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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 13.1969
- Erscheinungsdatum
- 1969
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 39-2-77
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196900006
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- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 13.1969
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- Ausgabe Nr. 3, 16.01.1969 1
- Ausgabe Nr. 4, 23.01.1969 1
- Ausgabe Nr. 5, 31.01.1969, Sonderausgabe 1
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- Ausgabe Nr. 14, 27.03.1969 1
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- Ausgabe Nr. 23/24, 05.06.1969 1
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- Ausgabe Nr. 29, 10.07.1969 1
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- Ausgabe Nr. 32, 04.09.1969 1
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- Ausgabe Nr. 43, 06.11.1969 1
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- Ausgabe Nr. 46, 27.11.1969 1
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Band 13.1969
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M ächtige Kampfaktionen der Werktäti gen erschüttern Italien. 13 Millionen legten am 14. November aus Protest gegen die reaktionäre Sozialpolitik der christ lich-demokratischen Regierung Moro die Ar beit nieder, eine Aktion, wie sie Italien seit den Tagen der Resistenza nicht mehr erlebt hot. Eine qualitativ neue Erscheinung ist da bei nicht nur die Einheit der kommunistischen, sozialistischen und katholischen Gewerkschaf ten; auch die Solidaritätsaktionen der italie nischen Studenten für die streikenden Arbei ter datieren erst seit kurzer Zeit. Sie sind je doch heute aus dem Bild der Klassenausein andersetzungen in Italien nicht mehr wegzu denken. Parallelen zu den Maiereignissen in Frankreich bieten sich an; auch dort hatten die Studenten an der Seite der Arbeiter ge standen und zur Aktivierung ihrer revolutio nären Potenzen beigetragen. Was veranlaßt die italienischen Studenten, auf die Straße zu gehen und zusammen mit den Arbeitern zu demonstrieren? Studenten besetzen Universitäten Nachdem bereits 1966 die Studenten Roms mit der Besetzung ihrer Universität die Öffent lichkeit auf die autoritären Machtverhältnisse an den Hochschulen hingewiesen hatten, be gann mit der Besetzung der Turiner Univer sität am 27. November 1967 eine Protestwelle der Studenten gegen die reaktionäre Bil dungspolitik, undemokratische Verhältnisse an den Universitäten, überalterte Lehrmetho den und überholte und lebensfremde Bil dungsinhalte. Sie erfaßte im Januar die Ka tholische Universität in Mailand, die Pädago gische Hochschule von Pisa und die Universi tät von Florenz, deren Rektor Giacomo Devoto aus Solidarität mit den Studenten sein Amt niederlegte. Besetzungen der Universitäten von Trient, Venedig, Parma, Pavia, Neapel und Bari folgten. Während dieser Besetzungen, die oft Wo chen und Monate andauerten, arbeiteten die Studenten in endlosen Debatten ihre politi sche Linie aus, verfaßten Entschließungen, Ar beitspläne und Lösungsvorschläge für die an- Dr. Klaus Bochmann: Italiens Studenten an der Seite der Arbeiter ■■■■■■■ stehenden Probleme der Universitäten, fertig ten Flugblätter, Plakate und Zeitschriften an. Mitte Februar kam es zu einem Streik der As sistenten aller italienischen Hochschulen gegen die schleppende Behandlung des Hochschul gesetzes durch das Parlament. Im März schließlich bahnten sich die ersten Kontakte mit den Arbeitern an: zu Hunderten beteilig ten sich die Studenten Turins am Streik der FIAT-Arbeiter, ■ marschierten in den Demon strationen mit, standen Streikposten und tra fen erste Abmachungen mit den Gewerk schaften. Die Einheit zwischen Arbeitern und Studenten zeichnete sich in Pisa ebenso wie in anderen Universitätsstädten ab. Gleichzei tig verbreiterte sich die Kampfbasis der Stu denten immer mehr. Mit dem Beginn des neuen Schuljahres griff die Bewegung auch auf die große Masse der italienischen Ober- schüier über, denen sich häufig Lehrer und Eltern anschlossen. Der