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D le Deutsche Demokratische Re publik ist ein sozialistische!’ Staat deutscher Nation. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozia lismus verwirklichen.“ 1 ) Diese eindeutige Charakterisierung unse rer sozialistischen Staatsmacht als die Macht der Arbeiterklasse, der mit ihr ver bündeten Klasse der Genossenschaftsbauern und der anderen werktätigen Schichten ist nicht nur ein verfassungsrechtlicher Grund satz. Seit nunmehr zwanzig Jahren ist die Machtausübung durch das werktätige Volk tagtägliche Praxis. Darin unterscheidet sich unsere Arbeiter-und-Bauern-Macht grund- sätzlich vom staatsmonopolistischen Herr schaftssystem in Westdeutschland. Während die zwanzigjährige Entwicklung der DDR von der kontinuierlichen Entwicklung und Vervollkommnung der Demokratie gekenn zeichnet ist, ist für die zwanzigjährige Ent wicklung des Bonner Staates eine ständige Reduzierung der bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten des Volkes charakte ristisch, weil Imperialismus Negation der Demokratie bedeutet. Ausgangspunkt für die allseitige Durch setzung der Volkssouveränität, für die Schaffung wahrhaft demokratischer Ver hältnisse ist die Beseitigung der ökonomi schen und politischen Macht des Monopol kapitals und des Junkertums. Die Entschei dung der Machtfrage zugunsten der Arbei terklasse und des gesamten schaffenden Volkes ist die entscheidende Voraussetzung für die volle Entfaltung der Demokratie, da, wie Lenin in seinem berühmten Artikel „Die große Initiative“ schrieb, „nur eine be stimmte Klasse, nämlich die städtischen Ar beiter und überhaupt die Fabrikarbeiter, die Industriearbeiter, imstande ist, die ganze Masse der Werktätigen und Ausge beuteten zu führen im Kampf für den Sturz der Macht des Kapitals, im Prozeß des Sturzes dieser Macht, im Kampf um die Sicherung und Festigung des Sieges, bei der Schaffung der neuen, der sozialistischen Gesellschaftsordnung, in dem ganzen Kampf für die völlige Aufhebung der Klas sen.“ 2 3 ) In der DDR wurden Monopolkapital und Junkertum ökonomisch und politisch ent machtet, wurden die Produktionsmittel ver gesellschaftet, wurden alle Bildungsprivile gien beseitigt, wurde das Volk Eigentümer aller materiellen und kulturellen Güter der Gesellschaft. Die Arbeiterklasse errichtete ihre Herrschaft — die Diktatur des Prole tariats — um „die umfassende Verwirk lichung des Sozialismus bewußt und plan mäßig zu leiten, die Produktivkräfte und sozialistischen Produktionsverhältnisse ständig zu entwickeln, die materiellen und kulturellen Lebensbedingungen des Volkes zu verbessern, die schöpferische Initiative der Werktätigen zu fördern, das sozialisti sche Bewußtsein zu stärken und die sozia listische Ordnung vor feindlichen Machen schaften zu schützen".) In der zwanzigjäh rigen Geschichte unserer Republik hat das werktätige Volk unter Führung der Arbei terklasse und ihrer marxistisch-leninisti schen Partei seine schöpferische und gesell schaftliche Rolle nachdrücklich unter Be weis gestellt, haben die Werktätigen erfolg reich ihre Macht zu handhaben gewußt. Als Machtorgan der Diktatur des Proletariats hat der sozialistische Staat in allen Etap pen unserer .gesellschaftlichen Entwicklung erfolgreich den zuverlässigen Schutz der DDR und der sozialistischen Errungen schaften unseres Volkes gewährleistet. 