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III. brAuche des alltags 121. In diesem Abschnitt sollen diejenigen Volksbrauche behandelt werden, die mit den Arbeiten in Haus und Feld verbunden sind. Was ausschlieBlich in das Gebiet des Volksglaubens gehort (Wetterregeln, volksmedizinische Verwendung von Pflanzen und Tieren u. a.), bleibt hier weg. A. HAUS UND HAUSLICHES LEBEN 122. Ein Rest des alten Bauopfers ist die Sitte, an die Stelle, wo der Ofen hinkommt, Scherben zu legen 1 . Die volkstiimliche Deutung besagt, dafl dann das Brot ebenso glatt wird wie diese Scherben. — Das Einmauern von Tongeschirr hat zahlreiche Parallelen 2 . Dafi der Ofen als Sitz der Haus- geister gedacht wird, ersieht man aus vielen Brauchen: Die Nachgeburt wird hineingelegt an die innere Ofenwand. Im ehemaligen Schlesien lachte man in das Ofenloch beim Einzug in ein neues Haus 3 . Bei den Sorben im Spreewald heifit es, dafi man beim Feueranmachen selbst oder ein anderer lachen mufi 4 . Die NordgroBrussen trugen beim Umzug in ein neues Haus den Ofenquast oder die Ofenschaufel mit, als ob der Hausgeist darauf saBe 5 . Uberall spielen Herd und Ofen eine grofie Rolle beim Einzug der Braut ins neue Heim (s. oben S. 65 ff.). Wenn sie den Dachstuhl aufgesetzt haben (zbijac kozly. »die Dachsparren zusammenschlagen«), wird ein mit einem Kranz und bunten Schleifen ge- schmiickter Richtmai (Birke) daraufgesetzt. Der Baumeister halt dem Bau- herrn eine kurze Dankrede fiir die bisherige Forderung des Baus, dann wird der Choral gesungen „Nun danket alle Gott“. Abends gibt der Bauherr ein gutes Essen, hebešniaus, nach dem bis Mitternacht getanzt und gesungen wird. Seiner Bedeutung nach gehdrt der Richtmai in dieselbe Reihe wie der Maibaum, Weihnachtsbaum und Erntemai: Er soll, wie es in einer Aargauer Baupredigt heifit, „alle Blitze und Stiirme ferne, das Hatis aber auf Kindes- kind griinend und bliihend erhalten“* *. Bei den Sorben hat das Hebefest in bezug auf Namen und Inhalt schon einen ganz deutschen Charakter angenommen, bei den Nordgrofirussen tritt 1 Kirchcndiener Funke, Kdnigswartha (Rakecy), m. — ’ Sartori, SB. II, 4—107; Klapper, Schlesische Volkskunde (Breslau 1925), 21 r; F. S. Krauss, Das Bauopfer bei den Siidslawen, Mitteilungen der anthrop. Ges. Wien 17 (1887), 16 ff. — 3 Drechsler II, 2. — * Schulenburg, W. V., S. 242. — ’ Zelenin, R. V. 288: Kreis Balachnd. — * Mannhardt, WFK. I, 220.