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Fruhling - Der erste Mai 135 C. FRUHLING Der erste Mai 105. Er gilt als Gedachtnistag der hl. Walpurgis, die 754 erste Abtissin des Klosters Heidenheim in Schwaben wurde und um 780 gestorben ist. Die Sorben nennen den Tag os. wałpora, westl. Grenzdial. wolparga, um Schleife •wolperga 1 , ns. hołparga oder ofter hołpargi, pl. f. In der Walpurgisnacht reiten die Hexen (os. khodo(j)ta, ns. chodota, westl. Grenzdial. chodojca, ostl. Grenzdial. chodojta, alles zu ursl. choditi, >;gehen«; ns. guslowarka, os. kuz- larniča, »Zauberin«, zu ursl. *kuzlo, »Zauber«) zu ihren Versammlungsorten durch die Luft 2 , daher sind besondere VorsichtsmaBregeln geboten: Das Vieh wird vor Sonnenuntergang gefiittert und gemolken, der Stall gut ver- sperrt. Kein Milchgefafi und Stallgerat darf draufien bleiben. Um die Hexen abzuwehren, macht man Ringe und Kreuze von Pech oder schwarzer Kohle an die Tiiren oder schreibt die Buchstaben der hl. Drei Konige C + M + B daran. Denselben Zweck haben die griinen Zweige, die man an alle Eingange des Hofes und des Hauses steckt, und der auf die Tiirschwelle gelegte Besen. Andere schmieren die Schwellen mit Krotenfett ein 3 . Abwehrkraft besitzen auch die zahlreichen Feuer, die zum Himmel lodern, und die brermenden Besen, mit denen die Burschen durch die Felder laufen und die sie in die Luft werfen, um die Hexen zu brennen, khodojty palić' 1 . Soweit die Flamme leuchtet oder getragen wird, wird das Land fruchtbar. Vielfach verbrennt man im Walpurgisfeuer die alten Friedhofskranze (z. B. Lohsa). Schliefilich sucht man die Hexen auch dadurch zu vertreiben, dafi man mit Sensen durch die Fluren lauft und mit Steinen an das Metall schlagt 6 . Dafi das Hexenbrennen frtiher auch in den Stadten iiblich war, ersehen wir aus dem vom Stadtrat zu Bautzen am 6. Oktober 1783 herausgegebenen und am Tage vor Walpurgis 1825 wiederholten Verbot des Herumlaufens mit brennenden Besen und Strohwischen auf Strafien, Feldern und Biischen und des damit verbundenen Unfugs 6 . In der Niederlausitz rauchert man den Stall mit Dorant, Baldrian und Teufelsabbifi in einem Topfe kraftig aus (Grofi-Lieskow = Liškow), spiefit eine lebende Krote 7 an die Stalltiir (Gulben = Golbin) oder streut Hirse auf die Tiirschwelle (Neuendorf = Nowa was) 8 . Das Verbot des Verleihens (wie zu Weihnachten und zu Johanni) wurzelt ebenfalls in der Angst vor Behexung. Zu allerhand Zauberhandlungen ist die Walpurgisnacht geeignet: Um Mitternacht soll man von einem fremden Heuschober Heu stehlen oder auf 1 Handrik 118. — 2 Handrik 119; auf einem Birnbaum mit neun Wipfeln. — 3 Veckenstedt 441. — 4 Siehe auch Cerny, Mythiske bytosće, 396. — 5 Rentsch 2 , S. 359- ■— 6 O. Schone im Bautzener Tageblatt vom 29. IV. 1927. — ■ Vgl. hierzu Sartori, SB. III, 241. — 8 Muller 116.