20 Jahre DDR - Sozialismus, Macht und Demokratie 0 o Triumph der Ideen des Sozialismus auf deutschem Boden trieben, gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen, der 1. Sekretär der SED- Kreisleitung, der Vorsitzende der Universi tätsgewerkschaftsleitung, der 1. Sekretär der FDJ-Kreisleitung, 14 Wissenschaftler, acht Studenten und weitere drei Universi tätsangehörige an. ie weitere Entwicklung unserer sozialistischen Gesellschaftsord nung, die Gestaltung des ent wickelten gesellschaftlichen Sy stems des Sozialismus erfordert die volle Nutzung der dem So zialismus eigenen Produktivi- täts- und Entwicklungspotenzen. Daraus leitet sich die Notwendigkeit der weiteren Ausgestaltung der sozialistischen Demo kratie und die Erhöhung ihres Nutzeffektes ab. Das bedeutet vor allem eine Erhöhung und exakte Bestimmung der Verantwor tung der Volksvertretungen als die ge wählten staatlichen Machtorgane, die ver stärkte wissenschaftliche Fundierung der gesamten staatlichen Leitungstätigkeit, die engere Verbindung der Einzelleitung mit der maßgeblichen Mitarbeit gesellschaft licher Organe, den weiteren Ausbau der verschiedenen Formen ehrenamtlicher Mit D ie erfolgreiche Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ist nur durch die schöpferische Aktivi tät der Werktätigen in Stadt und Land möglich, und wahres Schöpfertum kann sich nur in der sozialistischen Gesellschaft entfalten. Der Sozialismus ermöglicht und erfordert die breiteste Entfaltung der De mokratie. Der sozialistische Grundsatz, die immer umfassendere Einbeziehung der Werktätigen in die Leitung aller gesell schaftlichen Prozesse, ihre schrittweise und systematische Befähigung zur bewußten und praktischen staatsgestaltenden Tätig keit, wurden in wachsendem Maße zu einem entscheidenden Element der Stärke und Lebenskraft unserer sozialistischen Ordnung. „Ständig und planvoll wurden in den zurückliegenden Jahren die Formen und Möglichkeiten, alle Bürger in die Mit beratung und Mitentscheidung der öffent lichen Angelegenheiten einzubeziehen, er weitert und ausgebaut.“ 4 ) Gegenwärtig sind 207 000 Bürger gewählte Abgeordnete, 400 000 Bürger arbeiten in den ständigen Kommissionen und Aktivs der örtlichen Volksvertretungen, 335 000 Bürger vertreten die Werktätigen in den neugewählten Aus schüssen der Nationalen Front, über 150 000 Bürger sind in den Elternbeiräten und an nähernd 190 000 in den Konfliktkommissio nen tätig. Tausende Bürger wirken in an deren staatlichen und gesellschaftlichen Organen schöpferisch und aktiv mit. In den Produktionskomitees, den Gesell- schaftlichen Räten der WB, den Koopera tionsräten, Erzeugnisgruppenräten und an deren Gremien der Industrie und Land wirtschaft kommen die Werktätigen ihrer Mitverantwortung bei der Lösung der viel fältigen und komplizierten Aufgaben, die der weitere Aufbau des Sozialismus und die Meisterung der wissenschaftlich-techni- sehen Revolution unserer Gesellschaft stel len, nach. Die Übereinstimmung zwischen den grundlegenden Rechten der Bürger in der sozialistischen Gesellschaft, in der Verfas sung staatsrechtlich verankert, und den praktischen Möglichkeiten jedes Bürgers der DDR zur Mitentscheidung und Mitge staltung offenbart sich besonders in der Art und Weise, wie wichtige Gesetze und staat liche Dokumente erarbeitet und verabschie det werden. Es gibt kein bedeutendes Ge setz, das nicht unter breiter Anteilnahme der Staatsbürger ausgearbeitet und aus- führlich diskutiert wird. So haben unter anderen die Entwürfe des Gesetzbuches der Arbeit, des Familiengesetzbuches, des Straf gesetzbuches und des Beschlusses des Staatsrates zur Weiterführung der 3. Hoch schulreform und zur Entwicklung des Hoch schulwesens bis 1975 zur Diskussion ge