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October 1888. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 10. 665 baren 3 Hellinge sind die ersten Bauten der Werft, welche, noch nicht einmal ganz fertig gestellt, ihrem Zwecke •— der Erbauung von Panzerschiffen — dienen mufsten. Bei 120 m Länge und einer Sohlenbreite von 21,5 m im Verschlufsponton gestatten sie die Stapellegung der gewaltigsten Panzerschiffe. Bereits im Jahre 1870 wurden auf der südlichen Helling, als deren Vorhelling — die für den Ablauf des Schiffes erforderliche Fortsetzung unter Wasser — noch im Bau war, der Kiel für das Panzerschiff »Friedrich der Grofse« von 6800 t Deplacement gestreckt, welches infolge der durch den Krieg herbei geführten Bauunterbrechung erst 1874 vom Stapel lief. Demselben folgten später die Panzerschiffe »Bayern«, erbaut auf der mittleren, und »Baden« auf der nördlichen Helling mit je 7400 t Deplacement, sowie die Kreuzer-Corvette »Alexandrine« mit 2400, der Kreuzer »Adler« mit 900, das Kanonenboot »Eber« mit 600 und ein Torpedoboot mit 80 t Deplace ment, sowie einige kleine Fahrzeuge mit zusammen etwa 260001 Deplacement. Augenblicklich werden auf diesen Hellingen die Kiele für 2 Minendampfer und 4 Minenleger gestreckt. In der mittleren Helling liegt zur Zeit das vielbesprochene Bau ersehe unter seeische Boot, mit welchem er nebst zwei Begleitern am 1. Februar 1850 eine Probe fahrt in der Kieler Bucht unternehmen wollte. Beim Untertauchen prefste der Wasser druck die viel zu schwachen Wände des Bootes nach innen, wodurch dasselbe deformirt und undicht wurde. Das eindringende Wasser belastete nunmehr das Fahrzeug so sehr, dafs es nicht mehr möglich war, es an die Oberfläche zurückzubringen. Fast durch ein Wunder sind die drei Insassen, von denen zwei durch Drehen eines grofsen im Boot befind lichen Schwungrades die Betriebskraft für den Schraubenpropeller lieferten, gerettet worden. Bei den Baggerarbeiten im neuen Torpedobootshafen ist das Fahrzeug im Herbst 1886 freigelegt und vom schwimmenden Krahn gehoben worden. Unweit der Hellinge ist das Schwimmdock verankert, welches Schiffe bis zu 3000 t Deplacement aufnehmen kann. Den westlichsten Theil der Werft bildet der Holzhafen mit den Holzlager schuppen und der Sägerei, welche ein Horizontalgatter, eine doppelte Kreissäge, Band sägen sowie Hobel- und Nietmaschinen enthält. Südlich von diesen Bauten erhebt sich das die Centralbureaus, die Registratur u. s. w. enthaltende Hauptverwaltungsgebäude mit dem daneben liegenden Annahme-Amt, welches sämmtliche von der Werft ver arbeiteten Rohmaterialien ebenso wie die feinsten Instrumente und Apparate behufs tech nischer Prüfung ihrer Brauchbarkeit und Vollständigkeit passiren müssen. Durch das Verwaltungsgebäude führt auch der einzige Zugang auf die Werft. Die Arbeiter müssen beim Betreten und Verlassen der Werft an den vor dem Eingang der selben aufgestellten Wärterbuden ihre Arbeitsnummern behufs Controle abgeben bezw. in Empfang nehmen. Von den noch zu erbauenden Werkstätten wird demnächst die Eisengiefserei in Angriff genommen werden. Später sollen derselben noch folgen: eine Handschmiede für den Maschinenbau, sowie eine Kupferschmiede- und Klempnerwerkstatt, für die jetzt nur Provisorien vorhanden sind. Die Betriebskraft für sämmtliche Werkstätten und maschinellen Anlagen liefern 34 einzelne Dampfmaschinen mit zusammen 800 ind. Pferdestärken, wofür der Dampf in 23 Dampfkesseln mit zusammen 870 qm Heizfläche erzeugt wird. Auf den zum Schlepp dienst, zur Aufrechthaltung des Verkehrs auf dem Wasser und sonstigen Zwecken dienen den schwimmenden Werftfahrzeugen sind aufserdem noch 17 Kessel mit 700 qm Heizfläche und 17 Dampfmaschinen mit zusammen 1350 ind. Pferdestärken vorhanden. Der Brenn material-Verbrauch der stationären Kessel steigt jährlich auf 3600 t, hierzu treten 1200 t Schmiedekohlen, 400 t Briquets für Versuche und 20000 bis 22000 t Schiffsmaschinen- kohlen für die in Dienst gestellten Schiffe, was einen jährlichen Kohlenbedarf von etwa 26000 t ergiebt. Den Verkehr zwischen den einzelnen Werkstätten, den Docks und den Hellingen erleichtern 13 km Schienenwege und zwar 7,6 km normal- und 5,4 km schmalspurige mit 24 Drehscheiben und 33 Weichen. Die einzelnen Bureaus stehen durch Telephone mit einander in Verbindung, aufserdem ist eine Telegraphenstation mit Anschlufs an das Stations-Commando, das Haupt-Telegraphenamt und dem Bahnhof in Kiel eingerichtet. Die Werft besitzt ihre eigene Wasserleitung mit besonderem Pumpwerk, Hoch bassin von 27 m Höhe und 100 cbm Inhalt, Niederbassin von 8 m Höhe mit 150 cbm Inhalt und einer 5400 m langen, sich über die ganze Werft verzweigenden Rohrleitung. Die 59 Hydranten derselben vertheilen sich derartig auf die Werkstätten, Magazine und Bureaus, dafs in jedem Stockwerk der mehr als einstöckigen Gebäude mindestens 1 Hydrant mit Schlauchspinde, Spritzenmundstück und Schlüssel angebracht ist.