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Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. Z Der schwache, zerbrechliche Holzpflug aber, welchen sie damals und noch Jahrhunderte später einzig und allein kannten, gestattete ihnen, nur ganz leichten, sandigen Boden zn bearbeiten. Hierdurch ward zugleich die Wahl ihrer netten Wohnplätze bestimmt, deren Ausdehnung sich aus der Verbreitung der slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz bei einiger Vorsicht ziemlich sicher nachweisen läßt?) Es war einmal von Lauban und Görlitz an bis gegen Reichenbach hin ein schmaler, offener Landstrich zwischen damals dichten Waldungen im Süden wie im Norden, auf dem sie sich ansiedelten, und sodann die weite, ebene oder doch nur wellige, von größeren und kleineren Flüssen durchzogene Landschaft, welche sich von Löbau aus bis hinter Kamenz hin erstreckt. Nur etwa noch in den Flußthälern stromauf- und abwärts lockte der fette Marschboden zu vereinzelten Niederlassungen in den südlichen, waldbedeckten Gebirgszügen oder in den nördlichen flachen, sandigen Heiden?) Jit diesem Centruin des alten Wendenlandes liegen heut noch wie damals, dicht gedrängt neben einander, die kleinen wendischen Dörfer, umgeben von den zugehörigen Ackerfluren, Wiesen, Gebüschen. Hier nun erbauten sich die Milzener auf steilem, von der Spree um flossenem Granitselsen, nach allgemeiner slavischer Sitte, auch ihre Stammes- feste, den Mittelpunkt ihrer Herrschaft, die allgemeine Zufluchtsstätte bei drohender Kriegsgefahr, nämlich Bautzen. Neben der eigentlichen Feste ent standen alsbald die unentbehrlichen Herbergen und Wirthshäuser, siedelten sich Handelsleute und Handwerker an. So bildete sich zugleich mit der Feste auch die Stadt Bautzen. Sie ist bis Anfang des dreizehnten Jahrhunderts die einzige Stadt im ganzen Lande Milsca geblieben. Wie alle die verschiedenen Stämme der Nordslaven standen auch die Milzener oder die Sorbenwenden in der nachmaligen Oberlausitz unter Stammes häuptlingen oder „Königen" und unter einein kriegerischey Adel. Das wendische Volkslieds berichtet, wie „die Sorben" mehrmals gegen „die Deutschen, von deren Sprache sie kein einziges Wörtlein verstanden", ins Feld gezogen seien, und wie darauf „der König" jedesmal seine Krieger beschenkt habe mit neuen, prächtigen Kleidern, mit Sammt und Scharlach roth, mit Goldfüchsen und blitzenden Schwertern. In verschiedenen Gegenden des Landes kennt noch jetzt die lokale Sage „Königsgräber", und noch vor wenigen Jahr zehnten rühmten sich einzelne Wendenfamilien in der Nähe von Bautzen königlicher Abkunft?) — Das übrige Volk aber befand sich, wie bei allen jenen Slavenstämmen, in einem Zustande völliger Unfreiheit oder Knecht schaft?) Der König besaß zahlreiche Domänen und bezog von allen seinen l) Vergl. v. Weber, Archiv für die sächs. Geschichte, Neue Folge II. 237 ff.: Knotbe, „Zur Geschichte der Germauisation tu der Oberlousitz". 2) Es ist eine irrige Behauptung, daß die Zahl der Wenden ursprünglich wohl einige Millionen betragen habe. Auch in Schlesien war „kaum die Hälfte des jetzt kultivirten Landes von den Slaven schvn angebaut". Meitzen in den Abhandl. der schief. Gesellsch. f. Vaterland. Kultur, philos.-histor. Abth. 1864. II. 75. b) Haupt und Schmaler, Volkslieder der Wenden. Grimma 1840. 1.32 No. IV. Preuskcr, Blicke in die vaterländische Vorzeit II. 187. 5) Diese Unfreiheit konstatiren für Schlesien Tzschoppe und Stenzel, Urkundcn- Sammlung 100; Stenzel, Von den Hörigen Schlesiens, in den Jahresberichten der Schles. vaterl. Gesellsch. 1841. 153 ff., Meitzen, Kulturzustände der Slaven in Schlesien,