standen. Von den Bürgern wurden viele wertvolle Änderungs- und Ergänzungsvor schläge unterbreitet. Besonders anschaulich kam die aktive Teilnahme der Werktätigen bei der demokratischen Erarbeitung und Beratung unserer sozialistischen Gesetze in der Diskussion über das grundlegende Ge setz unserer Gesellschaft, die sozialistische Verfassung, zum Ausdruck. In mehr 'als 750 000 Versammlungen nahmen über 11 Millionen Bürger ihr staatsbürgerliches Recht wahr und prüften den Verfassungs entwurf. Im Ergebnis ' dieser gründlichen Beratungen wurden der Kommission zur Ausarbeitung der Verfassung 12 454 Ände rungs- und Ergänzungsvorschläge unter breitet die sich in 118 Änderungen am Ent wurf niederschlugen. In freier und souve räner Entscheidung gaben 94,5 Prozent aller stimmberechtigten Bürger unserer Republik der sozialistischen Verfassung ihre Zustim mung. Damit hatte die Bevölkerung der DDR diese Verfassung zum grundlegenden Gesetz ihres gesellschaftlichen und staat lichen Zusammenlebens erhoben. in Wesenszug der Durch- und Weiterführung der 3. Hochschul reform und der Entwicklung des Hochschulwesens ist die ständige Vervollkommnung der sozialisti schen Demokratie an den Uni versitäten und Hochschulen. „Sie bildet die Grundlage, um die Aktivität und das Schöpfertum der Hochschullehrer, wis senschaftlichen Mitarbeiter, Studenten, Ar beiter und Angestellten bei der Planung, Leitung, Durchführung und Kontrolle der Aufgaben in Forschung, Ausbildung und Erziehung voll zu entfalten.“ 5 ) Wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen kommt es dabei in erster Linie auf die Entwicklung des sozialistischen Von Dr. Rudolf Pfretzschner Wettbewerbs als der Hauptmethode zur Entfaltung der schöpferischen Initiative der Angehörigen des Hochschulbereichs und der Verstärkung der sozialistischen - Gemein schaftsarbeit an. In den verschiedenen For men der sozialistischen Gemeinschaftsarbeit können Wissenschaftler und Studenten, Ar beiter und Angestellte ihre schöpferischen Fähigkeiten und Talente bei der Erfüllung der gemeinsamen Forschungs- und Lehr aufgaben allseitig entwickeln und einsetzen und damit die Erzielung von Spitzenleistun gen sichern. Gleichzeitig vollzieht sich im Prozeß der gemeinsamen Arbeit die Aus prägung sozialistischer Denk- und Verhal tensweisen, wirkt die sozialistische Demo kratie als bewußtseinsbildender Faktor bei der Entwicklung aller Hochschulangehöri gen zu sozialistischen Persönlichkeiten. Die Bildung von Gesellschaftlichen und Wissenschaftlichen Räten an den Universi täten und Hochschulen ist gleichermaßen ein Wesenszug der weiteren Ausgestaltung der sozialistischen Demokratie im Hoch schulbereich. Mit diesen Räten wurden demokratische Organe geschaffen, die einer seits den Erfordernissen der immer effek tiver zu gestaltenden Wechselbeziehungen zwischen Hochschule und allen gesellschaft lichen Bereichen im Prozeß der Meisterung der wissenschaftlich-technischen Revolution und der Gestaltung des entwickelten ge sellschaftlichen Systems des Sozialismus entsprechen. Andererseits ermöglichen diese Organe die noch wirksamere Einbe ziehung der Angehörigen der Universitäten und Hochschulen in die Planung, Entschei dung, Leitung und Kontrolle. Der Gesellschaftliche Rat als beratendes und kontrollierendes Organ des Rektors hat vor allem die Aufgabe, bedeutsame politi sche Grundfragen durchsetzen zu helfen und die Integration der Universität in die sozialistische Gesellschaft auf allen Gebie ten der Forschung und Ausbildung zu garantieren. Der Wissenschaftliche Rat be schäftigt sich mit wichtigen Problemen der wissenschaftlichen Arbeit an der Universi tät. Aus den Aufgaben dieser demokrati schen Organe leitet sich deren Zusammen setzung ab. So gehören dem Gesellschaft- lichen Rat der Karl-Marx-Universiät, der auf dem Konzil im Februar 1969 gewählt und bestätigt wurde, 22 Vertreter von Be arbeit'der Bürger, die aktive Mitarbeit der gesellschaftlichen Organisationen und den weiteren Ausbau der Rechte der Bürger auf der Grundlage unserer sozialistischen Ver fassung. 