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I. Mestorf: Kelten und Galater. 120 südliche Strom schon bei seinem Eintreten in Europa Eisen mit sich führte. H Hier nähern sich die Ansichten Bcrtrand's und Linden- schmit's, welcher letztere gleichfalls in Mitteleuropa keine eigentliche Bronzezeit anerkennt. Prof. Lindenschmit aber spricht anch dem Norden eine solche ab, nnd sieht in den Bronzegeräthen die als Handelswaare nach dem Norden ver triebenen Producte einer etruskischen Metallindustrie, mäh rend Herr Bertrand den keltischen Völkerschaften eine eigene Metallindustrie zuspricht. Um 1500 v. Ehr. Hütten, nach Bertrand, diese Wanderungen von Osten nach Westen statt- gesunden. Dacien hatte eine eigenartige Bronzecultur.' Be saßen anch Griechenland, Italien und Gallien eine solche, was uns bis weiter wahrscheinlich dünkt, so mag He dort von kürzerer Dauer gewesen sein. Dieses nachzuwAen ist die Aufgabe der Archäologen in den genannten Ländern. In dem heutigen Frankreich waren die Wohndistricte der Kelten, d. h. der Repräsentanten der Bronzecultur, ziemlich eng begrenzt. Wir finden sie auf der Bertrand'schcn Karte zwischen der Rhone und den Alpen, in der Provinz Narbonne nnd weiter westwärts bis an die Pyrenäen, Und weiter finden wir sie in Helvetien und in Ob er Italien, wo sie sich bis ans adriatische Meer erstrecken. Die großen Gräberfelder Oberitaliens sind es, welche uns Ausschluß geben über die Cultur derer, die dort zur ewigen Ruhe ge bettet wurden. Man hat diese Gräber keltisch, pelaygisch, umbrisch, voretruskisch, altitalisch benannt; jetzt pflegen die italischen Archäologen sic vorsichtig als „Nekropolen der ersten Eisenzeit" zu bezeichnen, nnd nach den Resultaten neuctdings vollzogener Untersuchungen scheint es, als ob sich innerhalb derselben zwei Perioden erkennen lassen, welche sich nicht nur durch den Bau der Gräber und die Form der Thougefäße und Bronzen unterscheiden, sondern auch dadurch, daß in der jüngern neben einer größeren Mannigfaltigkeit der Formen auch mehr Eisen und unter den dccorativcn Elementen Glas, Bernstein und buntfarbige Glaspastcn auftreten "R Herr Bertrand schildert die Kelten als ein industrielles, ackerbautreibendes ruhiges Volk mit demokratischen Institu tionen. Mit dem im Westen wohnenden Dolmcnvolke hat ten die im Nhoncgebict seßhaften Stämme keine Gemein schaft, wie auch dieses seinerseits sich der neuen Cultur nicht zugänglich zeigte. Nach den Funden in den Dolmen scheint es indessen, daß einzelne, vielleicht die Häuptlinge, im Besitz einiger Bronzegerüthc oder Schmucksachen gewesen sind. Bevor aber die Scheidewand zwischen den aristokratisch sich absondernden Kelten und den nicht minder conscrvativen Dolmeubauern gefallen, waren neue Einwanderer ins Land gedrungen, kriegerische Horden, mit eisernen Wassen gerüstet, welche eine neue Aera heraufführtcn und, wiewohl von kel tischer Race, sich doch von den älteren keltischen Bewohnern in allen Dingen unterschieden. Dies waren die Galli oder Galater. Der Verfasser unterscheidet streng zwischen Kelten und Galatern. Wir werden auf dieses Hauptargument seines Buches näher eingehen. Die Dolmenerbauer hatten, wie be reits erwähnt, den Westen des Landes inne; die Kelten saßen im Süden, die gallischen Horden scheinen, wie später die Franken und Burgunder, durch die Jurapässe und Vogesen, stituüonm sich bemerkbar mache. Hatte z. V. das Volk der Dolmen seine Todten begraben, so trat mit der Einführung der Bronze Lcichenbrand an die Stelle. Wir können dies nicht einräumen, weil gerade in den Gräbern der Bronzezeit, welche wir nach den bisherigen Untersuchungen als die ältesten zu betrachten berechtigt sind, die Lei chen im vollen Klcidcrschmuck, also unverbrannt, bestattet wurden. n kompeo 6astelsr»nco rm Lnllettluo <ti kaletnolvAia