Volltext Seite (XML)
moderne Flotte für ihre Bemannung, ihre Bewaffnung und nicht zum kleinsten Theile für ihre Motoren unmittelbar zur Hand haben mufs, wenn ihr die gröfstmöglichste Schlagfertigkeit und Beweglichkeit gesichert bleiben soll. 1. Die Kaiserliche Werft umschliefst eine Fläche von nahezu 61 ha, wovon zur Zeit 72000 qm mit Gebäuden bedeckt sind, bis zum vollendeten Ausbau aber wohl mehr als 80000 qm überbaut sein werden. Sie zählt mit ihren beiden, 10 m tiefen grofsen Bassins, den anschliefsenden 4 Trockendocks, dem Holzhafen, dem Schwimmdock, den 3 Hellingen und dem seiner Fertigstellung entgegengehenden Torpedobootshafen zu den grölsten und besteingerichteten Marine-Etablissements Europas. An Ausdehnung wird sie nur von der Werft in Wilhelmshaven, von den französischen Werften in Toulon und Cherbourg, von denen die erstere nahezu, die letztere etwas mehr als 100 ha bedeckt, sowie von der grofsartigen italienischen Werft in Spezia übertroffen. Diese mit einer Ge bäudegrundfläche von 160 000 qm, 10 Trockendocks und 9 Hellingen ist die grofsartigste aller Kriegswerften. Am nächsten steht ihr Cherbourg mit 120000 qm bebauter Fläche, 8 Trockendocks und 11 Hellingen. Keine einzige englische Werft erreicht augenblicklich den Umfang der Kieler, selbst die gröfste in Portsmouth besitzt trotz ihrer neueren Ver- gröfserung nur eine Fläche von 46 ha, und die beiden vereinigten Werften von Davenport und Keyham bleiben mit zusammen 57 ha hinter Kiel zurück. Für die Herstellung und den Ausbau der Kaiserlichen Werften sind durch den Flottengründungsplan von 1873 und spätere Etats zusammen etwa 40 Millionen Mark angewiesen worden. Bis jetzt sind ungefähr 36 Millionen Mark verausgabt, wofür in den 20 Jahren von 1868 bis 1888 die nachstehenden Bauten und Einrichtungen geschaffen wurden: Das äufsere oder Ausrüstungsbassin steht durch eine 100 m breite offene Einfahrt mit der Kieler Bucht in Verbindung. Am nordöstlichen Quai der Einfahrt ist das umfangreiche, durch eine Rollbahn mit dem Kieler Güterbahnhof in Verbindung stehende, beständig für den Kriegsfall gefüllte Kohlenlager untergebracht. Nach Osten reihen sich an dasselbe das Anker- und Kettenlager mit der Eisen-und Kettenprobir- Station, welche eine hydraulische Kettenprobirmaschine von 200 t Zugkraft und eine ebensolche Zerreifsmaschine von 250 t Zugkraft enthält. Das zur Aufnahme der in Reserve befindlichen, zur jederzeitigen Indienststellung bereiten Kriegsschiffe bestimmte Ausrüstungsbassin ist rings von „Schiffs-Kammern“,umgeben, aus denen die verschiedenen Ausstattungsgegenstände auf die unmittelbar davorliegenden Schiffe, gebracht werden, wodurch eine glatt verlaufende, schnelle Mobilmachung der Flotte sichergestellt ist. Ein von einer eisernen Drehbrücke überspannter Kanal führt uns aus dem Aus- rüstungs- in das innere oder Baubassin, welches die in Reparatur befindlichen älteren, sowie die in der Fertigstellung begriffenen neuen Schiffe birgt. Das Baubassin ist daher von denjenigen Werkstätten umgehen, welche bei diesen Arbeiten hauptsächlich betheiligt sind. Auf seiner nordwestlichen Quaimauer erhebt sich der grofse, feste Krahn, von 60 t Tragfähigkeit bei 10 m Ausladung, welcher bei Anbordgabe besonders schwerer Kessel, Geschütze u. s. w. von einem fast ebenso hohen schwimmenden Krahn mit 40 t Tragfähigkeit unterstützt werden kann. Neben dem Krahn steht die im vorigen Jahre errichtete elektro-technische Werkstatt für die Reparatur und Unterhaltung der elektrischen Beleuchtungsanlagen der Schiffe. Unmittelbar hinter dem Krahn ist die 1883 bezogene, dreischiffige Kesselschmiede mit einer Grundfläche von 65 X 30 m = 1 950 qm erbaut, das mittlere 14 m breite und höhere Schiff ist für die Ausführung der gröfseren Kesselarbeiten bestimmt und wird durch 2 Laufkrähne von je 25 t Tragkraft beherrscht. Das eine Seitenschiff enthält augenblicklich bis zur Fertigstellung einer besonderen Schmiede die Handschmiede für den Maschinenbau mit 24 gewöhnlichen Feuern, 2 Herde für besondere Zwecke und 1 Glühofen für Bleche. Die Maschinen-Ausstattung umfafst zunächst eine grofse hydraulische Nietmaschine, Tweddels Patent von 2,15 m Nieterhöhe und einen Druck von 70 t, deren Nieter mit einer Vor richtung zum Zusammendrücken der Bleche während des Nietens versehen ist. Eine hydraulische Kremp- oder Bördelpresse von 33 t Druck, 12 verschiedene Bohrmaschinen, worunter eine vierarmige für Kesselhüllen, 3 Vorrichtungen für biegsame Bohrwellen, 3 Blechwalzen für Bleche bis 3,8 m Breite, Kantenhobelmaschine, Kaltsäge, Stahlbolzen drehbänke u. s. w. vervollständigen die maschinellen Einrichtungen. Auf die Kesselschmiede folgt nach Süden die Metallgiefserei, die provisorische Kupferschmiede, das Centralkesselhaus, das Bureau und die Hauptwerkstatt des Maschinenbaues. Die letztere, ein heller, geräumiger, im vorigen Jahre fertiggestellter