Kampf hält mit un verminderter Stärke an. Die Ursachen Worum geht es dabei? Niemand kann der studentischen Jugend noch vormachen, daß es lediglich einiger materieller Verbesserungen im Bildungswesen bedarf, um die aufgewor fenen Probleme zu lösen. Gewiß ist der ent setzliche Mangel an Lehrkräften und Schul räumen eine Ursache des Aufruhrs; Hörsäle und Klassenzimmer sind überfüllt, woran auch der vielfach durchgeführte Zwei- und Drei schichtenbetrieb nichts ändern kann. Allein in Rom fehlen 2000 Klassenzimmer. Der Haupt stoß der Studentenbewegung richtet sich je doch gegen den Klassencharakter des italie nischen Bildungssystems. Es ist offenkundig geworden, daß Schule und Universität dar auf hinarbeiten, die junge Generation zu Konformisten, zu Dienern des monopolkapita listischen Systems zu erziehen, daß sie den kritischen Geist der Jugend zu ersticken, statt ihn zu fördern suchen. Alle wichtigen gesellschaftlichen Probleme sind ebenso wie die Geschichte der letzten zwanzig Jahre seit der Zeit des Faschismus von den Bildungsstätten ferngehalten worden. Die Leitungsstrukturen der Universitäten und Hochschulen widerspiegeln mit ihrem hierar chischen Autoritarismus das Machtgefüge der spätkapitalistischen italienischen Gesellschaft: der rechtlosen Masse der Studenten und As sistenten steht die feudalistisch anmutende Macht der Rektoren, Dekane und Lehrstuhl inhaber gegenüber, die ihre Privilegien mit einer „Solidarität" verteidigen, die ihre Vor bilder bei der Mafia sucht. Hinzu kommen die Prinzipien der Auswahl im Bildungssystem: Lassen wir das Analpha betentum beiseite, dessen eine Wurzel, nac wie vor die Kinderarbeit ist, so bleibt Immer noch die Tatsache, daß nur 8 Prozent der Abiturienten Arbeiterkinder sind, von denen wiederum nur ein Teil die Hochschulen besu chen kann. Viele Hochschulabsolventen fin den keine Arbeit, die ihrem Ausbildungs niveau entspricht und müssen sich mit min derbezahlten Stellungen zufriedengeben. Die Herausbildung eines intellektuellen Proleta riats in einem Land wie Italien, in dem es noch weite unterentwickelte Zonen gibt, hat den Studenten mit erschreckender Deutlich keit die Grenzen der spätkapitalistischen Produktionsverhältnisse gezeigt, unter denen gewaltige Reserven an Produktionskräften brachliegen müssen. In entscheidendem Maße aber hat zur Ra dikalisierung der Studentenbewegung, zum Umschlagen des allgemeinen Unbehagens der Studenten in die politische Massenaktion, die Veränderung des internationalen Kräfte verhältnisses zugunsten der Kräfte des Sozia lismus und der Demokratie beigetragen. Viele Studenten berufen sich besonders auf den Kampf des vietnamesischen Volkes, der ihnen bewiesen hat, daß auch der mächtigste im perialistische Gegner geschlagen werden kann und daß auch innerhalb der imperia listischen Länder die werktätigen Massen nicht ohnmächtig der materiellen und geisti gen Manipulation durch die großen Mono pole und deren Staat unterliegen müssen. Von Cohn-Bendit bis Mao Die zunehmende Anziehungskraft der sozia listischen Ideen hat bewirkt, daß sich alle ideologischen Strömungen der italienischen Studentenbewegung mit geringen Ausnahmen auf Marx berufen. Bei näherem Hinsehen er weist es sich jedoch, daß in dem Gewirr von anarchistischen und kleinbürgerlich-radikalen Gruppierungen der Boden für eine marxistisch- leninistische Orientierung recht knapp bemes sen ist. Aspekte der chinesischen „Kultur revolution", Ideen von Marcuse und Cohn- Bendit, schematische Übertragungen der stra tegischen Ansichten „Che" Guevaras auf die italienischen Verhältnisse beherrschen große Teile der Bewegung. Es mehren sich deshalb in der KPI die Stimmen derer, die dafür eine ungenügende Auseinandersetzung mit solchen Ideen durch die Partei sowie das Fehlen einer eigenen überzeugenden politisch-ideologi schen Alternative der KP für die Studenten bewegung verantwortlich machen. Giorgio Amendola weist im theoretischen Organ der KPI „Rinascita" vorn 7. Juni 1968 auf die Schwächen der Parteiarbeit hin, die zu den extremistischen und anarchistischen Positionen eines großen Teils der Studenten geführt