italiana. II, Nro. 5 u. 6. vielleicht auch vo» Belgien aus eingedruugen zu sein und am linken Rheinufer, zwischen dem Rhein und den Vogesen, im Departement de la Marne und in der Cöte d'or Posto gefaßt zu haben. Auch sie waren von Osten ausgegangen. Aus den Schluchten des Balkan und der Karpathen hatten sie sich räuberischen Horden gleich ergossen und theilweise an der Donau festgesetzt. Im fünften Jahrhundert gingen sie über die Alpen, wo sic die friedlich neben den Etruskern wohnenden Kelten mit sich fortrissen und vor Rom erschie nen und weiter nach Griechenland zogen und als Söldner in Asien und Afrika kämpften. Es waren rauhe Gesellen, die sich in fester Waffengenossenschaft um einen Häuptling schaarten und von ihm in Züchtend Zaum gehalten wur den. Wo sie seßhaft waren, verbrannten sie nicht ihre Todten, wie es keltischer Brauch war, sondern sie bestatteten den gestorbenen Waffenbruder nach feststehendem Brauch. Ein Grab ist wie das andere. Neben dem Todten ruht sein eisernes Schlachtschwert, sein Speercisen, sein Messer, zuweilen auch sein Schild und oftmals irgend ein kostbares Beutestück. Das Grab des Häuptlings ist daran kenntlich, daß er auf seinem Streitwagen bestattet wurde, von dem man die Ueberrestc findet. Rings um das Grab ist ein Graben gezogen und ein Hügel darüber aufgeschüttet. Das Schwert dieser Krieger ist wie Polybius das Schwert der Galater beschreibt: zweischneidig, lang, mit stumpfer Spitze und von weichem schlechten Eisen, welches sich bei jedem Hiebe biegt und gerade gezogen werden muß. Die kostbaren Beutestücke bestehen in schönen Gefäßen von Bronze (in seltenen Fällen von gemalter Terracotta) in einem Bronze helm, einem Goldschmuck oder dergleichen Dingen, die man unschwer als italischen, griechischen oder orientalischen Ur sprunges erkennt. Die Base von Grüchwyl, die Bronze gefäße vom Saargcbict, welche Lindenschmit in seinem clas- sischen Werke, „die Alterthümcr unserer heidnischen Vorzeit", veröffentlicht, die gemalten Terracottcn von Bodenbach und Sommc-Bionne werden als solche von Bertrand erklärt. Diese gallischen Bewohner des östlichen Frankreichs sind den Donau-Galliern viel ähnlicher als den cisalpinischcn. Anch die Gallier Cäsar's sind von ihnen verschieden, sind jüngere Nachkommen. Nicht mit den Waffen in der Hand, sondern xur äistanos scheinen sie das Land erobert zu haben. Vor der Römerzeit war die Verschmelzung der drei verschie denen Culturgruppcn vollzogen. Es scheinen da zwei Ein flüsse sich geltend gemacht zu haben: die Militärherrschaft von Osten her nnd eine Priestcrhcrrschaft (Druiden), die schon früher von Britannien herübcrgctragen war und all- mälig Boden gefaßt hatte. — Eines aber fagt uns der Ver fasser nicht, nämlich wie die Umwandlung der alten gallischen Cultur in die jüngere vor sich gegangen, die aus den Fried höfen im Gebiete der Marne zu Tage tritt und welche das spitze „iberische" Schwert mit der in hochgeschwungcnem Bogen mündenden Scheide, die Bügelfibula mit rückwärts gebogenem Nadclhaltcr und eine eigenartige Ornamentik kennzeichnen. Eine locale Veränderung ist es nicht, da wir dieselben Typen überall finden, wo gallische Stämme seßhaft gewesen sind. Für uns ist die Frage von größter Wichtig keit, weil diese Gräberfunde sich über Norddeutschland bis an die Ostsee und darüber hinaus erstrecken. Jene schönen italischen Bronzegefäße kommen im Norden sporadisch vor. Sie sind indessen nicht, wie Herr Bertrand wähnt, aus schließlich von Bronzegcräth begleitet. Unseres BedünkenS liegt gerade ihre hohe Bedeutung für unsere Studien darin, daß in diesen Gefäßen Eisensachcn gefunden sind, und daß sie dadurch anzcigen, um welche Zeit und auf welchen Wegen dem Norden die ersten Eiscngcräthe zugefiihrt worden. In der cylindrischcu Bronzcciste von Primentdorf (Posen) lag