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von 175 und eine Dicke von 2,1 bis 2,2 mm. Mit Hülfe der bekannten Ziehpresse, welche wir in kleineren Dimensionen in der Gescholsfabrication wiederfinden, werden diese Scheiben in vier Operationen in ein tiefes Gefäfs umgewandelt. Dann wird der Boden abgeschnitten und das so entstandene Rohr auf verticalen Ziehbänken über dem Dorn in fünf Stufen zu einem Rohr von 690 mm Länge und 22,8 mm Durchmesser bei einer Wandstärke von 0,8 mm ausgezogen. Es ist dies eine noch wenig bekannte Methode zur Herstellung nahtloser Röhren, welche auch in Solingen zur Anfertigung der Säbelscheiden seit längerer Zeit Verwendung findet. Die nach stehende Figur 6 giebt einen Ueberblick über diese interessante Fabrication. Eine grofse Abtheilung für sich bildet die Fabrication der hölzernen Schäfte. Das Material hierzu wird den mit Dampf geheizten Trocken kammern entnommen. Auch hier sind es fast ausschliefslich Löwesche Maschinen, welche die Bearbeitung durchführen. Unter ihnen domi- niren die Copirmaschinen (rotirende und alter- nirende) und die Revolverfräsmaschinen mit verticalen Spindeln. Nur wenige Nacharbeit von Hand ist erforderlich, um die Schäfte aus den rohen Holzstücken fertig zu liefern. Der Hand- thätigkeit ist nur das- Anpassen der Beschlag theile, das Abreiben mit Glaspapier und das Poliren überwiesen. Eine weitere selbständige Abtheilung bildet die Geschofsfabrication, in welche der Besucher zuerst geführt wird. Den Schwerpunkt dieser Werkstätte bildet die Ziehpresse. Hier werden die Patronenhülsen gestanzt und gezogen, die Nickelhülsen in ähnlicher Weise hergestellt und diese mit der Kugel vereinigt. Die Controle wird durch eine sehr hübsche Maschine bewirkt. Die selbe ist mit verticaler Achse rotirend, nimmt die Hülsen mit kleinen Federwagen auf und wirft sie, wenn zu leicht oder zu schwer, aus, während die richtig befundenen in ihren Kasten fallen. Von den Fabricaten dieser Abtheilung wurden den Besuchern bereitwilligst Proben zur Verfügung gestellt. Ich füge hinzu, dafs in Antwerpen eine sehr ausführliche Fabricationsreihe, in Schnitten, ausgestellt ist. Die fertigen Gewehre unterliegen dann zwei Proben : einer Gewaltprobe und einer Schufsprobe. Die erstere wird mit je vier Gewehren gleich zeitig vorgenommen. Die Ladung besteht aus der gewöhnlichen Kugel — 14 g — und einer Pulvermenge, die 5000 Atm. liefert. Die Gewehre werden in einem abgeschlossenen Raum von aufsen abgefeuert und dürfen nach der Probe keine gröfsere Erweiterung der Kammer als 0,05 mm zeigen. Die Schufsprobe wird nach der Scheibe mit 4000 Atm. vorgenommen. Hierauf wird das Gewehr noch einmal revidirt und nach Gutbefund zur Verpackung abgegeben. Den Hauptpunkt der ganzen Anlage bildet eine so ziemlich in der Milte gelegene Abtheilung, die Präcisionswerkstätte. Die meisten bisher vorgeführten Maschinen werden nämlich von Mädchen bedient, und nur die genaue Einstellung der Stähle liegt den Werkmeistern ob. Dies im Gang zu er halten, ist die Aufgabe dieser verhältnifs- mäfsig kleinen Werkstätte. Dieselbe enthält etwa 60 Werkzeugmaschinen bester Gattung, an welchen eine gleiche Zahl Arbeiter, von denen 1/3 ersten Ranges, thätig ist. Hier werden auch* die Kaliber gefertigt, nach denen die einzelnen Theile der Waffe bearbeitet werden und denen ein Satz heilig gehaltener Originalkaliber zu Grunde liegt. Diese kommen natürlich nie heraus, sondern dienen eben nur zum Nachmessen derjenigen Gebrauchskaliber, welche in den anderen Werk stätten und namentlich in jener hierfür besonders eingerichteten Abtheilung verwendet werden. Diese wird übrigens ebenfalls fast ausschliefslich von Mädchen bedient. Die vielbesprochene Geschicklichkeit der Ar beiter wird also in dieser Fabrik, welche über 2000 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt, reducirt auf die von einigen 20 Männern, welchen die Anfertigung der Werkzeuge und Kaliber, die Einstellung der Stähle und denen, welche die UeberWachung der einzelnen Werkstätten obliegt. Diese Leute allerdings müssen gewohnt sein, nach kleinen Bruchtheilen von Millimetern zu messen. — Es ist vielleicht hier der passende Ort, einige Worte über die in den letzten Zeiten so viel be sprochene Feinmefskunst im Maschinenbau hinzuzufügen. Ich unterscheide in dieser Beziehung dreierlei: den gewöhnlichen Maschinenbau, den Präcisions- maschinenbau und die Fabrication der Mefs- werkzeuge. Der gewöhnliche Maschinenbau arbeitet mit dem Taster und dem Mafsstab, der Richt platte und dem Parallelreifser. Dies reicht aus. Wer fein zu tasten versteht, kann sich vergleichen derweise mit Zehntelmillimetern und weniger abgeben. Da ein Wechselpassen beim gewöhn lichen Maschinenbau nur sehr selten vorkommt, so können mit den genannten Hülfsmitteln schon sehr gute Maschinen geliefert werden. Ich denke hier an den Bau von Dampfmaschinen, Werkzeug maschinen, Schnellpressen, z. Th. von landwirth- schaftlichen Maschinen und ähnlichen Objecten des Maschinenbaues. Es ist übrigens, ich möchte das hier gern berühren, recht schwer, eine Maschine nur durch den Augenschein zu be- urtheilen, wie man es bei Ausstellungen, oft zum Nachtheil, öfter zum Vortheil des Ausstellers, gewöhnt ist. Was kann ich denn bei den aus gestellten Maschinen sehen? In einer von uns besuchten Fabrik stand eine offenbar ad hoc hingefahrene Locomotive. Die Schlosserarbeit