hätten, die ihrerseits auf die Arbei terbewegung überzugreifen drohten. Er sieht die Ursachen für diese Erscheinungen darin, daß die Partei lange Zeit ihre ideologischen Flanken dem Gegner unbedeckt zum Angriff geboten hat, indem sie den Kampf weder ge gen den sozialdemokratischen Opportunismus noch gegen linkes Abenteurertum mit der nötigen Konsequenz geführt habe. Obwohl z. B. die Bücher von Marcuse in hohen Auf lagen in Italien verkauft worden sind, habe es keine theoretisch-fundierte Zurückweisung seiner Ideen durch die Partei gegeben. So steht die italienische Studentenbewe gung nach einem Jahr leidenschaftlichster ideologischer Auseinandersetzungen vor der Tatsache, daß es zwar in der Einschätzung der spätkapitalistischen Gesellschaftsordnung einen relativ einheitlichen Standpunkt gibt, in der Einschätzung des Grundwiderspruches unserer Zeit und des Verhältnisses zur Arbei terklasse und ihren Kampforganisationen je doch tiefe Divergenzen bestehen, was sich eindeutig auf die Organisiertheit und die Re sultate des studentischen Kampfes auswirkt. Linksradikale Gruppierungen, die ihr Sprachrohr in Publikationen mit revolutionär klingenden Namen (Potere Operaio, Classe Operaia, Classe e Stato, Quaderni Rossi usw.) haben, behaupten, die italienische Arbeiter klasse habe keine echte Interessenvertretung in ihren Parteien und Gewerkschaften mehr, da diese „in das System integriert" seien. Al lein die Studenten als „äußere", „nichtinte- grierte" Elemente seien in der Lage, die revo lutionären Potenzen der Volksmassen zu wecken. Sie hätten die Aufgabe, die Hege monie der Arbeiterparteien über die Werk tätigen zu brechen und unter Umständen so gar selbst eine revolutionäre Partei zu schaf fen.- Es ist klar, daß diese ideologische Fehl orientierung, die die führende Rolle der Ar beiterklasse und ihrer marxistisch-leninisti schen Partei in der gesellschaftlichen Ausein andersetzung völlig ignoriert, auf die Diskri minierung der Kommunistischen Partei und auf die Spaltung der kommunistischen und Arbeiterbewegung in Italien wie im interna tionalen Rahmen abzielt, zumal sie häufig einhergeht mit einer antisowjetischen Hal tung und der theoretischen Aufhebung der gesellschaftlichen Unterschiede zwischen den sozialistischen und den kapitalistischen Län dern in einer sogenannten „Industriegesell schaft" im Sinne der Konvergenztheorie. Echtes Bündnis mit den Arbeitern Die Hauptströmung der italienischen Stu dentenbewegung jedoch begreift sich heute als ein Teil der gesamten demokratischen und sozialistischen Bewegung und strebt deshalb das Bündnis mit den Parteien der Arbeiter klasse und den Gewerkschaften an. Es hat sich bei den meisten Studenten der Stand punkt durchgesetzt, daß der Kampf um De mokratie in den Schulen und Universitäten ein wirksamer Beitrag zur Demokratisierung aller gesellschaftlichen Bereiche ist, wenn er mit den Aktionen der italienischen Arbeiter bewegung verbunden wird. Im gemeinsamen Kampf der Arbeiter und Studenten auf den Straßen und in den Betrieben, in neuen For men der Zusammenarbeit, wie sie z. B. die venezianischen Architekturstudenten bei Un tersuchungen zum Bauzustand des Arbeiter viertels Giudecca oder die Medizinstudenten bei Untersuchungen der hygienischen Zu stände in den Fabriken erprobten, festigt sich das Kampfbündnis. Spontanität ist jedoch nach wie vor die Hauptschwäche der Bewegung. Nur zögernd können die kommunistischen Studenten ihrer» Standpunkt durchsetzen. Die KPI als die ein zige Partei, die von den Studenten neben der weniger starken PSIUP als ernsthafter Diskus sionspartner anerkannt wird, war eingestan denermaßen vom Ausmaß, dem Kampfgeist und der Tragweite der Forderungen der stu dentischen Bewegung überrascht worden. Die Forderungen der Studenten übertrafen in ih rer Konsequenz bei weitem das, was der 1965 von der Parlamentsfraktion der KPI einge brachte Entwurf zu einem Hochschulgesetz zu bieten gehabt hatte. Die von manchen Par teiführern vertretene Auffassung von der „avantgardistischen" Rolle der Intelligenz hin derte die KP außerdem daran, sich an die Spitze des Kampfes der