Mann auch hier?" „Nee, den kann ich hier nicht brauchen." „So, so. Ich hatte heute hier Fraktionssitzung und will jetzt gerade mit der Bahn nach Hause fahren. Solange mein neuer Kollege seinen Dienst nicht angetreten hat, darf ich von der Redaktion ja eigentlich gar nicht fort. Ich habe mich gewissermaßen nur auf einen Tag von der Redaktion fort gestohlen." „Ich könnte auch schon nach Dortmund zurückfahren. Meine Arbeit habe ich hier getan." „Nun, so kommen Sie doch mit. Ich werde mich über die schöne Reisegesellschaft freuen." „Nein, nein, ich fahre grundsätzlich nicht nachts, wozu soll ich mich so abhetzen? was denken Sie, wie müde ich bin? von Wertheim bin ich heute zu Tietz gerast und von Tietz zu Israel, Mannheimer, Rudolf Herzog und wie sie alle heißen mögen. Ueberall habe ich mir Skizzen und Notizen gemacht. Ich bin totmüde und gehe nachher gleich ins Bett." „Sie könnten doch auch in Dortmund ausschlafen?" „Haben Sie eine Ahnung! Zu Hause geht bei mir das Saisongeschäft los. Zu Hause ist an Ruhe nicht zu denken. Da heißt es manche Nacht durcharbeiten." Rosenhagen lächelte: „wenn ich Ihr Mann wäre, würde ich eifersüchtig werden, vermag er denn ruhig zu schlafen, wenn er sie allein in Berlin weiß?" „Aber Herr Rosenhagen. Erstlich hat mein Mann keine Ursache eifersüchtig zu sein. Und hätte er Ursache, so würde