6 ) Da die sozialistische Demokratie Macht ausübung durch das Volk für das Volk ist, da ihr jeglicher Formalismus fremd ist, wird sie in dem Maße effektiv, wie jeder Bürger befähigt wird, aktiv und qualifiziert, mit hohem Verantwortungsbewußtsein und größtmöglicher Sachkenntnis an der Lei tung von Staat und Wirtschaft teilzuneh men. Deshalb werden Bildung und Erzie hung der Werktätigen zunehmend zu einem entscheidenden Kriterium für die Wirksam keit unserer sozialistischen Demokratie in allen Bereichen und auf allenen Ebenen. Diese Aufgabe erfolgreich zu meistern, ist ebenfalls ein Grundanliegen der 3. Hoch schulreform. „Jeder Bürger der Deutschen Demokra tischen Republik hat das Recht, das poli tische, wirtschaftliche, soziale und kultu relle Leben der sozialistischen Gemeinschaft und des sozialistischen Staates umfassend mitzugestalten. Es gilt der Grundsatz: .Ar beite mit, plane mit, regiere mit!““ 7 8 ) Dieses staatsbürgerliche Recht unserer Werktätigen ist gleichzeitig staatsbürgerliche Pflicht, der das werktätige Volk in der ständigen täg lichen und wirksamen Einflußnahme auf die Gestaltung unserer sozialistischen Ge sellschaftsverhältnisse nachkommt. So kön nen wir mit berechtigtem Stolz zum 20. Jahrestag unserer Deutschen Demokra tischen Republik das Fazit ziehen: „Noch nie hat es in Deutschland einen solchen Staat gegeben, der sich in derart umfassender Weise auf die demokratische Aktivität und Mitverantwortung von Mil lionen Bürgern stützen konnte.“«) 1) Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, Artikel 1 3) w. I. Lenin, Werke, Bd. 29, Berlin 1961« S. 409 3) Programm der Sozialistischen Einheitspartei . Deutschlands: in: Revolutionäre deutsche Partei- - Programme, Berlin 1964, S. 291/292 4) Thesen „20 Jahre Deutsche Demokratische Republik“, Neues Deutschland, 16. Januar 1969, S. 4 5) Beschluß des Staatsrates der DDR „Die Wei terführung der 3. Hochschulreform und die Ent wicklung des Hochschulwesens bis 1975“, Neues Deutschland, 5. April 1969, S. 5 6) Vgl. w. Ulbricht, Die weitere Gestaltung des gesellschaftlichen Systems des Sozialismus, Ber lin 1968, S. 79/80 7) Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik, Artikel 21 8) Thesen „20. Jahre Deutsche Demokratische Republik“, a. a. O. iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiii Bonn, 31. 3. 1969 (AON) Bonn s Forschungsminister Stol tenberg hat das im Bau befind liche argentinische Atomzentrum Atucha besichtigt. Zum Bau die ses Atomreaktors, der vom Sie mens-Konzern ausgerüstet Wird, hat die Bundesregierung dem ar gentinischen Militärregime Ende Vergangenen Jahres einen Kre dit von 100 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Westdeutsch land will Argentinien bei der Gewinnung und Nutzbarmachung seiner umfangreichen Uranerz- Vorkommen unterstützen, um sich so eine weitere Rohstoff quelle für seine aggressive Atom- Politik zu sichern. Sowohl die Bundesregierung als auch Argen- tinien gehören zu denjenigen Staaten, die den Atomwaffen sperrvertrag bisher nicht un terschrieben haben. Dortmund, 20. 