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gesungenen Liedes heifit es: „Heut ist Mittfasten, wol ist das! tragt man den Tod ins Wasser, wol ist das!“ Und bei der Heimkehr mit dem geschmiickten Baumchen sangen sie: „Nun haben wir den Tod ausgetrieben und bringen den lieben Sommer wieder, den Sommer und auch den Meyen, der Bliimlein sind mancherleyen" 1 . Was die urspriingliche Bedeutung des Todaustragens betrifft, so sieht W. Mannhardt 2 in der hinausgetragenen Puppe den erstorbenen Wachstumsgeist, der beseitigt wird, um dem durch den eingeholten griinen Baum oder Zweig dargestellten neuen Wachstumsgeist Platz zu machen. Palmsonntag. 94. Er heiBt os. bowońca, bowońčka (aus bolmońca)-, ns. balabnica (aus d. Palm-'). Vor der Reformation war es in der Oberlausitz Sitte, einen hdlzernen Palmesel mit groBem Geprange und unter Absingen von Liedern um die Felder herumzufiihren, wodurch das Getreide vor Wetterschaden geschiitzt werden sollte. In Bautzen verhangte der Stadtrat 1523 ein Verbot dieses Brauches 3 . In katholischen und orthodoxen Landern hat sich die Sitte langer erhalten, aber heute ist sie auch dort schon selten 4 . Die in den katholischen Kirchen bis heute iibliche Palmenweihe mit anschliefiender Prozession, wobkkad, begegnet auch bei den katholischen Sorben. Diese Zweige, balminowe haložki, steckt man vor Walpurgi auf die Felder -—■ wie lang der Zweig ist, so hoch wird der Flachs wachsen — die Kiitzchen, micky, gibt man dem Vieh in die Tranke’. In der protestantischen Kirche ist die Palmweihe abgeschafft, doch erhalt hier der Tag durch die Konfirmation der Jugend besondere Weihe. — Die Palmsonntagprozession ist schon im 4. Jahrhundert aus Jerusalem bezeugt, die Palmenweihe (benedictio palmarum) im 8. Jahrhundert aus Gallien 8 . Ostern 95. Alle sorbischen Bezeichnungen fur Ostern wie os. jutry, pl. m., ns. jatšy, pl., dial. jastry (Schleife), vgl. kaschub. jastrĕ, sind entlehnt aus d. Ostern, das Obersorbische mit Anlehnung an jutro »Morgen«. Es ist das Urfest der christlichen Kirche, begangen zur Erinnerung an den Tod und die Auferstehung Christi. Es kniipft an das jiidische Passahfest an, die Erinne- 1 Reuschel, Deutsche Volkskunde II, 53, Leipzig 1924. — ’ WFK. I, 417 ff. — • Korscheit im Gebirgsfreund VI, 233, Zittau 1894; A. Frenzel, Hs. S. 455. — • Sartori, SB. III, 137: Albcrs, 147: letzte Palmeselprozession in Deutschland 1802 in Schwabisch-Gmund. — ’ Łužičan 1877, S. 172. — • Franz, Benediktionen, 47off.