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Aus allen Erdtheilen. 111 am linken Ufer des großen Ob, gegenüber Kniäski-Jurti, an. Es war uns gesagt worden, daß sich dort ein „balschoi Scheitan", großes Götzenbild, finden sollte, und bald kam Dr. Brehm mit der Nachricht zurück, daß er es gefunden habe. Kaum hundert Schritt in dem die Niederlassung um gebenden aus schlanken Weiden bestehenden Wäldchen befand sich ein ganzer Götzenhain. An einem schlanken Stamme war ein mumienartiges langes Bündel in rothem Zeuge mit Bändern umwickelt befestigt, über diesem vier metallene Spiel teller ; zwei davon, anscheinend siranische Arbeit, mit roh ge triebenen Figuren, von Jäger, Hund, Wolf, in der Mitte ein Ren, darunter die Jahreszahl 1832; die zwei anderen europäische Arbeiten mit den Bildern von Victoria und Al bert und Oscar und Josephine, um den Rand das Alphabet. Neben diesem wunderlich geschmückten Stamme waren andere mit Säbeln, Gläsern, Säcken, Alles in Lappen eingebunden, verziert. Vor diesem anscheinend wichtigsten Theile des Hains standen an ein Gerüst gelehnt wohl 80 aus Baumstämmen gefertigte Götzenbilder, oft bis 4 Fuß und darüber lang, und am Kopfe mit einem rohgefchnitzten menschlichen Ge sichte versehen. Manche waren zum Theil noch mit der Rinde bekleidet und viele schienen sehr lange hier gestanden zu ha ben, denn sie verfaulten bereits. Ich ließ Agram, einen unserer ostjakischen Ruderer, rufen, um von ihm an Ort und Stelle Aufklärung zu erhalten, wozu er ohne Zögern bereit war. Das mumienartige Bündel enthielt Opfergaben, dem großen „da oben thronenden" Geiste Dort dargebracht, und auch die Säbel, ja die Götzenbilder selbst stellten solche vor, eine weitere Bedeutung hatten sie nicht. Es gelang mir da her nicht ohne zuviel Schwierigkeiten, die Eingeborenen zu überreden, daß sie mir vier der schönsten Exemplare schenkten und zwar ohne ein Entgelt an Schnaps. Hätte ich solchen besessen, ich hätte wahrscheinlich das ganze Götzenlager auf dem Halse gehabt und wäre in große Verlegenheit wegen des Transports gekommen, denn unsere zwei kleinen Boote würden nicht ausgereicht haben. Ein verschmitzter russischer Junge erzählte uns, daß das Gesehene übrigens nicht die Hauptsache sei. Das Innere des Waldes berge noch den eigentlichen Schatz, zu dem aber ein wahrer Jrrpfad führe und den wir ohne Führer weder hin- noch zurückfinden wür den. Er kannte die Stelle wohl, war aber selbst durch einen Rubel nicht zu bestechen, uns dieselbe zu zeigen, so sehr fürch tete er sich vor den in Aussicht stehenden Hieben. Wir muß ten also ohne den Anblick dieses großen Götterschatzes von dem lieblich gelegenen Wespugl scheiden, waren aber nicht unzufrieden; nahmen wir doch, außer werthvollen Notizen, vier wirkliche kleine Götzen mit weg und zwar in ehrlicher Weise, denn anders als so würde es uns wohl überhaupt nicht möglich gewesen sein, sie zu erlangen. Um 2 Uhr gingen wir mit der Lodka weiter, auf der eine fröhliche Stimmung herrschte; brachte uns doch jeder Ruderschlag Obdorsk näher, wo die Mehrzahl unserer Leute Frau und Kinder überraschen konnte. Um 6^2 Uhr begrüßten uns die Thürme des Städtchens zum zweiten Male; diesmal nicht in der Klarheit der Sommerhelle des arktischen Kreises, trübe Wolken hingen in der Luft, welche grell gegen den vom