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Die Stellung der Gutsunterthancn in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. 5 In vielen dieser Ortsnamen auf — itz leben also die Namen ihrer ur sprünglichen Besitzer aus dem alten Slavenadel noch jetzt fort. Das gesammte Volk der Hörigen zerfiel übrigens in mehrere nach Pflichten und Rechten und daher auch nach Rang und Stellung streng ge schiedene Klassen.') Wenigstens in den Ländern zwischen Saale und Queiß gab es deren fünf. Die dem Range nach erste bildeten die Supane oder „Aeltesten", d. h. die Richter und Steuer-Einnehmer in den einzelnen, aus mehreren der kleinen Dörfer bestehenden Supanien, d. h. Gerichts- und Steuerbezirken; sie hatten von ihrem Dienstgute dem Landesherrn den Kriegs dienst zu Roß zu leisten. Die zweite bildeten die Wit Hasen, d. h. Kriegs leute; sie glichen ziemlich den vorigen, versahen zwar nicht auch das Richter amt, waren aber vielfach in Dörfern, wo es keinen Supan gab, zur Erhebung der Abgaben und ebenfalls dem Landesherrn zum Kriegsdienst zu Roß, außer dem aber dem Gutsherrn zu einem Zins, jedoch nicht zu irgend welchen Spann- oder Handdiensten verpflichtet. Diefe Freiheit von Diensten für den Gutsherrn erhob die Supane und die Withasen über die übrigen Klassen der Hörigen, und der dem Landesherrn zu leistende Dienst zu Roß näherte sie dem Adel. Die dritte sehr verschieden benannte Klasse (Zinsleute, Lassen, d. h. Lassiten) bestand aus den eigentlichen Bauern. Sie hatten ihrem Gutsherrn hauptsächlich Zins in Getreide und außerdem noch Spanndienste I. 69. 70; II. 21), sondern wird auch von gelehrten slavischen Linguisten (Bronisch, Laus. Magazin 1869. 241) anerkannt. Andere Slavisten dagegen behaupten, daß „aus den Ortsnamen, die (jenen) Charakter von Collektivnamen tragen", geschlossen werden müsse, „daß ein Dorf, welches damit benannt wurde, den gemeinsamen Namen des Geschlechts trug, welches sich dort angesiedelt hatte, und daß alle Einwohner des Orts als Mitglieder einer solchen Genossenschaft einen gemeinsamen Namen führten, gemeinsames Vermögen besaßen und unter Leitung eines Familienoberhauptes standen" (Schmaler, Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz 1867. 6; vergl. daselbst auch anderweitige Literatur), oder „daß jedes einzelne Dorf, ursprünglich durch eine einzige Familie gebildet, bevölkert und erweitert worden ist, so daß man die Familie und das Dorf mit demselben Namen nannte (Lippert, Gesch. v. Leitmeritz 1871. 9. Aehnlich auch O. Weise, Die slavischen Ansiedlungen im Herzogth. Sachsen-Altenburg 1883. S. 5—18). — Allein zu der Zeit mindestens, als die Slaven in die deutschen Länder einrückten, gab cs unter denselben nirgends mehr solche patriarchalische Zustände, wie in den serbo - kroatischen Haus kommunionen, sondern nur Edle und Untcrthanen. Auch führten damals die Slaven eben sowenig als die Deutschen neben ihrem Vornamen noch irgend einen Familien- oder Geschlechtsnamen. Gegenüber den Schwärniern für eine vermeintliche Patriarchalität auch unter den slavischen Stämmen in Deutschland verweisen wir beispielsweise auf folgende Stellen anerkannter Geschichtsschreiber: W. Giesebrecht, Kaisergesch. I. 298: „Die be zwungenen Wenden mußten Tribut zahlen und Frohndienste leisten; sonst befanden sie sich kaum schlechter als vordem unter ihren Häuptlingen und Fürsten. Ein Stand vollfreicr Bauern oder Bürger war bei den Wenden unbekannt, und von adligen Geschlechtern war bisher die Masse des Volkes beherrscht worden." — Wuttke, Posensches Städtebuch 184: „Mögen die Lechen einst in freien Gemeindcverbänden gelebt haben, in der Zeit, wo ihre Verhältnisse zuerst bekannt werden, befanden sie sich in schlimmer Unfreiheit. Die Menge des Volks bestand aus Kmethen, die in Abhängigkeit von einem Herrn standen, ihr Land nicht mehr frei inne hatten und sich der steigenden Lasten nicht zu erwehren vermochten." — Tzschoppe und Stenzel, Urk.-Samml. 56: „Daß die polnischen Bauern bereits im 10. und 11. Jahrhundert vom Adel hart gedrückt wurden, erfahren wir aus dem Schutze, welchen ihnen Herzog Boleslaus I. von Polen angedeihen ließ." ') Vergl. Knothe, Die verschiedenen Klassen slavischer Höriger in den Wettinischen Landen re. Ermisch, N. Archiv für sächs. Gesch. IV. 1 ff.