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Januar 1883. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 1. 11 gute Contraclion ohne Herabminderung der Festigkeit zu erreichen ist, haben verleiten lassen, von diesem Mittel Gebrauch zu machen, ohne an die Garantie zu denken, welche trotz aller hochpein lichen Prüfung auf Contraclion den Fabricanten für alle Fehler verantwortlich macht, welche sich beim Gebrauch im Betriebe an seinem Fabricate finden und welche in einzelnen Fällen wenigstens nachgewiesenermafsen in der Art der Prüfung ihre Begründung gefunden haben. Es ist zu bedauern, dafs der Fabricant aus geschäftlichen Rücksichten gezwungen ist, mit seinen in dieser Beziehung gemachten Erfahrungen die Oeffentlichkeit zu meiden. Es wird uns durch diese unabweisbare Nothwendigkeit der Zugang zu manchem Beobachtungsmaterial abge schnitten, welches, richtig verwerthet, zur Klarstellung vieler noch dunklen Fragen in weiteren Kreisen dienen würde. Es. ist hier nicht der Ort, um mich auf das Gebiet der sogen. Fabrications-Geleimnisse weiter einlassen zu können; ich will aber doch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dafs nach vielfach gemachten Erfahrungen ein Phosphorgehalt, der bei Schlagproben schon unheilvoll wirkt, neben ausreichender Festigkeit eine Contraclion ergiebt, welche den Wöhlerschen Zahlen mit grofser Regel- mäfsigkeit genügt. Wie ich eingangs meines Vortrages schon hervorgehoben habe, besteht zwischen der Wirkung, welche die ruhige, allmählich zunehmende Belastung auf ein Material ausübt und der, welche durch den plötzlichen Schlag erzeugt wird, ein so wesentlicher Unterschied, dafs die Beziehungen zwischen beiden Probe-Arten nur als beschränkte zu bezeichnen sind. Die Erklärung hierfür liegt auch nahe. In dem einen Falle haben die Molecüle Zeit, der auf sic wirkenden Kraft nachzugeben und durch Aenderung ihrer Lagerung eine Aenderung der äufseren Form des geprüften Gegenstandes zuzulassen; im andern Falle wirkt die Kraft plötzlich und mit voller Wucht, und die Constitution des Materials mufs eine derartige sein, dafs sie in erster Reihe dieser Beanspruchung zu widerstehen vermag, wobei allerdings zu beachten ist, dafs auch hierbei eine Formänderung, also eine gewisse Beweglichkeit der Molecüle erforderlich ist, indessen, wie durch Rechnung nachzuweisen ist, bei weitem nicht in dem Grade wie bei den Zerreifsproben, besonders wenn bei denselben der Contraction eine so grofse Rolle zugewiesen wird, wie es durch Herrn Wöhler geschehen ist. Um den Unterschied in den Wirkungen auf Dehnung und Contraclion bei einer ruhigen, all mählich steigenden Belastung und bei Spannungen zu constatiren, denen das Material plötzlich aus gesetzt wird, brauche ich nur daran zu erinnern, wie intensiv eine ungeschickte Handhabung der Zerreifsmaschine oft auf die Resultate der Zerreifsproben wirkt. Es war meine Absicht, dieses ja allgemein bekannte Factum durch eine Reihe von Proben zu veranschaulichen, welche abwechselnd einmal mit der Zerreifsmaschine auf die gewöhnliche, vorsichtige Weise behandelt waren und bei denen das andere Mal annähernd die volle, zum Bruch des Stabes erforderliche Kraft plötzlich auf ihn einwirkt. Es werden diese Versuche, vorzüglich wenn sie mit verschieden stark verarbeitetem Material angestellt werden, unzweifelhaft interessante Resultate zu Tage fördern. — Die gewöhnlichen Zerreifs- maschinen sind dazu aber nicht zu gebrauchen, da es mit denselben nur möglich ist, die Belastung allmählich steigend zur Wirkung zu bringen, und die Zeit reichte nicht aus, um geeignete andere Vorrichtungen für die Proben fertig zu stellen. Ich behalte mir aber vor, diesen Gegenstand weiter zu verfolgen, und hoffe, demnächst in der Lage zu sein, Ihnen die Resultate der Versuche unterbreiten zu können. Herr Bauschinyer kommt nun bei seinen weiteren Untersuchungen zu dem Schlufs, dafs auch die Dehnung als ein zuverlässiges Kriterium für die Beurtheilung eines Materials nicht anzusehen ist und eine nur oberflächliche Betrachtung der von mir vorgeführten Resultate, durch welche der Nachweis geführt ist, dafs die Dehnung mit zunehmender Verarbeitung des Materials abnimmt, könnte zu der Annahme führen, dafs die beiderseitigen Ermittelungen zu demselben Resultate geführt haben. Dem ist aber nicht so — vielmehr ist durch meine Untersuchungen, wenn man den wohl unbestrittenen Satz gelten läfst, dafs die Widerstandsfähigkeit des Materials gegen Schlag- und Stofs- Wirkungen durch die Verarbeitung des Materials zunimmt, nur der Beweis geführt, dafs für diese Art der Beanspruchung die Dehnung als Kriterium für die Qualität nicht genügt, bezüglich der ruhigen Belastung dagegen ist ein, allerdings auch vorher schon bekanntes Gesetz constatirt, welches, wie früher schon erwähnt, für den Constructeur insofern grofsen Werth hat, als er in der Lage ist, unter Berücksichtigung der obwaltenden Umstände, sich für seine Construction ein Material auszuwählen, welches entweder bei starker Dehnungsfähigkeit schwächere absolute Festigkeit oder umgekehrt hohe Festigkeit bei schwacher Dehnung aufweist. Die Untersuchungen des Herrn Bauschinger haben aufserdem den Nachweis geliefert, dafs die Dehnung bei den Zerreifsproben von bei weitem weniger Zufälligkeit abhängig ist . als die Con- traction — ein Umstand, auf den auch von unserer Seile früher schon wiederholt hingewiesen ist. Es ist, theils aus diesem Grunde, theils weil, im Gegensatz zu den ewigen Widersprüchen,