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Vorfriihling - Sonntag Latare 123 muB „vertrocknen“ 7 . Der Schlag mit der Lebensrute wird auch sonst in Niederdeutschland zu Fastnacht haufig ausgefiihrt, wiihrend in dem einst slawischen Osten zu Ostern, in Mittel- und Siiddeutschland zu Weihnachten am meisten geschlagen wird 2 . Die sorbischen Zamperer sind iibrigens haufig mit Weiden- oder Birkenruten ausgeriistet. Auch die Dorfrichter, die friiher am Aschermittwoch durch die Hauser gingen, um die Loschgerate (Eimer, Leitern, Haken usw.) zu kontrollieren, schlugen zum Scherz mit Birkenruten, wenn etwas nicht in Ordnung war 3 . Nach Hortzschansky trugen im 18. Jahrhundert die Teilnehmer der Fastnachtsumziige Stabe oder weidene Ruten in den Handen: „An anderen Orten tragen die Manns- personen einen griinen Zweig von Tannen mit iiber sich in die Runde zu- sammengebundenen Astchen, welche mit bunten Bandern behangen und ge- ziert sind“ 4 . Verbote : Wer zu Fastnacht spinnt, dem lahmt das Vieh das ganze Jahr, ebenso dem, der Diinger fiihrt 5 . Mit Fastnacht stellen iibrigens die Spinn- stuben gewohnlich ihre Tatigkeit ein, die Rocken miissen abgesponnen sein. Der letzte Rocken wurde in der sachsischen Oberlausitz am Aschermittwoch mit einer Ofengabel oder einem Spiefi durchstochen 6 . An den Fastensonntagen kommen die Madchen an den mitten im Dorfe stehenden Singbanken zusammen (in der Niederlausitz auch auf einem Felde) und singen Passionslieder 7 . Maria Verkiindigung (25. Marz), Marije w ozjewenje, Marije připowedanje 92. An diesem Tage, der „griinen Marie“, soll man Flachs saen, ebenso am Grundonnerstag. Dem Saemann steckt man zwei Eier in die Tasche, die muB er auf dem Felde essen, dann gerat der Flachs wohl 8 . — Orakel: Um zu sehen, wie der Flachs gedeihen wird, sat man friih, zu Mittag und abends Lein. Geht der zuerst gesate Lein zuerst auf, dann gedeiht die ganze Aussaat, ist aber der zu Mittag oder abends gesate friiher aufgegangen, so wird die Ernte mittel bzw. schlecht sein 9 . Sonntag Latare 93. Der Name des Tages, smjertnica, »Totensonntag«, hangt mit der ehe- maligen Sitte zusammen, eine den Tod darstellende Puppe iiber die Grenzen des Dorfes zu tragen oder ins Wasser zu werfen. Bei den Sorben bliihte die 1 H. Jentsch im N. Laus. Magazin 57, S. 434, Gorlitz 1882. — 2 Sartori, SB. III, 101. — 3 Lehrer O. Kriiger in GroB-Lieskow (Liškow), m. — ’ Hortzschansky 256. — 5 Solche Verbote sind weitverbreitet: Sartori, SB. III, 117. — 6 Rentsch in Wuttkes Sachs. Volksk. 2 , 358. -— 7 Hortzschansky, op. cit. 255; Schulenburg, W. V., 142; Handrik, Wjesne spĕwařki, CMS. 55 (1902), 105 ff.; Miiller 159. —■ 8 Rentsch in Wuttkes Sachs. Volksk. *, 350. — " Veckenstedt 441.