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Hypothetische Deutung des Stadtgrundrisses nachträglich wurden die Straßen in die Stadt hineingezogen. Ihr ursprünglicher Verlauf kann also nicht für die Erklärung der Unregelmäßigkeiten der Grundrißgestaltung herangezogen werden. Insbesondere ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine vom Kloster auf Grund des Privilegs von 1143 ins Leben ge rufene Marktsiedlung. Die Stadtanlage ist vielmehr das Ergebnis eines einmaligen Gründungsvorganges, wie dies auch die in der ganzen Stadt einheitlichen Parochial- und Gerichtsverhältnisse x ) bestätigen. Wenn im folgenden den Hypothesen Bernsteins und Lau- deleys eine dritte nur skizzenhaft und mit allen Vorbehalten an die Seite gestellt wird, so aus dem Grunde, weil ich mir be wußt bin, daß sie der festen quellenmäßigen Unterbauung nicht minder entbehren muß als jene, da mir die Benutzung unge druckten Materials nur in ganz beschränktem Maße möglich war. Das Resultat der bisherigen Betrachtung ist im wesent lichen negativer Art. Die positive Arbeit wäre nunmehr in den Archiven zu leisten. Nur soviel kann mit allem Vorbehalt ge sagt werden: Für die Wahl des Platzes der Stadtanlage waren anscheinend in der Tat von vornherein Sicherheitsgründe, die Anlehnung an den Lauf der Chemnitz, von ausschlaggebender Bedeutung, ähnlich wie dies Bernstein vermutet hat. Doch ist es unwahrscheinlich, daß die Stadt bei ihrer Gründung sofort mit Wall und Graben umgeben wurde. Angelegt wurde wohl zuerst der Marktplatz, an dessen Trapezgestalt man sich nicht zu stoßen braucht. Auch anderwärts in Sachsen, wo auf schon vorhandene Siedlungsteile keine Rücksicht zu nehmen war, und bei Gründungen, die später vorgenommen wurden als die Chemnitzer, treffen wir trapezförmige und dreieckige Markt- *) Vgl. Bernstein, S. 52. Was die „gemeyne in der Langengasse“ betrifft, so meine ich, daß darunter gar nicht ein besonderer Verband der Bewohner der Langgasse, sondern ein Grundstück der Stadtge meinde, das in der Langgasse gelegen war, zu verstehen ist. Nur so ist es zu erklären, daß die ,,gemeyne in der Langengasse“ zwei Teile (von insgesamt sieben) eines Röhrwassers zugeteilt bekommt.