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Mit brsonäerer BerürksiMignng öer AntliropoloZie unü Gtdnolügie. Begründet von Karl Andree. In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von Di. Richard Kiepert. Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 6 7 ^"Ullsa-Wblg zum Preise von 12 Mark vro Band zu beziehen. O CH. Ari artens Wanderungen in Dalmatien. in. Ragusa. Für den Maler und Costümkundigen ist einer der an ziehendsten Plätze in ganz Ragusa der Gemüsemarkt, wo die Frauen aus den Gemeinden Canali und Breno in ihrer Tracht eine Art Coguctterie entfalten: ihre Leibwäsche ist blendend weiß; die feinen weißen Unterröcke sind auf das Zierlichste gestickt und in tausend Fältchen gelegt; ein kleines Taschentuch hängt, nicht zum Gebrauche, nur zum Staate, au dem Gürtel; zahlreich und geschmackvoll sind die goldenen Schmucksachen. Dazu die Hauben, die grellfarbigen Busen tücher, die schönen, mit bunten Bändern zusammengeflochtcnen Haare — das Ganze eine der reizendsten Trachten, die man sehen kann. Im Uebrigen aber zeigen die Costüme in der Umgebung der alten Freistadt sehr viel orientalischen Ein fluß. Die Männer tragen auf dem Kopfe, der meist, wie bei den Türken, bis auf einen Schopf auf dem Scheitel kahl geschoren ist, das türkische Fez, ferner eine gestickte Weste und um den Leib eine lange Binde, in welcher Messer und Pisto len stecken. Die gewöhnlich blauen, faltenreichen Hofen rei chen bis unter das Knie; die Waden stecken in weißwolleneu Strümpfen, die Füße in Pantoffeln oder den gewöhnlichen Opanken (Bundschuhe). Ueber der Schulter hängt meist ein bunter Shawl, die Struka, aus feinerm oder gröberm Woll stoffe gefertigt. Zur Sommerszeit gehen die Männer in Hemdsärmeln, im Winter aber tragen sie zum Schutze ge gen Wind und Wetter eine grobe Jacke oder einen Matrosen mantel. — Besser aber als durch viele Worte erhält der Leser einen Begriff von den dortigen Trachten durch Vriarte's umstehende charakteristische Zeichnungen, aus welchen die orientalischen Einflüsse in der süddalmatinischen Tracht deut lich sich ergeben. Auf die Kleidung scheinen die Ragusaner überhaupt stets großen Werth gelegt zu haben; denn Vriarte theilt unter mancherlei StaatSdocumenten, welche auf die Beziehungen der kleinen Republik zu Frankreich und auf ihre endgültige Beseitigung Bezug haben, auch ein merkwürdiges Decret mit, welches am 20. April 1765 in der Versammlung der 45 Senatoren oder Pregats gegen den Luxus erlassen wurde. Danach sollten die Damen^von Adel ^), selbst die Antoniucn und Lazarinen, d. h. die Damen von der Brüderschaft des heiligen Antonius und heiligen Lazarus, nicht mehr als zwei Kleider haben, eines für die Stadt und für festliche Anlässe, das zweite für das Land und das Haus. In den großen Kirchen, nämlich in der Kathedrale des heiligen Blasius und bei den Patres Dominikanern und Franziskanern, wo der erlauchte und hochwürdige Herr Rector (Bürgermeister) er scheinen könnte, war man bei Strafe gehalten, nur imStadt- und Festkleide zu erscheinen, nicht aber im ländlichen oder häuslichen Gewände. Alle anderen Frauen, weß Standes sie auch seien, sollten nur Kleider von einfarbiger Seide, Wolle, Linnen oder Baumwolle tragen, gleichviel von wel cher Farbe, Schwarz ausgenommen. Schleppen und andere als lederne Schuhe waren verboten. Nur Wittwen waren Ü Ragusa besaß fünf Stände: die Geistlichkeit, den Adel, der in alten und jungen oder Salamanchesi und Sortonuefi zerfiel, die Bürger (Cittatini), das Volk und die Bauern. Globus XXXI. Nr. 16. 31