Studenten zu stellen und diesen organisch in den der italienischen Arbeiterklasse einzufügn. Inzwischen ist die italienische Regierung nicht untätig gewesen. Mit Zuckerbrot und Peitsche, mit der Versprechung einer „Mini- reform", wie sie die Studenten nennen, und mit der Aufstellung von Spezialeinheiten zur Bekämpfung von Studentenunruhen, die u. a. mit Bulldozern ausgestattet worden sind, ver sucht sie der Lage Herr zu werden. Die Poli zei verprügelt, verhaftet oder registriert die demonstrierenden Studenten und Schüler. Sie schneidet ihnen die Bärte und langen Haare ab. Das ist zweifellos auch eine Methode, sich mit den Köpfen der jungen Leute abzugeben'. Aber damit werden die Probleme nicht ge löst. Dennoch mußten hier und da die Stu dentenversammlungen als Gegengewicht zu den akademischen Behörden anerkannt wer den, und verschiedene Auswüchse des akade mischen Autoritarismus wurden beseitigt. Eine weitere Zuspitzung der innenpolitischen Krise kann sich die italienische Monopolbour geoisie nicht leisten. Größere Erfolge der Studentenbewegung werden jedoch davon ob- hängen, in welchem Maße sich die akademi sche Jugend einheitlich organisiert und die italienischen Kommunisten dabei die Führung übernehmen werden. Westdeutsche Studenten fordern Rüstungsmilliarden für Bildung In Münster, Köln und Düsseldorf gingen mehr als 3600 Pädagogik-Studenten auf die Straße, um auf den Ausbildungsnotstand an der Hochschule aufmerksam zu machen. Für insgesamt 18 889 Studenten an den Lehrerausbildungsstätten Nordrhein-West falens gibt es nur 449 hauptamtliche Lehr kräfte. Ein Professor hat bis 1300 Studen ten zu betreuen, Seminare für 20 Personen werden von durchschnittlich 500 Hörern besucht. Als in Verhandlungen mit den zu ständigen Behörden des Landes die Forde rung nach Erhöhung der Planstellen abge lehnt wurde, weil „das notwendige Geld fehlt“, verwiesen die Lehrerstudenten in einem Flugblatt auf die hohen Rüstungs kosten: „Der Bund gibt in den nächsten vier Jahren 84 Milliarden für die Rüstung aus. Schon Bruchteile davon würden hel fen, nicht nur uns — vor allem Ihren Kin dern.“ Große Aufmerksamkeit fand auch ein Flugblatt der neuen Partei „Aktion Demo kratischer Fortschritt“, in dem es heißt: „Hauptposten des Bundeshaushaltes in den nächsten Jahren sind 84 Milliarden DM Rüstungskosten. Die Frage nach der Be wältigung des Bildungsnotstandes stellt sich daher als Frage nach zukunftsorien tierter und demokratischer Haushaltspla nung und nach drastischer Kürzung des Rüstungshaushaltes und einer entsprechen den Politik der Entspannung. Die Lösung dieser Frage verlangt breite Initiative. Sie verlangt Aktionen und Einflußnahme auf die Politik.“ UZ 1-2/69, Sehe 12 ■ gsäescm Tot - auch ohne Totenfeier In den vergangenen Dezember fiel der 20. Jahrestag der Gründung der „Freien“ Uni versität Westberlin-Dahlem. Wir hielten das für belanglos — bis wir in Westberlins Presse diese Bemerkung lasen: „...liegt nicht der geringste Grund vor, dieses eigentlich be langlose Ereignis zu feiern.“ Dazu die sach liche Notiz, daß tatsächlich keine Jubiläums feierlichkeiten oder wenigstens -Veranstal tungen oder irgend sonstwas stattfinden. Und dieses Gefühl der Belanglosigkeit für ihre eigene Schöpfung, das Westberlins Herr schaften befallen hat, macht die Sache für uns nun doch interessant. Nur des besseren Verständnisses halber ein paar Worte zur Geschichte jener Belang losigkeit: Nach dreijährigen vergeblichen Versuchen, die Humboldt-Universität Unter den Linden als Brückenkopf der Ideologie und des Machteinflusses des Imperialismus zu er halten, gründeten die entlarvten Aufwiegler demonstrativ eine neue Universität im We sten der Stadt — der Unterstützung der Front stadtpolitiker von damals wie der West mächte versichert. Sie gaben ihr genau so de monstrativ den Namen „Freie" Universität. Da die Zusammensetzung der Studenten schaft, die Zielrichtung der Universität da mals klarer war als an irgendeiner anderen westdeutschen oder Westberliner Universität, bekamen die Studenten auch ein paar Rechte mehr als die anderswo: das vielgerühmte „Berliner