3. 1969 (ADN) 1971 soll ein neues westdeut sches Atomzentrum — das dritte — den Betrieb aufnehmen. In Schmehausen, auf dem Gelände des Kraftwerkes Westfalen (Ver einigte Elektrizitätswerke Dort mund), soll in diesem Jahr mit dem Bau eines Thorium-Hoch temperaturreaktors begonnen Werden. Bonn, 19. 3. 1969 (ADN) - Die westdeutsche Regierung will den materiellen Aufwand für Forschung und technische UZ 19/69, Seite 7 BONN GREIFT NACH DER BOMBE O BONN GREIFT NACH DER BOMBE Entwicklung vor allem auf ato marem Gebiet von jetzt 3,8 auf 7,3 Milliarden DM im Jahre 1973 erhöhen, gab Forschungsminister Stoltenberg bekannt. Er betonte, daß vor allem in der Kerntech nik „konkrete Pläne“ bestehen, die Gesamtinvestitionen von 2,2 Milliarden DM ohne Forschung und Entwicklung vorsehen. London, 12. 3. 1969 (ADN) Die Entwicklung der Gas- Ultrazentrifuge zu einem im großtechnischen Maßstab einsetz baren Verfahren für die Ge winnung von angereichertem Uran soll jetzt durch die Zusam menfassung der in Westdeutsch land, Großbritannien und den Niederlanden vorhandenen For schungskapazitäten auf diesem Gebiet forciert werden. Zwischen diesen Ländern wurde am .März in London eine grundsätzliche Einigung über dieses Projekt ge troffen. Der Sitz der Leitung wurde nach Westdeutschland vergeben, das sich damit die Kontrolle über das gesamte Vor haben sicherte. Hierdurch wird im westeuro päischen Raum ein Forschungs potential für die Entwicklung der Ultrazentrifugentechnik ge schaffen, das dem amerikani schen auf diesem Gebiet min destens ebenbürtig, dem anderer Staaten wie z. B. Japan, Schwe den, Frankreich überlegen ist. Zugleich erhält damit West deutschland die Möglichkeit, die in den Partnerländern gesam melten Erfahrungen für eigene Zwecke nutzen zu können. Z ahlreiche solche Pressemeldungen gab es in den letzten Wochen. Zusam men mit der lauthals immer wieder verkündeten Weigerung Bonns, den Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen, gewinnen sie zunehmend an von Besorgnis diktiertem Interesse. Immer wieder wird gefragt, wie grojJ denn nun tatsächlich die Gefahr ist, daß Westdeutschland eigene Atom waffen herstellen kann. Nach verschiedenen Erklärungen von Prof. Fuchs, Prof. Steenbeck und anderen, daß Westdeutschland technisch in der Lage ist, das zu tun, veröffentlichten Ende des Vorjahres fünf führende Wissen schaftler der DDR ein „Wissenschaftlich-technisches Gutachten über die Schaffung von Voraussetzungen zur Produktion von Kernwaffen in der westdeutschen Bundesrepublik“: Prof. Dr. Max Steenbeck, Prof. Dr. Klaus Fuchs, Prof. Dr. Justus Mühlenpfordt, Prof. Dr. Karl Rambusc\ Prof. Dr. Karl F. Alexander. Um die recht häufigen Fragen zu beantworten, beginnt UZ heute mit dem Abdruck umfangreicher Auszüge aus diesem Gutachten, u. a. über Mittel und Kader, Vorkommen von Natururan, Anlagen zur Erzaufberei tung und Verarbeitung der Konzentrate, Reaktoren, Plutoniumerzeugung, Abtrennung, Herstellung von bombenreinem Plutonium usw. 1. Einleitung Bei der Beurteilung der Voraussetzungen für eine Produktion von Kernwaffen in Westdeutschland müssen die besonderen Bedingungen be achtet werden, unter denen sich Kernforschung und Kerntechnik in West deutschland entwickeln. Es ist zu erwarten, daß diese besonderen Bedin gungen zu anderen technischen Lösungen führen, als sie von den „alten“ Atommächten realisiert wurden. Die Entwicklung der friedlichen Kernenergetik baute in diesen Län dern auf den durch das militärische Programm geschaffenen Möglich keiten auf. Länder, die die