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November 1888. Arbeit die Erreichung und Beibehaltung des socialen Friedens. Gelegentlich der sich diesem Vortrage, in welchem wir die Begründung der ausgesprochenen Ansichten vermissen, anschliefsenden Discussion tritt Hr. van der Maessen, Director der Socit Franco-Beige, tür die offene Gicht ein und ist der Ansicht, dafs letztere der geschlossenen in den meisten Fällen vorzuziehen sei, weil dieselbe die Ueberwachung des Gichtenniedergangs er leichtert, und glaubt, dafs sich die Gasverluste durch guten Zug und genügend weit gewählte Leitungen vermeiden lassen. Aus der Discussiop scheint überhaupt die Folgerung hervorzugehen, dafs die offene Gicht bei solchen Hochofen Anlagen am Platze ist, welche über einen verhältnifsmäfsig hohen Procent satz mulmiger Erze, über weite Gasröhren und genügenden Zug verfügen können, wogegen die geschlossenen Gichten sich besser für Stückerz- gichtung und dann auch für solche Anlagen eignen, welche zu knappe Abmessungen für Gas leitungen und Kamine haben.* Dein darauf folgenden Vortrag des General- Directors der Stahlwerke von Longwy (Mont St. Martin) über Thomasstahl-Fabrication ist aufser dem schon früher Angeführten nichts Bemerkens- werthes zu entlehnen. Den beim Beginn der selben Sitzung gehaltenen Vortrag des Hrn. Simon, Directors der Bergwerke in Hussigny, über das Erz vorkommen im Longwyer Becken, behalten wir uns vor, in einer der nächsten Nummern ausführlich wiederzugeben. — Von Longwy begaben sich die Theilnehmer des Congresses nach Lüttich, wo denselben von seilen des Vereins der Ingenieure der Schule von Lüttich ein herzlicher Empfang zu theil wurde. Die erste Sitzung des Congresses in Belgien fand am 21. August, Abends um 9 Uhr, im Rathhause zu Lüttich statt. Nach den üblichen Begrüfsungen von Seiten des Bürgermeisters von Lüttich Hrn. J. d’Andrimont und der Wiederwahl des Vorsitzenden der Sitzungen in Nancy und Longwy Hrn. Castel hielt Hr. R. Malherbe, Bergamtsdirector zu Lüttich, einen längeren Vor trag, der sich vorzugsweise mit der Rückwirkung der Fortschritte in der Technik auf die social- politischen Verhältnisse beschäftigt und manchen neuen Gesichtskreis eröffnet. Seines Umfanges * Ob die Ansichten der deutschen Hochofen- Ingenieure bezüglich dieser Folgerung mit denen ihrer französischen Fachgenossen übereinstimmen, möchten wir bezweifeln, jedenfalls scheint uns die Be merkung am Platze, dafs doch gewöhnlich der Gicht apparat gleichzeitig mit der übrigen Gasleitung und den Kaminen angelegt wird, dafs deren richtig ge wählten Abmessungen heute ganz genaue Berechnungen zu Grunde gelegt werden und dafs also die dies bezüglichen Anführungen für die Wahl des Gicht- und Gasabzugsmodus nicht stichhaltig scheinen. D. Ref. Nr. 11. 765 halber müssen wir aber an dieser Stelle ver zichten, auf seinen Inhalt näher einzugehen. Bezüglich der Wahl des Gebläsemaschinen systems geht die Ansicht des Directors der Werke von Isbergues Hrn. P hili p p a rt dahin, dafs den langsam gehenden Maschinen gewisse Vortheile nicht abzusprechen sind, so lange man eine Maximalpressung von 28 cm nicht überschreiten will, dafs jedoch den schnell laufenden Maschinen nach amerikanischem System, welche nöthigenfalls eine Windpressung von 35 bis 40 cm und eine entsprechend hohe Tagesproduction erzielen können, der Vorzug einzuräumen sei. Aus der dann folgenden Beschreibung der hauptsächlichsten Hütten- und Kohlenzechen, deren Besuch in Aussicht genommen war, ent nehmen wir das Folgende: Zeche Hasard. Die ersten Erkennungsarbeiten wurden 1842 begonnen; dieselbe gilt heute als eine Anlage ersten Ranges sowohl in bezug auf ihre maschinellen Vorrichtungen und ihre Annexen als in bezug auf die dort bestehenden Einrichtungen, welche für das materielle und das moralische Wohl sein der dort beschäftigten Arbeiter bestens Sorge tragen. Die Goncession hat eine Ausdehnung von 1 687 ha und hat zwei Schächte; letztere liegen wenige Schritte von der Merve-Plateau-Eisenbahn und sind mit der Vesdre-Eisenbahn durch den Tunnel von Bay-Bonnet, in welch letzterem der Transport vermittelst einer end losen Kette erfolgt, verbunden. Die Kohlenwäsche und die Kohlenbriquettesfabrik liegen im Prayon-Thale nicht, weit von der Tunneleinfahrt. Die Zeche beschäftigt 961 Gruben- und 273Tagesarbeiter; die Gesammtproduction in 1886 betrug 232 742 t. Die flachen Flötze haben 0,60 m bis 1,25 m und liefern eine gute, kurzflammige Backkohle. Interessant ist auf dieser Zeche die Anwendung der patentirten, nach ihren Erfindern benannten Plom- d’Andrimontschen Excavatoren. Eine eingehendere Be schreibung der letzteren liegt bis heute nicht vor; dieselben stellen am Boden des nach gewöhnlicher Weise hergestellten Bohrloches eine erweiterte Kammer dar, auf deren grofsen, mit der Axe des Bohrloches concentrischen Kreisfläche das Sprengpulver seine Wirkung ausübt; letzteres Verfahren soll sich ausge zeichnet bewährt haben und immer mehr Verbreitung finden. Die Kohlen werden nur bis zur Sohle von 122 m Tiefe gefördert, von wo aus dieselben vermittelst Kettenbetrieb durch einen 3200 m langen Stollen nach Bay-Bonnet zu der Kohlenwäsche bezw. zu den Aufbe reitungsapparaten geführt werden. Die Zeche liegt an der Station Micheroux der belgischen Staatsbahn. Zeche Marihaye ist eine der ältesten Con- cessionen des Landes, welche im Jahre 1827 verliehen wurde; sie umfafst heute 1530 ha und fördert fast die ganze Serie der flachen und stehenden Flötze des Serainger Beckens. Es sind dort 7 Schächte in Betrieb, die Gesammtförderung beträgt annähernd 400000 t gute Backkohlen, die Zahl der dort beschäftigten Arbeiter etwa 2200. Fast überall auf diesen Zechen ist die Dubois-Francoissche mechanische Abbaumethode in Anwendung, deren Beschreibung bedauerlicher weise ebenfalls im erwähnten Berichte vermifst wird. Dieses System, dessen grofser socialwirthschaftlicher Werth auch in der Festrede des Hrn. Director Malherbe betont wurde, entbindet vom Gebrauche aller Sprengmittel und ermöglicht dasselbe einen Abbau ohne irgendwelche Verstrebungen. Die Kohlenförderung von allen Schächten wird vermittelst Kettentransport nach dem GentralsitzVieille- ,STAHL UND EISEN.'