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Die Gasverluste der Siemensöfen. Von Fr. Schraml, Pribram. Die Gasverluste bei den Siemensöfen haben bekanntlich zwei Ursachen: einmal wird bei der Umsteuerung, falls zuvor die Gasleitung nicht abgesperrt wurde, Gas direkt nach der Esse gesaugt, und zweitens strömt bei der Um stellung das im Wärmespeicher und im Zu leitungskanal nach demselben enthaltene Gas durch die Umsteuerung zur Esse zurück. Zur gegenseitigen Abschätzung beider Verluste neh men wir ein Beispiel an: Bei einem Martinofen für 30 t Einsatz, dessen Wärmespeicher außerhalb des Ofens stehen mögen, sei der Inhalt des Gaskanales zwischen Umsteuerung und Wärmespeicher 4 cbm, der freie Inhalt des Wärmespeichers 25 cbm und das Volumen der Einströmungskanäle nach dem Ofen 9 cbm. Die Temperaturen seien in der Gasleitung 250°, hinter der Umsteuerung 400°, beim Austritt aus dem Wärmespeicher 900" und in den Ofenkanälen 1100°. Der Quer schnitt in der Umsteuerung sei 0,8 qm und die Geschwindigkeit, welche bei direkter Verbindung nach der Esse erzeugt wird, 4,5 m; die Dauer einer Umsteuerung sei öSekunden. Der mittlere Barometerstand betrage 720 mm Quecksilber säule, bei Verbindung mit der Esse infolge der Saugwirkung 716 mm. Der Gasverlust bei einer Umsteuerung würde dann sein: a) Infolge direkter Überströmung aus der offenen Gasleitung in den Essenkanal: 0,8.4,5 720 8,6 , (1 + 0,003665.250) ’ 760 1,91 ’ °’ 1,8 C m in der Sekunde, daher in 5 Sekunden 9 cbm Gas von 0° und dem Normaldruck von 760 mm Queck silbersäule. Unter der Annahme, daß der Generator Steinkohle vergast, von welcher 1 kg 4,2 cbm Gas liefert, wäre der Verlust 9 : 4,2 • 2,2 kg Kohle, b) Infolge der Rückströmung des Gasvolumens zwi ¬ schen Umsteuerung und Ofen: ' 4 + 25 + 9 \ 1-4-0,003665.400 , 400—900 14-0,003665.1100/ 1 — 0,003665 ! 1 ’ 2 716 / 4 25 9 \ — ( )- — — ) . 0,94 = 10,8 cbm Gas oder 760 \2,46 3,38 5,03/ ’ ’ 10,8 = 2,6 kg Kohle. 4,2 5 Der tägliche Verlust bei drei Umsteuerungen in der Stunde wäre dann (2,2 — 2,6) . 72 350 kg und der jährliche bei 300 Arbeitstagen 105 t Steinkohle. Unter den gemachten Annahmen finden wir die Verluste a und b als annähernd gleich, es verdienen deshalb beide die gleiche Beachtung; sie werden übrigens jeder für sich bei ver schiedenen Ofenanlagen häufig recht verschiedene Werte haben. Der Verlust a hängt davon ab, wie lange bei der Umsteuerung Gaskanal und Esse in direkter Verbindung bleiben. Je rascher die Umsteuerungsvorrichtung umgestellt werden kann, desto kleiner fällt dieser Verlust aus; darin mag man auch die Erklärung finden für den Umstand, daß von praktischen Hüttenleuten heute noch der einfachen Wechselklappe das Wort geredet wird, eben weil hier die Um stellung in kürzester Zeit vor sich geht.* Der Verlust b hängt von der Länge der Kanäle zwischen Umsteuerung und Ofen und dem freien Rauminhalte der Wärmespeicher ab; bei gleichem Einsätze wird für verschiedene Ofen anlagen seine Größe selbst bis um 100 °/o verschieden gefunden werden. Im gerechneten Beispiele hätten wir etwa einen Mittelwert vor uns. Wenn wir nun auf die Frage der Vermeidung dieser Gasverluste übergehen, so ist dieselbe für den Verlust a als gelöst zu betrachten; man hat erkannt, daß es für diesen Zweck nur einer Umsteuerungsvorrichtung bedarf, bei welcher während der Umstellung Gasleitung und Essen kanal selbsttätig abgesperrt werden.** Zur Verhütung des Verlustes bmachtJosef Czekalla, Königshütte, darauf aufmerksam,*** daß die Kanäle zwischen Umsteuerung und Wärme speicher so kurz wie möglich gehalten werden sollen, um den „schädlichen Raum“ herab zusetzen; ferner bringt er in Vorschlag, den Wärmespeicher als Rekuperator auszuführen und die Umschaltung zwischen diesen und den Ofen zu verlegen. So würde der Verlust durch Gasrückströmung wohl vermieden, aber die bekannten Nachteile der Rekuperatoren gegen die doppelten Wärmespeicher werden auch in Zukunft bestehen bleiben; das Rekuperativsystem hat keine Aussichten auf allgemeine Anwendung. Der neue Siemensofen — die Wiederauf nahme des Ofens von Biedermann-Harvey — hat infolge des unmittelbaren Anbaues des Gene rators an den Ofen keine Gasverluste; nun hat aber die Frage, ob die Generatoren besser an die einzelnen Öfen oder in eine Gruppe zu sammengestellt werden sollen, ihre verschiedenen Für und Wider und es wird dieser Ofen zwar in einzelnen Fällen, aber kaum überall vorteil hafte Ausführung finden. Heiße Oxydationsluft aus dem Wärmespeicher bezw. heißes Rauchgas kann ja auch den Generatoren, welche nicht direkt an den Ofen gebaut sind, zugeführt und dadurch eine bessere Ausnutzung der Abhitze * Eine Bestätigung dessen findet sich auch in „Stahl und Eisen“ 1903 S. 404. ** Siehe hierüber „Stahl und Eisen“ 1903 S. 166, 333, 456, 690, 738 und 891. *** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1903 S. 738.