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M arkt b e r i c h t. Den 28. Januar 1883. Der Markt für die Producte der Montanindustrie in Rheinland und Westfalen und den benachbarten Bezirken befindet sich bereits seit einiger Zeit in eigenthümlicher Lage. Die sogenannte grofse Eisen industrie, welche sich vorzugsweise mit der Herstel lung von Eisenbahnmaterial beschäftigt, hat nach wie vor reichlich Aufträge verzeichnet und arbeitet daher mit voller Kraft. Dieser Umstand mag in erster Reihe dazu beitragen, dafs sich die Preise der Roh materialien auf einer Höhe erhalten, die zu der augenblicklichen Lage anderer Zweige der Eisen industrie in ungünstigem Verhältnifs stehen. Obgleich im Oberbergamtsbezirk Dortmund im Jahre 1882 2 230882 t Kohlen mehr gefördert worden sind als im Vorjahre, so ist diese erhebliche Mehrproduction doch glatt zu lohnenderen Preisen abgesetzt worden. Im IV. Quartale 1882 betrug der Werth der Tonne Kohlen im Durchschnitt 4,66 gegen 4,59 im ent sprechenden Quartal des Vorjahres. Die Kohlenpreise haben sich mit geringen Schwankungen bis jetzt auf ihrer Höhe gehalten. Von ganz besonderem Einflufs auf unsere Eisenindustrie ist jedoch der dauernd hohe Stand der Preise, welche für Kokes angelegt werden müssen. Auf diesen Preis wirkt in erster Reihe die dem Anschein nach fest geschlossene Vereinbarung der Koksproducenten, in erheblichem Mafse aber wohl der Umstand, dafs die deutschen Koks in immer gröfseren Quantitäten nach Belgien und Frankreich gehen. Ob die Kokspreise eine wesentliche Aenderung erfahren werden, wenn die in der Ausführung be griffenen umfangreichen Neuanlagen in Betrieb gelan gen werden, läfst sich heute noch nicht übersehen. Auf der andern Seite sind die Händler und Con- sumenten für alle Sorten,Handelseisen durch die Be richte über die flaue Lage des Eisenmarkts in Eng land und Amerika bereits seit längerer Zeit veranlafst worden, so viel als möglich mit ihren Aufträgen zurückzuhalten. Dieses Verhalten ihrer Abnehmer hat manche ängstlich gewordene Producenten bewogen, nicht unerhebliche Preisconcessionen zu machen. Andere Fabricate, wie beispielsweise Eisendraht, haben durch Aenderungen der Auslandszölle, mindes tens für den Augenblick, eine Verschiebung ihrer Absatzverhältnisse erlitten, und somit ist für Eisen- fabricate ein Mifsverhältnifs zu den Roheisenpreisen eingetreten, deren Höhe jedoch lediglich durch die hohen Preise der Rohmaterialien bedingt wird. Denn zu diesen Preisen haben sich die Roheisenproducenten für einen erheblichen Theil des laufenden Jahres decken müssen, es ist daher natürlich, dafs sie min destens für diejenigen Sorten, deren Preis, wie beim Qualitätspuddeleisen, nicht wesentlich vom Auslande beeinflufst wird, die Notirungen aufrecht zu erhalten suchen. Nun aber ist es kein Geheimnils, ‘dafs die Lager der Händler so gut wie geräumt sind, und dafs die selben nicht mehr lange in der Lage sein werden, ihre Aufträge zurückzuhalten. Ferner ist es eine be kannte Thatsache, dafs nach einer, schlechten Jahren folgenden, reichen Ernte, wie solche ganz besonders in den Ostprovinzen gemacht worden ist, der Früh jahrsbedarf der Landwirthschaft aufserordentlich grofs ist; denn die, wegen fehlender Mittel vernachlässigten Ackergeräthe werden ergänzt, oder durch neue ersetzt und auch Reparaturen und Neubauten werden in An griff genommen. Der gute Gang der anderen Industrieen , besonders der Textil- und der chemi schen Industrie, und die damit im Zusammen hang stehende lebhafte Thätigkeit der Maschinen fabriken mufs naturgemäfs auch auf den Consum von Handelseisen einwirken. Somit deuten alle, mit einiger Sicherheit zu über sehenden Verhältnisse darauf hin, dafs die Nachfrage für Handelseisen bald wieder, und vielleicht in recht dringlicher Weise hervortreten und die ängstlichen Gemüther beruhigen wird. Dann werden sich auch die Inconvenienzen ausgleichen, welche in der That heute vorhanden und durch die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse geschaffen sind, welche jetzt die ein zelnen Zweige unserer Montanindustrie beherrschen. Für Koks haben sich die Preise gehalten, wenn gleich in einzelnen Fällen, wo Contracte sich in zweiter Hand befinden, billiger angeboten wird. Für Kohlen trifft auch heute noch zu, was wir in un serm letzten Marktberichte sagten; die Preise für sofortige Lieferungen sind fest, geben jedoch für längere Abschlüsse nach. Kokskohlen bedingen 5,20 bis 5,80 Flammkohlen für augenblickliche Lieferun gen 5,80 • bis 6,00 •(, während für Jahrescontracte zu 5,60 • bis 5,80 anzukommen ist. Ueber die Lage des Eisensteingeschäfts im ablaufenden Monat kann gleichfalls wiederholt werden, was wir in unserm letzten Berichte sagten; das Ge schäft ruht fast gänzlich und Käufe werden höchstens für den nothwendigsten augenblicklichen Bedarf ab geschlossen. Die Preise sind daher, wenn sich eine weichende Tendenz auch nicht verkennen läfst, in der Hauptsache als nominell zu betrachten. Für prima gerösteten Spateisenstein wird in maximo 15 K be zahlt. Spanische Erze wurden zu 181 f. o. b. Rotter dam angeboten. Im Roheisengeschäft herrschte fortgesetzt Stille. Inländisches Bessemereisen ist bei den nie drigen Preisen des englischen Eisens, ohne Verlust zu erleiden, nicht mehr zu produciren. Die Siegerländer Werke fordern 62,5 bis 64 • ab Werk. Die Ten denz des englischen Marktes ist noch immer recht flau. Wenngleich seit unserm letzten Bericht im allgemeinen ein weiteres Weichen der Preise nicht stattgefunden hat, so ist doch ein lebhafteres Geschäft nirgend zu constatiren. Westküstbrände stellen sich durchschnittlich auf 52,6 bis 53 sh. nett cash cif Westküste; einzelne begünstigte Consumenten dürften sogar noch etwas billiger kaufen. Die Werke der Ostküste bieten zu 59 bis 60 cif Rotterdam an. Die Nachfrage nach Spiegeleisen im Auslande ist sehr gering. Qualitätspuddeleisen geht im Verhält nifs noch am besten ab und wird die beschlossene Einschränkung der Production um 15 ° o die Markt lage unzweifelhaft günstig beeinflussen. Die Preise für Gi efsere ir ohe isen haben sich, trotz etwas schwächerer Nachfrage und trotz der rückgängigen Bewegung des Marktes in Glasgow erhalten, wie denn überhaupt die von den Conventionen für die ver schiedenen Sorten Roheisen festgestellten Preise un verändert geblieben sind. Der Markt für deutsches