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Sitte noch um 1700, Abraham Frenzel* hat sie sehr anschaulich beschrieben: „Von Austreiben des Todes am Sonntage Laetare. Hiernachst ist bei denen Wenden in Oberlausitz noch im Gebrauch, daB sich an etlichen Orten junge Knechte, Magde und Kinder des Nachmittags am Sonntage Laetare, drei Wochen vor Ostern, zusammenfmden, machen sich von Stroh und Hadern (dazu die, so die letzte Leiche gehabt, das Hemde geben, die letzte Braut aber gibt den Schleier und iibrige Lumpen) ein Bild, das den Tod bedeuten soll: solches stecken sie auf eine hohe Stange; die starkste Magd traget es mit vollem Lauf, dabei alles singet: Lecž hohre, lecź hohre, jarabate woko Flieg hinauf, flieg hinauf, Pan dele, pan dele usw. Fall herunter, fall herunter! 1 2 . und mit Steinen oder Stocken nach ihn wiirfet, geben vor, wer den Tod triflft, der sterbe dasselbe Jahr nicht, zum Dorf hinaus bis an ein Wasser, da sie den Scheusal hineinstiirzen, oder aber gemeiniglich bringen sie den Tod bis an des nachsten Dorfes Grenze, werfen ihn hiniiber und ein jedes bricht ein griines Zweiglein ab; dann laufen sie frdhlich und gutes Muts zuriicke, als hatten sie was Grofles getan: fiir ihrem Dorfe aber werfen sie die griinen Reifllein weg. Ofters laufen ihnen des nachsten Dorfes Kinder nach, schmeiflen ihnen ihren Tod wieder hinten nach, den sie auf ihren Grenzen nicht begehren noch haben wollen: es gehet auch ofte ohne Schlagerei und Ausschelten nicht ab.“ Frenzel fiigt hinzu, dafl man in Siebenbiirgen, Polen, Schlesien, Meiflen und Thiiringen diesen Brauch iibe. Infolge behordlicher Verbote ist der Brauch im 19. Jahrhundert ausge- storben. Hortzschansky 3 sagt kurz: „an diesem Sonntag ist auch das Tod- austreiben bei den Wenden Mode, da sie eine von Stroh gemachte und mit Lumpen behangene Puppe singend und mit groflem Geschrei ins Wasser warfen“, aber zur Zeit Schmalers 4 wurde das Todaustragen nur noch in 1 Historia, Hs. S. 110. — 2 Schwierigkeiten macht das Wort jarabate. Die an- dern Handschriften haben nach Haupt, Sagenbuch II, 54- Jutabate, jurabate. Ns. jeřebaty, č. jeřabaty, mahr. jaiabaty, bedeutet >rtruppig, bunt<, wiirde also auf die mit Fetzen bekleidete Strohpuppe passen. Os. woko >Auge*. — Haupt ubersetzt „Dreh dich um" oder „Offne das Fenster“. Frenzel scheint das Lied auch nicht mehr verstanden zu haben, daher seine verschiedenen Schreibweisen. Manche vermuten in dem Lied ein verstummeltes Regenzauberlied. bei dem iihnlich wie bei den Balkan- vblkern ein Vogel oder Schmetterling in den Himmel gesandt wurde, damit er dessen Turen bffne und Regen herabsende. — Mir erscheint es wahrscheinlicher, daB das Lied ursprunglich das Emporwerfen und Fallenlassen der Puppe begleitete. Auf diese Vermutung bringt mich die Schilderung des frankischen Fastnachtsbrauchs bei Seb. Franck, Weltbuch 51 a: „halten auch yr vier ein leylach bey den vier zipffeln und ein strbinen angemachten butzen in hosen und wammes mit einer larven, wie ein todten mann, schwingen sy in auff in die hbhe und entphahen in wider in das leylach. Das treiben sy durch die gantz stadt...“. — 3 Op. cit. 257 (1782). — • Volksl II, 222, Grimma 1843.