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18 Ehrenberg über die Bildung der Kreidefelsen lösen, pflegt durchschnittlich, wie es schien, in einer Stunde 15 bis 20 Cu- bikfufs Kreide zu brechen, dies giebt, auf 10 Stunden fördernder Arbeit gerechnet, täglich 150 bis 200 Cubikfufs, was in maximo dem Abtragen einer Steinfläche von 20 Fufs Länge, 10 Fufs Breite und 1 Fufs Höhe gleich ist. Nach dem Vorrathe von Versteinerungen, welchen ich bei den Arbeitern sah und der bis 8 Tage alt war, ergab sich, dafs ein solcher Mann mit seiner Fa milie 20 bis 30 in die Augen fallende Petrefacten in dieser Zeit sammelt, von denen nur wenige so schön erhalten sind, dafs ein Naturforscher sie mit sich nimmt. Beim eignen Nachsuchen, sowohl in Meudon, wo man die Kreide unterirdisch aus finstren Stollen zu Tage fördert, als in Gravesand, wo man die senkrechten lichten Felswände abbricht, fand ich selbst nur wenig schlechte Fi’agmente von Petrefacten in der vorliegenden grofsen Gebirgs- masse, und erkannte darin einen Beweis, dafs weder Conchylien noch Co- rallen diese Felsmassen veranlafst haben, sondern dafs jene, sowie Fische und andre gröfsere Thiere, nur zufällig in ganz andre Bildungsmomente mit ver flochten worden sind. Was das Verhältnifs des anorganischen Theiles der Kreide im Grofsen anlangt, so ist es, wie erwähnt, in der weichen nordeuropäischen Kreide am meisten hervortretend und bildet oft mehr als die Hälfte der Masse. Zur Erkenntnifs des wahren Verhältnisses schienen mir zwei Umstände wesentlich wichtig zu sein, erstens der, dafs dieser anorganische Theil der feinste ist, und zweitens der, dafs er, dieses Charakters ungeachtet und obwohl offen bar die Felsen im Bereiche des Wassers sich abgelagert haben, nicht mecha nisch von den gröberen Massen gesondei’t ist, sondern diese überall umhüllt. Es schien mir daraus zu völliger Klarheit hervorzugehen, dafs der anorgani sche Bestandtheil der Schreib-Kreide ein secundärer Zustand der organischen Kalktheile ist und die überall dem blofsen Auge und im Mikroskop entgegen tretenden Übergänge des Zerfallens der organischen Formen in die anorga nischen feinen Massen befestigen dieses Urtheil. Über den Kreidemergel und sein Verhältnifs zur Kreide und zu den Feuersteinen der Kreide. Schon bei meiner Anwesenheit in Paris erhielt der Ideengang, welchen ich über die Kreidebildung aus den bisherigen Thatsachen construirt hatte,