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Wir sagen so leichthin, daß Florent Schmitt Orientalismen aufge griffen hat und stellen uns bestenfalls darunter melodische Floskeln vor, wie sie schon andere Komponisten als fremd ländisch wirkendes Lokalkolorit in die europäische Musik hineingetragen haben. Dies interessierte Schmitt weitaus weni ger, sondern mehr das urspünglich Lebendige, das geradezu Barbarischwirkende in solcher Musik. Dies bezeugen viele seiner orientalisch inspirierten Werke, die seine gesam te Karriere markiert haben. gewann er im Jahre 1900 den Rompreis mit der Kantate „Semiramis“, einer lyrischen Szene, die sich bereits durch einen außerordentlich sinfo nischen und dramatischen Stil auszeichnet. Sein vierjähriges Rom-Stipendium in der Villa Medici nutzte Schmitt vor allem, um kreuz und quer durch Europa zu reisen, von Süd nach Nord, auch rund um das Mittelmeer und von Marokko bis in den asiatischen Teil der Türkei. Von da an ist der Einfluß dieser islamischen Länder in mehreren seiner Kompositionen deutlich spür bar. 1906 machte er mit einer Vertonung des 47. Psalms („Psaume XLVH“ für Sopran-Solo, Chor, Orchester und Orgel op. 38) in besonderem Maße auf sich aufmerksam, da er - fußend auf Orientalismen - eine Musik schuf, die sich in harmonischer und rhythmischer Hinsicht von dem zu lösen schien, was als musikalischer Im pressionismus in Frankreich längst Wurzeln ge schlagen hatte. Nur wenige Jahre nach Debussys Oper „Pelleas und Melisande“ (1902), zu einer Zeit also, da der Impressionismus in Frankreich blühte und eine lichtdurchflutete musikalische Landschaft allenthalben gewünscht wurde und auch etliche Komponisten vermochten, ganze Seelengemälde mit leichter Hand hinzutupfen, brach Schmitts Komposition mit seiner rhythmi schen Dynamik und einem aggressiven Klang geradewegs in dieses derzeit vorherrschende Klangideal ein und verwirrte förmlich die Gemüter. Dabei hatte er nichts anderes getan, als den Text aus der heiligen Schrift in eine au thentisch-orientalische Atmosphäre zu trans ferieren, die derjenigen ähnelte, die er selbst vor Ort kennengelernt hatte. Hiermit hatte Schmitt aber ein Fenster aufgerissen, in das einige Kollegen gern hineinschauen wollten, um ihrer seits einer sich vom Impressionismus lösenden Klanggestaltung nachzueifern. Igor Strawinsky gehörte dazu, sogar Paul Dukas, später auch Arthur Honegger, um nur einige zu nennen.