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die geringste Zusammenballung und kein Absatz der hartnäckig suspendirt bleibenden Schmiere substanz ein. Die Möglichkeit eines Absatzes und Anhaftens der verdächtigten Substanz im Kessel erscheint demnach überhaupt ausgeschlossen und würde andernfalls bei der geringen Menge und geringen Reactionsfähigkeit jener doch nicht in Betracht kommen. Für die Erklärung der merkwürdigen Corro- sionserscheinungen können mithin lediglich in Wasser gelöste gasförmige Agentien in Anspruch genommen werden — also in erster Linie Luft resp. Luftsauerstoff und etwa noch Kohlensäure, und in zweiter — Wasserstoff. Letzterem nämlich mufs in bezug auf die mechanische Bildung und Beschaffenheit der »pilzartigen« Gebilde die wichtigere Rolle zugeschrieben werden. Es ist Jedermann bekannt, „dafs Eisen, mit einer dünnen Lage von Wasser bedeckt und der Luft dargeboten, sich in Oxydhydrat verwandelt, indem es den vom Wasser absorbirten Sauerstoff der Luft aufnimmt und sich als Oxyd mit einem Theil des Wassers verbindet“. (Ich citire hier ungefähr wörtlich aus Gmelins Handbuch.) „Befindet es (Eisen) sich unter einer höheren Schicht, der Luft dargebotenen, Wassers, wo also die Uebertragung des Sauerstoffs aus der Luft durch das Wasser auf das Eisen langsamer erfolgt, so bildet sich schwarzes Oxydoxydul- hydrat, indem das langsam entstehende Oxyd hydrat das Eisen disponirt, sich durch Wasser zersetzung in Oxydul zu verwandeln, mit welchem sich das Oxyd vereinigt.“ (Wöhler.)* Für die unerwünschte Bildung des Eisen- oxydoxydulhydrates als solchen waren oder sind im Dampfkessel resp. in Bouilleurs u. a. Vor wärmevorrichtungen dieselben Bedingungen ge geben wie bei der absichtlichen Darstellung des ehedem officinellen »Aethiops martialis«, den die alten Pharmaceuten erhielten, indem sie Eisenoxyd und gepulvertes metallisches Eisen einige Zeit mit kochendem Wasser in offenen Gefäfsen behandelten, und das unter Wasser stoffentwicklung gebildete Hydroxyd in nicht zu starker Wärme trockneten; letzteres, um die Weiteroxydation (zu Oxydhydrat) zu verhüten. Der vorhin erklärte chemische Vorgang erklärt zugleich die mechanische Entstehung der durch ihre sonderbare Form ausgezeichneten Gebilde: Wie sich durch Umhüllung von Flüssigkeitstropfen mit staubförmigen Körpern aus diesen bestehende Kugeln bilden können, so können sich solche auch bilden durch Umkrustung von Gasblasen. Dafs ein Fall solcher Art hier vorliegt, darüber läfst der Augenschein ebensowenig Zweifel, wie die vorhin besprochene Analogie darüber, dafs * Ich übergehe hier die doch nur nebenbei — wenn überhaupt — in Betracht kommenden Momente, wie Oberflächenbeschaffenheit des Eisens, abweichen des Verhalten verschiedener Eisenarten u. s. w. es Blasen von Wasserstoff gewesen sind, welche die Entstehung der »pilzartigen« Gebilde schliefs- lieh veranlafst haben. Die von der Kugelgestalt mehr oder weniger abweichende Form derselben und die excentrische Stellung der Stiele, welche von den eingefressenen Löchern ausgeben, ist im Weiteren unschwer erklärbar. Das Haftenbleiben der sich stetig vergröfsernden Blasen überhaupt setzt selbstverständlich einen sehr geringen Grad von Bewegung der Wassermasse voraus, eine Bedingung, die bei der langsamen Anwärmung des Wassers in den Bouilleurs ja gegeben ist. Die augenscheinliche Längszerrung und damit nothwendig verbundene Abplattung der Blasen andererseits hat das Statthaben einer Bewegung — und zwar einer einseitigen Strömung — zur Voraussetzung, und eine solche Strömung findet ja auch statt. Der leitende Techniker der Kesselanlage, welcher mir Gelegenheit und Veranlassung zu meiner Untersuchung gegeben hat, machte von deren Ergebnifs kurzer Hand derart Gebrauch, dafs er, und zwar mit vollem Erfolg, die Speisung in die Oberkessel verlegte, wo nunmehr rasche Entlüftung des Wassers erfolgte. Damit freilich hörten die Bouilleur-Kessel auf, als solche zu functioniren, aber der Calcul war insoweit wohl der richtige, als die Kosten des Mehrverbrauchs an — im vorliegenden Falle — billiger Kohle durch Minderverbrauch an Kesselmaterial minde stens ausgeglichen waren. II. Vorstehendes war bereits druckfertig nieder geschrieben, als ich von einem gleichartigen Vor- kommnifs Kunde erhielt, über welches mir von einer rheinischen Kesselfabrik unter gleichzeitiger Zusendung eines Rohrstückes aus einem Vor wärmer das Folgende mitgetheilt wurde. 1. „Die Rohre sind etwa zwei Jahre in Be- „nutzung gewesen. 2. „Die mittlere Temperatur des umgebenden „Wassers mag 60 0 G., die höchste 80 bis „90 0 G. betragen haben. 3. „Das Speisewasser war nach bestimmter Ver- „Sicherung ausscbliefslich Ruhrwasser. — „Die an den Röhren auftretenden Gebilde „haben ganz ähnliche Gestalt wie die uns „vorgelegten. Von den hier noch liegenden „Röhren, an denen dies zu sehen ist, würden „aber die Gebilde auf dem Transport vor- „aussichtlich abgestofsen werden.“ An dem gesandten Rohrstück waren sozusagen die ergänzenden Erscheinungen zu den vorbe schriebenen »pilzartigen« Gebilden zu beobachten : zahlreiche, der Mehrzahl nach eirunde Löcher, theilweise noch mit Eisenoxydoxydulhydrat aus gefüllt, an vielen Stellen totale Perforation der 4 mm starken Rohrwandung.