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October 1888. »STAHL UND EISEN.“ Nr. 10. ' 655 zuges, welcher in seiner verbreiterten und vertieften Gestalt unter dem Namen ZoIl kan al bekannt geworden ist und zur Einführung der Flufsschiffe von dem Ober- und Unterlauf des Flusses in die Stadt dienen soll. Es blieb dann noch ein langgestreckter engbebauter Inselstadttheil zwischen diesem Zollkanal und den Seehäfen des Grasbrooks im Freihafengebiet übrig, welcher die richtige Form und Gröfse hatte, um die nunmehr aufgebaute Freihafenspeicheranlage zu schaffen, als Ersatz für jene vielen in der Stadt zerstreut liegenden Einzelspeicher, welche letztere zu zollinländischem Gebrauch oder als zollamtlich beaufsichtigte Contenläger weiter benutzt werden können. Die über die Elbinseln führende Grenze rückt nordwärts bis an die Territorialgrenze des Hamburgischen Gebiets auf der Wilhelmsburg vor, den nöthigen Raum zur Erweiterung der Hafenanlagen, zur Lagerung von Massengütern und zur Unterbringung von Fabriken, welche der Exportindustrie dienen, frei lassend, wobei es nicht zu vermeiden war, die Wohnbevölkerung Steinwärders und des Kleinen Grasbrook, welche sich in Zahl von 5000 auf gemiethetem Staatsgrund angesiedelt hatte, nach dem Zollinlande zu dislociren. Wir haben also wie bisher einen Freihafen behalten, er schliefst aber nicht mehr die Wohnstadt ein, sondern die Zollgrenze verläuft zwischen dieser und dem F reihafengebiet. Den technischen Generalplan, welcher nun in den Jahren 1882 und 83 unter Leitung einer ad hoc eingesetzten Senats- und Bürgerschafts-Commission von den technischen Ressorts der Baudeputation ausgearbeitet und veranschlagt wurde, kann man nach 3 Haupt richtungen gliedern. Er behandelt die neuen Einrichtungen: 1. der Zollstadt mit ihren Verkehrswegen, 2. des Freihafengebiets, 3. der Zollgrenze und der Zollverwaltung. Wenn wir auch gleich anfangs den Generalplan über das gesammte Freihafengebiet ausgedehnt haben, um die zukünftige Entwicklung nicht aus dem Auge zu verlieren, so haben wir doch selbstverständlich nur die jetzt nothwendigen Anlagen desselben veranschlagt und ausgeführt. Der Kostenanschlag hierfür datirt vom 26. Februar 1883 und schliefst mit 106 Millionen ab, von denen das Reich 40 Millionen bestreitet. Er hat sich als zutreffend erwiesen, doch hat das Programm im Laufe der Arbeiten noch manche Erweiterungen erfahren: Der Grund erwerb am Zollkanal mufste bei der grofsen Nachfrage der Kaufleute nach Lagerhäusern auf der Stadtseite des Freihafens weiter nach Osten ausgedehnt, die Gröfsen- und Tiefen entwicklung der neuen Häfen weitgehender bemessen werden, als man ursprünglich beab sichtigte. Die Eisenbahn-Verbindungen mit den Quaibahnen und die Erfordernisse der Eisenbahnen an die Zollabfertigungen konnten erst nachträglich genau festgestellt werden. Eine Verlängerung der Neuen Elbbrücke über den Zollkanal und die früher erwähnte neue Schleuse im Hammerbrook traten hinzu, und so wird die Ausgabe, nach Mafsgabe der Ausführung, wie sie in den 5 Jahren von der Mitte 1883 bis heute von dem öffentlichen Bauwesen Hamburgs geleistet worden ist, mit allen diesen Zuthaten sich vielleicht auf 120 Millionen stellen. Fast die Hälfte dieser Summe ist für Grunderwerb zu rechnen, das Uebrige für die eigentlichen Bauanlagen. Dieselben sind bis heute so weit vollendet, dafs nichts im Wege steht, den Anschlufs zur verabredeten Zeit, nämlich im October dieses Jahres zu vollziehen. Auch das grofse Personal der Zollbeamten wird zur rechten Zeit zur Verfügung sein. Sie werden sich morgen von diesem weit vorgeschrittenen Stande unserer grofsen Bauunternehmung überzeugen, und ich will jetzt an der Hand der hier ausgehängten Zeichnungen versuchen, Sie über einige charakteristische Einzelheiten zu unterrichten, um den Ueberblick, der bei der kurz bemessenen Zeit morgen nur sehr flüchtig sein kann, möglichst zu verschärfen. Ich schicke voraus, dafs der eben erwähnte Grunderwerb von im ganzen 500 Grund stücken mit mindestens 1000 Häusern wesentlich im Laufe der ersten 3 Baujahre theils auf Grund freiwilliger Angebote, theils auf Grund eines besonders für diesen Zweck organisirten Expropriationsverfahrens vor sich gegangen ist und dafs die anderweitige Unter bringung der 190Ö0 dadurch betroffenen Einwohner, die sich auf mindestens 4 Jahre ver theilt, auf keine Schwierigkeiten gestofsen ist, was auch nicht auffallen kann, da der durchschnittliche Zuwachs der Bevölkerung Hamburgs ohnehin im Jahre 16000 Köpfe beträgt. Die dislocirte Personenzahl ist etwa dieselbe, wie beim grofsen Brande von 1842. Auch der Umzug der 5000 auf gepachtetem Staatsgrund der Elbinsel Steinwärder und Umgegend wohnhaften Einwohner, wohl meistens nach den neuen zollinländischen An siedlungen der Veddel und des Hammerbrook, ist heute als vollendet zu betrachten.