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Neue JENAer Glasapparaturen Von Dr. H. REGLER, Jena Unter der großen Zahl von Gläsern, die im Laufe der Zeit in Jena erschmolzen worden sind, und von denen ein sehr erheblicher Anteil ausschließ lich optischen Zwecken dient, befindet sich auch eine kleine Gruppe von Gläsern, die sich durch eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen chemi sche und physikalische Beanspruchungen auszeichnet. Die Bedeutung der chemisch-technisch einsetzbaren Gläser hat im chemischen Apparatebau im Laufe der vergangenen lahre ganz erheblich zugenommen, zu mal unter denjenigen Werkstoffen, die im Austausch gegen Buntmetall und Edelstahl angewendet werden können. Die Eigenschaften dieser kleinen Gruppe von Gläsern sind also weder nach optischen noch nach verarbeitungstechnischen Gesichtspunkten festgelegt, sondern nach dem Gesichtspunkt einer hohen Tem peraturwechselbeständigkeit und einer hohen Festig keit gegen den Angriff von Lauge und Säure. Die drei DIN-Blätter, die die Widerstandsfähigkeit gegen heißes Wasser, gegen Säure und gegen Lauge festlegen, geben klare und reproduzierbare Angaben über die Prüfmethoden. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Tat sache, daß der zeitliche Verlauf des Glasangriffes durch Säuren erheblich anders verläuft als der Angriff durch Laugen. Während nämlich der Säureangriff langsam fast zum Stillstand kommt, indem sich eine schützende Kieselsäure-Gelschicht bildet, bleibt der Basenangriff in seiner Intensität unverändert, da die Lauge die sich bil dende Gelschicht von Kieselsäure sofort wieder auflöst. Interessanterweise gibt es aber gegen den Angriff von Säuren und von Laugen Schutzmöglichkeiten, die erst malig 1938 im JENAer Glaswerk aufgefunden wor den sind. Einen Schutz gegen Laugenangriff stellen erstens die Ionen der zerstörten Glassubstanz dar. Sie verzögern die vollständige Zerstörung des Kieselsäure gerüstes und hemmen die totale Abtragung der Glas oberfläche. Zum anderen hat sich herausgestellt, daß der Zusatz geringer Konzentrationen von Al- und Be tonen genügt, um den Laugenangriff ganz bedeutend herabzusetzen. Es ist bemerkenswert, daß gerade das JENAer Geräte-Glas 20 eine besonders gute Schütz barkeit durch fremde Ionen besitzt. Den Unter schied zwischen den Angriffen durch heiße Lauge m i t oder ohne hemmende fremde Ionen zeigen Ver suche, bei denen die Gewichtsverluste unter genorm ten Bedingungen festgestellt worden sind. Es ergab sich, daß 3°/oige Natronlauge ohne hemmende Fremd- Ionen 1,470 g Glas von einer Probe weggelöst hatte, jedoch unter Zusatz von schützenden Ionen unter sonst ganz gleichen Bedingungen nur noch 0,0147 g Ge wichtsverlust, also 1 °/o, zeigte. Bei einem anderen Ver such war 5%ige Natronlauge verwendet worden, die 1,740 g Glassubstanz weggelöst hatte und gehemmt nur noch 0,0265 g. Diese vor einiger Zeit von WEIL ge machten Angaben zeigen eindeutig, welche hohe Be deutung schützende Ionen haben können, was sehr wohl auch für die Praxis der chemischen Technik von Wert sein kann. Da die Lauge das Kieselsäuregerüst stets zerstört, während bei der Säure lediglich eine partielle Auslau gung der Oberfläche stattfand, so sollte man eine wech selnde Beanspruchung durch starke Laugen und durch starke Säuren möglichst vermeiden. Die hydrolytische Widerstandsfähigkeit des Geräte glases 20 und auch seine Säurebeständigkeit sind außer ordentlich hoch. Das JENAer Geräte-Glas 20 ist nach wie vor das Universalglas des Chemikers. Aber aus den oben erwähnten Gründen besitzt es keine gleich hohe Laugenbeständigkeit. Da ist es nun bemerkens wert, daß es trotzdem gelungen ist, ein Laborato riumsglas zu erstellen, welches eine erheblich höhere Laugenfestigkeit aufweist, und zwar durch Einfuhren geringerMengenseltenerElemente in die Glasschmelze. Die Laugenbeständigkeit des JENAer Geräte-Glases wurde — bestimmt nach dem DIN-Blatt 12122 — von 80 auf 48 verbessert, also fast verdoppelt. Damit ist ein Geräte-Glas geschaffen worden, wie es bisher noch nicht im Handel war. Die Gleichheit der Ausdehnungs koeffizienten des JENAer Geräteglases 20 und des neuen JENAer Geräteglases 52 ermöglicht spannungs freies Verschmelzen dieser beiden Gläser. Das neue JENAer Geräte-Glas 52 ist dazu bestimmt, ganz bevorzugt für jeneArbeiten eingesetzt zu werden, wo in Labor und Betrieb mit stark basischen Lösungen gearbeitet werden muß; es sei nur an den Aufschluß von Stickstoffverbindungen nach KJELDAHL und die darauffolgende Abdampfung mittels heißer Natron lauge erinnert. Auch das bewährte JENAer Duran-Glas konnte wei terentwickelt werden. Dieses Borosilikat-Glas mit be sonders niedrigem Wärmeausdehnungskoeffizienten er laubt es bekanntermaßen, relativ starkwandige Geräte und Apparate herzustellen. Die Möglichkeit kräf tigerer Wandstärke bedeutet für den praktischen Ge brauch im Labor und im Betrieb eine wertvolle Erhöhung der mechanischen Widerstandsfähigkeit. Es gelang auch, dieses Duran-Glas noch zu verbessern und den linearen Ausdehnungskoeffizienten von 38 auf 33 zu senken, und zwar ohne daß dabei die anderen Eigenschaften ge mindert worden sind. Im Gegenteil: Die Laügenbe- ständigkeit und die hydrolytische Widerstandsfähigkeit konnten dabei sogar noch beträchtlich verbessert wer den. Es besteht also keine Gefahr, daß Lösungen in diesem JENAer Rasotherm-Glasgefäß wahrnehmbare