Modell" entstand — und funktio nierte, bis sich die Studenten der ihnen zu gesprochenen Rechte plötzlich nicht mehr nur gegen die DDR, sondern gegen das eigene „establishment" bedienten. Kurz gesagt: Nach leichteren Erschütterungen wird das Westber liner Modell seit eben 1965 von den Front- stadtpolitikern im Senat Westberlins und im Akademischen Senat, nicht zu vergessen die Springer-Presse, sukzessive diffamiert und ab gelehnt. Das auch ist der tatsächliche Grund für die Absage jeglicher Feier: „Wir wollen doch keine Totenfeier", meinte ein Vertreter der Universität resignierend. Die Besinnung auf die Worte, mit denen man 1948 angetreten war, würde deutlich ma chen, wie tendenziös und undemokratisch sie wirklich gemeint waren. Mehr noch: Die da bei unvermeidliche betonte Gegenüberstel lung von Dahlemer Universität und Humboldt- Universität könnte nur zu einer Werbe- und Propagandaveranstaltung für das Hochschul wesen der DDR werden, denn so formulierte Gründungsrektor Redslob „die Forderung un serer Gründung" und zwar „im Gegensatz zu der vom Osten her dirigierten Unterordnung von Forschung und Lehre unter das Macht gebot des Staates und seiner Funktionäre": Die neugegründete Universität solle entspre chend „dem Streben nach einer freiheitlichen Entwicklung und der Einsicht, daß die verant wortungsvolle Beteiligung an den Lebensfra gen der Universität zur Ausbildung der Stu dierenden gehört." Sie gehört tatsächlich — allerdings Unter den Linden. rom VERSCHWÖRER. Unter äußeren Um ständen, wie man sie sonst nur bei Ge heimsitzungen illegaler Verschwörerzirkel kennt, fand am Montagabend in der Medi zinischen Fakultät in Homburg/Saar die entscheidende Sitzung des Konzils der saarländischen Landesuniversität statt. Die für 17 Uhr anberaumte Veranstaltung war 15 Minuten vor Beginn von Saarbrücken nach Homburg verlegt worden, und zwar wegen des begründeten Verdachts,/daß radikale Studentengruppen versuchen wür den, die Sitzung zu sprengen, die Mehrzahl der Professoren fuhr in zwei Omnibussen nach Homburg. („Handelsblatt“) * Was diese Universität für das ostdeut sche Kultur- und Geistesgut und die Ver ständigung mit den Nachbarvölkern im Osten geleistet habe, stehe im umgekehr ten Verhältnis zu dem, was die Sudeten- deutschen zu ihrer Gründung beigetragen haben. („Süddeutsche Zeitung“) Als ob die Regensburger allein daran schuld sind, daß es mit der CSSR nicht ge klappt hat! * Der neue Ordinarius für Publizistik an der „Freien“ Universität Westberlin, Pross, erklärte, daß er nicht bereit sei, „sich als Arbeitnehmer ausbeuten zu lassen“. („Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und viele andere) Wir sagen’s ja schon immer, daß in Westdeutschland ausgebeutet wird, aber die westdeutsche Presse? Blind vor Wut, weil’s hier gegen Studenten geht, merken sie gar nicht, wie sie ihr Sozialpartnerbild demolieren. Zitate : zitate . zitate Heinrich Heine und die Philister An Heinrich Heine scheiden sich auch heute noch die Geister, wie der Streit um den Namen der neu be gründeten Düsseldorfer Universität beweist. Zwar sind weiland Treitsch- kes oder auch Hofpredigers Stöcker allgemein disqualifizierten Argu mente aus dem Denkmalstreit der achtziger Jahre — „Schmutzfink im deutschen Dichterwalde“ — nicht mehr im Gebrauch. Man hat sich schließlich zivilisiert. Aber die Düs-: seldorfer Universität Heinrich-Hei ne-Universität zu nennen... Da bemüht man „die Unterstüt zung absolutistischer Tendenzen mit der Verleihung von Namen einzel ner Männer“ oder ganz modern den „Personenkult“. Andere fühlen sich in die Nachbarschaft des Bücher handwerks versetzt, wenn es neben den Schiller-Locken eine Heine-Uni versität gäbe (ernsthaft! behaupten sie jedenfalls). Auf das entscheidende Argument der Befürworter der Heinrich- Heine-Universität, er gehöre „zu den geistigen Mitbegründern der deut schen Demokratie“, ging bisher kei ner ein, womit spätestens alles an dere als Vorwand qualifiziert ist. Wahrscheinlich war Heines Demo kratie doch nicht, die richtige Sorte für die westdeutschen Herren. bius
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