Kernenergie primär zu friedlichen Zwecken nach öko nomischen Gesichtspunkten entwickeln, schaffen sich damit zwangsläufig auch bestimmte technische Voraussetzungen, die durch ein später anlau fendes militärisches Programm genutzt werden können. Das gilt insbeson dere dann, wenn das betreffende Land auf dem Kernenergiesektor eine, wenn auch beschränkte, Autarkie anstrebt. Bei der Analyse der Entwicklung in der Bundesrepublik sind die spe zifischen Gegebenheiten des Landes zu berücksichtigen. In der Bundes republik sind zwei Hauptrichtungen zu erkennen. Am weitesten fortge schritten ist der in enger Zusammenarbeit mit den Reaktorkonzernen der USA erfolgte Aufbau einer Industrie für den Bau von Leichtwasserreak toren (Siedewasserreaktoren der AEG und Druckwasserreaktoren von Siemens-Schuckert). Dieser Weg kann autark fortgeführt werden, bis auf die Lieferung des angereicherten Urans, das z. Z. nur aus den USA be ¬ zogen werden , kann. Der zweite Weg wird ebenfalls von Siemens- Schuckert mit Natur-Uran-Schwerwasser-Reaktoren verfolgt. Die aus der Zeit des zweiten Weltkrieges stammende Beherrschung des Natur-Uran- Marktes durch die USA, England und Kanada ist im Schwinden und die Bundesrepublik ist aktiv in dem Bestreben, sich ausländische Reserven zu sichern. Falls erforderlich, kann ein beschränktes Programm mit den Uranvorkommen der Bundesrepublik völlig autark durchgeführt werden. 2. Bemerkungen zum Stand der industriellen Entwicklung in der Bundesrepublik und zu den internationalen Be ziehungen Seit 1955 werden in der westdeutschen Bundesrepublik Arbeiten auf dem Gebiet der Kernforschung in größerem Ausmaß durchgeführt. Diese Forschungen werden durch umfangreiche staatliche Mittel gefördert. An lagen der Großforschung wurden von Bund und Ländern in Organisa tionsformen des Privatrechts errichtet, wobei die Tendenz deutlich erkenn bar ist, in steigendem Maße Forschungsinstitute in Bundeseigentum über zuführen (Kernforschungszentrum Karlsruhe, neuerdings auch Kernfor schungsanlage Jülich und Institut für Plasmaphysik in Garching). Grund lagenforschung, angewandte Forschung und technische Entwicklung sind häufig in diesen Institutionen zusammengefaßt. Damit erlangt die Bundes regierung größeren Einfluß auf die bedeutendsten Kernforschungszentren und hat größere Möglichkeiten zur Geheimhaltung. Viele Industriekonzerne sind an der Entwicklung und Produktion von kerntechnischen Ausrüstun gen beteiligt. Durch die Unterstützung der führenden Konzerne der USA auf dem Gebiet des Reaktorbaues wurde einigen Monopolen der Bundes republik ermöglicht, eine eigene Reaktorbauindustrie zu schaffen. Der Direktor für Wirtschaft bei der damaligen Euratom-Kommission, Dr. H. Michaelis, erklärte am 31. 3. 1965: „Während französische Einzel unternehmen kaum in der Lage sind, komplette Kernkraftwerke zu bauen, können die deutschen Reaktorbaugruppen entsprechende Arbeiten leisten.“ Gegen starke Konkurrenz aus den USA, Großbritannien. Frankreich und Kanada hat die Siemens AG den Auftrag zur Errichtung eines Kernkraft werkes mit Schwerwasser-Reaktor in Argentinien erhalten. Dieser Reaktor soll eine elektrische Leistung von 318 MW entwickeln; er stellt eine Weiter entwicklung des Mehrzweckforschungsreaktors (MZFR) dar. Dieser Auf tragserteilung gingen Verhandlungen auf Regierungsebene voraus. Wie der „Industriekurier“ vom 22. 2. 1968 mitzuteilen wußte, hatte die Bundes regierung eine Kapitalhilfe von 10 Prozent des Auftragvolumens zugesagt, wenn der Auftrag einer westdeutschen Firma zugeschlagen wird.