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176 sich sehr quälen. Gft saß er schon morgens früh 4 Uhr bei den Akten und blätterte und las stundenlang in seinen juristischen Handbüchern, um sich zu orientieren. Die geistige Ueberanstrengung und die fortgesetzten Nah- rungssorgen hatten ihn nervös und heftig gemacht. Mißmutig und kopfhängerisch war er aber nicht geworden. In den sozial demokratischen Wirtschaften, wo er gern, wenn er der Wach samkeit seiner Frau entschlüpfte, ein Glas über den Durst trank, war er der lustigste von allen. Hatte er sich betrunken, so litt er am Schutzmannskoller. Er fing dann mit allen ihm der (Irrere kommenden Schutzleuten Streit an. Gegen die des wegen verhängten polizeistrafen legte er Berufung und Be schwerde ein. Fast immer schwebte irgend etwas der Art. Jahrelang pflegte sich oft die bureaukratische Erledigung dieser Hecheleien hinzuziehen. Himmelmann war als Diskussions redner ein sehr unangenehmer Gegner. Henkel hatte, sobald er das bemerkte, sofort als schlauer Diplomat mit ihm Freund schaft geschlossen und duzte sich sogar mit ihm. Raum bemerkte Himmelmann Henkel in der Nähe des glühenden Eisenofens vor einer Tasse Raffee sitzen, so schrie- er vor Vergnügen auf: „Sieh da, Genosse Henkell wie geht's?" Er setzte sich gleich mit seinem Sohn zu dem Redakteur, vorher schüttelte er ihm treuherzig die Hand. Er hatte Henkel viel zu erzählen. Auf Umwegen hatte er erfahren, daß der Kommissar der Dortmunder politischen Polizei in einem an das Gericht erstatteten Gutachten, ihn als Geschäftssozialisten bezeichnet hätte. Das wollte er imn auf keinen Fall auf sich sitzen lassen. Henkel sollte im Blatte dem Kommissar den Stand punkt klar machen. Henkel versprach das und hörte geduldig den endlosen, sprachlich unbeholfenen Ausführungen seines Freundes zu. Himmelmann erzählte weiter, daß seine Frau unter ihrem Namen — denn ihm würden die Gläubiger alles wegpfänden — ein kleines Kolonialgeschäst im Erdgeschoß des Hauses,