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Die Stellung der Gutsunterthancn in der Obcrlausitz zu ihren Gutshcrrschaftcn. 87 ungehorsamen Bauern, deren sie bisweilen gar nicht mächtig;" wollte die Stadt ihre Hand von dem Adel abziehen, „so sollte bisweilen mancher Land sasse seines Leibes und Gutes vor seinen eigenen Bauern — nicht wohl sicher sein."*) — Aus dem Jahre 1540 erfahren wir, daß abermals 35 Bauern aus Oberbertelsdorf, „welche ihrem Erbherrn svon Gersdorffs sind aufgestauden wegen der Hofearbeit," desgleichen 14 Bauern aus Peters- Hain sdenen von Gersdorff gehörigs zu Görlitz „in die Schuldkammer ein gesetzt worden." Drei davon wurden hingerichtet; die andern mußten ge loben bei Leib rind Gut, „der Sache nimmermehr zu gedenken", auch alle Unkosten tragen. „Die Petershainer haben gesessen Jahre und haben müssen geloben, sich vor dem Könige wieder zu stellen gen Prag, baarhäuptig, ohne Schuhe, ohne Gewehr und in einein leinenen Kittel. Da sie aber herauskamen, sind ihrer viele ohnmächtig geworden, und einer ist davon gestorben." 2) Wie aber, ganz abgesehen von diesen Steigerungen der Dienste, der oberlausitzische Adel zu jener Zeit seine Gutsangehörigen zu mißhandeln pflegte, davon giebt ein langes Berzeichniß solcher Gewaltthatigkeiten in einer Klageschrift der Sechsstädte gegen denselben, genannt die „Quadruplik" von 1531?) schaudervollen Bericht. Da hat der Eine einen Bauer „lahm und tödtlich gehauen", ein Zweiter einem Bauer auf der Straße zwei Zähne ausgeschlagen und ihn am Kopfe verwundet, ein Dritter einen Bauer, „hart geschlagen und ins Gefängniß gesetzt, daß er gestorben", ein Vierter selbdritt einem Bauer 30 Wunden geschlagen und ihn mit dem Spieß durchstochen; ein Fünfter einen Knaben, der bei ihm gedient, „gestaucht und getreten, daß er alsbald gestorben", ein Sechster einem Bauerssohne einen Strick an den Hals geworfen und aus dem Kretscham geschleppt, daß ihm die Pferde die Fersen abgetreten und ihm die Haut am Halse „abgestreift" worden. Be sonders scheußlich sind die dabei anfgezählten Gewaltthätigkeiten der adligen Herren gegen wehrlose Frauen. Da wird hier einem Bauer in sein Haus „eingelausen und sein Mägdlein geschlagen und beraubt", dort einem Bauer seine Tochter genothzüchtigt, und da dieser deshalb beim Gericht klagte, „bei ihm eingefallen, um ihn zu erschlagen", weil er aber nicht angetrosfen ward, wenigstens seiner Frau „eine Lähmde gehauen", ferner bald eine Fran „mit dem Pferde gestoßen, daß sie ein todtes Kind geboren", bald eine Kretschmarin „mit Pferden ertreten", bald eine Wirthschafterin, die dem Herrn „nicht hat wollen zu Willen sein", mit einem Holzscheit erschlagen. — Noch besaß da mals der Adel nicht die Obcrgerichtsbarkeit auf seinen Gütern; er mußte vielmehr gewärtig sein, wegen jeder solcher Gewaltthat vor dem Hofgericht zu Bautzen oder vor dem königlichen Gericht zu Görlitz von den Betheiligten verklagt und dann auch wohl — meist nur um Geld — gestraft zu werden; man wird aber gewiß zugeben müssen, daß, wer solche Scheußlichkeiten gegen seine Gutsangehörigen zu üben vermochte, dieselben auch mit leichter Mühe zu vermehrten Frohndiensten lind neuen Abgaben zu zwingen im Stande war. i) H. 8enpt. rar. IM«. I V. 201. ?) Laus. Magazin 1838. 106. ch Akanstück im NathSarchiv zu Görlitz.