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4 Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften. Unterthanen gewisse, wesentlich in Getreide bestehende Abgaben. Den einzelnen Kriegern oder Adligen waren größere oder kleinere Strecken Land angewiesen worden, welche sie als ihr Eigenthum betrachten durften und in deren Mitte sie nun ihre Höfe erbauten. Nicht alles ihnen zuertheilte Land aber ver mochten sie selbst zu bewirthschaften; daher überwiesen sie einen Theil ihrer Gutsfluren Hörigen ihres Stammes, welche sich nun neben dem guts herrschaftlichen Hofe anbauten und sich von der Bewirthschaftung ihrer größeren oder kleineren Gutsparzellen ernährten. Es sind in der Regel nur sehr wenige Bauerhöfe, welche ein solches altwendisches Dorf bilden. Sie liegen alle dicht nebeneinander, die fchmaleu Giebel nach einem freien Platze in der Mitte gerichtet, von welchem aus die verschiedenen Wege auf die Felder führen?) Oft aber sind es auch nur kleine Gärtnernahrungen mit ärmlichen Hütten und wenig zugehörigem Ackerlande. Die einen wie die anderen Gutsunterthanen hatten dafür dem Gutsherrn sowohl Zins in Naturalien, als Hofedienste, theils mit dem Gespann, theils mit der Hand zu leisten. Sie besaßen keinerlei Eigenthumsrecht an dem Grund und Boden, den sie bauten; derselbe gehörte lediglich dem Gutsherrn. Daher konnte dieser die Gütlein seiner Hörigen theils mit, theils ohne deren gegenwärtige Inhaber verkaufen, verschenken, vertauschen, oder die Inhaber selbst einfach daraus vertreiben. Die einzelnen zu einem solchen Bauergnt gehörigen Acker- und Wiesengründe bildeten übrigens nicht ein geschlossenes. Ganze, sondern lagen hier und da in der Dorfflur zerstreut und wurden überdies in gewissen Zeiträumen unter die verschiedenen Bauern neu vertheilt. So waren denn diese wendischen Gutsunterthanen völlig abhängig von dem Gutsherrn; sie waren ganz eigentlich ihm gehörige Leute. Wohl hieraus erklärt sich auch die Endung so vieler altslavischer Ortsnamen auf —itz. Dies ist bekanntlich die Pluralendung von dem im Stamme des Ortsnamens meist enthaltenen Personennamen und lautete ursprünglich —icr> oder —ecy. So bedeutet der Ortsname Milkwitz, wendisch Milkecy, die Leute des Milk, oder nach deutscher Art, Patronpmika zu bilden (z. B. die Karol-inger), „die Milk-inger"."). ebendas. 1864. II. 79 sf. — Hinsichtlich Böhmens zählt z. B. König Ottokar 1226 als verschiedene Klassen von Unterthanen des Klosters Doxan auf: vmnss llabituntss, sivs sind ssrvi ZlelE, sivs ssrvi oriKinarii, sivs nsorixtieü, sivs aliguo woclo tsnsantur xraekutas soelesias rations tunäi (Erben, UsA. Lollem. I. 325). — Von der Mark Brandenburg sagt zwar Riedel (Die Mark Brandenburg im Jahre 1250, II. 23), es gebe daselbst keine Spur von Leibeigenschaft der Slaven durch die Deutschen, und ebenso Wohlbrück (Geschichte des Bisth. Lebus I. 323), die gemeinen Landbewohner hätten wohl von jeher volle persönliche Freiheit genossen; allein letzteres gilt sicher nur von den später eingewanderten deutschen Kolonisten, ebenso was Gersdorf (Ooä. clipl. 8axon. rsZ. II. I. XO.) von den Bauern im Meißnischen sagt: „Leibeigenschaft hat im Lande nie bestanden." i) lieber diese sogenannten wendischen „Rundlinge" siehe besonders Victor Jakobi, Forschungen über das Agrarwesen deS Altenburgstzen Oberlandes S. 8—11, wo auch zahlreiche Flurkarten. Brückner, Die slavischen Ansiedelungen in der Altmark 1879. S. 23. 2) Daß ein in den Ortsnamen auf —itz enthaltener Personenname auf den einstigen Besitzer, in späterer Zeit auch auf den Lokator des betreffenden Dorfes zurückzuführcn sei, geht nicht bloß aus zahlreichen urkundlichen Belegen deutlich hervor (Tzschoppe und Stenzel, Urk.-Samml. 118. 128 ff., Märcker, Burggrafth. Meißen 185, Schirrmacher, Urk.-Buch von Liegnitz 11, Stenzel, Heinrichsau 40, Grünhagen, Schles. Reg. II. Ausl.