Untergange der Sonne magisch beleuchteten Ural abstachen. Fröhlich und unter heiteren Liedern legten sich unsere Ruderer in die Riemen; bald bogen wir in den Polui ein, dessen Einmündung in den Ob wir auch diesmal nicht zu unter scheiden vermochten, und um 9 Uhr legten wir nach nur 34tägiger Abwesenheit an dem wohlbekannten Strande vor Anker." (Die später eingegangenen Berichte des längst wieder in der Heimath befindlichen Dr. Finsch saus Samarowa vom 29. September, aus Perm vom 20. und vom Bord des Kama-Dampfers vom 23. Octoberj schildern die Rückfahrt bis zum östlichen Endpunkt der russischen Eisenbahnen, Nischni Nowgorod.) Aus allen Aberglaube bei den österreichischen Serben. Kitzelt jemanden die Nase, so bedeutet das, daß er sich ärgern wird. Kitzel auf der linken flachen Hand (slav. Lau) bedeutet, daß man Geld bekommen wird, Kitzel auf der rech ten, daß man es ausgeben wird. Kitzel auf der Sohle be deutet eine Reise. Saust jemandem das Ohr, so sagt man, daß er eine Nachricht erhalten wird und zwar von jener Seite, auf welcher ihm das Ohr gesaust hat. Erräth sein Nachbar, welches Ohr ihm saust, so wird die Nachricht, die er erhält, wahr sein. Kitzelt jemandem das linke Auge, so wird er sich freuen; Kitzel am rechten Auge aber bedeutet, daß der Betreffende weinen wird. Wer sich am Tage vor dem Weihnachtsabend schlägt, der wird Geschwüre bekommen. Damit die Geburt beim Vieh leichter von Statten geht, wird das Mutterthier mit einer Weidenruthe geschlagen, die am Palmsonntag aus der Kirche' nach Hause gebracht und hinter ein Heiligenbild gestellt wurde. Einige stellen diese Weidenruthe oben auf das Dach, damit der Blitz nicht in das Haus einschlage. Der Sklavenhandel im ober» Nilgebiet. Unter den menschenfreundlichen Bestrebungen, welche der soeben unter der hochherzigen Initiative des Königs der Belgier gegründete internationale Verein zur Erschließung Erdtheilen. Afrikas aus seine Fahne geschrieben hat, erscheint mit Recht auch an hervorragender Stelle die Unterdrückung des Sklaven handels. In einem solchen Zeitmoment berührt es um so schmerzlicher, das scheußliche Gewerbe in einem Gebiet, wo man es bereits für größtentheils vernichtet halten durfte, wieder aufblühen zu sehen. Die Berichte europäischer Rei sender von 1870 und den nächstfolgenden Jahren melden von energischen Bestrebungen der ägyptischen Behörden, den Sklavenhandel auf dem Weißen Nil zu unterdrücken. Sir S. Baker's große Expedition hatte hauptsächlich sich die Zer störung des Negerhandels zum Ziel gesetzt, und glaubte der Reisende dasselbe auch erreicht zu haben. Durch Verlegung des Wasserweges wurde der Export der lebenden Waare allerdings in früher unerhörtem Maßstabe auf die Straße nach Dar For geleitet. Mit der Eroberung dieses Reiches, das w lange eine Zwingburg der Barbarei gewesen, glaubte man der Sache der Menschlichkeit auch hier den Sieg gesichert. Die über einstimmenden Berichte der neuesten Reisenden zeigen leider, daß män auch hier wieder den Einfluß der löblichen Inten tionen der ägyptischen Regierung auf die Behörden in ent fernten Provinzen, die in den europäischen Humanitätsbestre bungen nur lästige Chicanen und Eingriffe in wohlerworbene Rechte erblicken, zu hoch veranschlagt hatte. Bekanntlich ist die Prügelstrase in Aegypten gesetzlich abgeschafft; trotzdem