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7& Fünftes Ka.pi.tel Denkt man sich die Stadt weg, so fehlt für den scharfen rechten Winkel der von Marienberg kommenden Poststraße beim Jo hannistor jedes Motiv; natürlich wäre vielmehr eine Führung südwestlich an Chemnitz vorbei, die Chemnitzaue an der schmäl sten Stelle überquerend ’). Ein Streifen harten Tuffs bot hier den geeigneten festen Untergrund * 2 ). Man gewinnt den Ein druck, daß die Straße erst nachträglich in die Stadt hinein gezogen wurde. Sogar zwei Belege aus dem 12. Jahrhundert haben wir für die Straße von Leipzig über Rochlitz nach Böh men: sie erscheint 1174 in der Nähe von Zschillen (Wechselburg) als Boemica semita 3 ) und in der eingehend erörterten Hers felder Grenzbeschreibung als antiqua semita Bohemorum 4 ), kann also bereits um die Mitte des 12. Jahrhunderts auf hohes Alter zurückblicken. Damals schon war in der Nähe von Zöblitz zu ihrem Schutze von einem gewissen Werner eine Warte oder Burg „Nidberg“ errichtet worden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Bischof Arn von Würzburg bereits im Jahre 892 diese Straße benutzte, als er bei einem Überfall der Slaven den Tod fand 5 ). Zugleich geht aus der Hersfelder Grenzbeschreibung *) Mehr als fraglich ist, ob die Nikolaikirche ihr Patrozinium der vorüberführenden Straße verdankt. Gewiß ist der hl. Nikolaus mit den Kaufleuten in Verbindung zu bringen. Ihn aber geradezu zum ,, Straßen heiligen“ zu machen, wie dies Löscher-Voigt S. 70 ff. und P. Zinck, St. Nikolaus in Sachsen, Mitteldt. Bll. f. Volkskde. 8, 1933, S. 181 ff. tun, besteht kein Anlaß. Zurückhaltend demgegenüber H. Helbig, Untersuchungen über Kirchenpatrozinien in Sachsen auf siedlungs- geschichtl. Grundlage, 1940, S. 233. 2 ) A. Töpler, Flußläufe — Furten — Straßen in Chemnitz um 1143. Chemnitzer Tageszeitung 26. März 1940. 3 ) Cod. I 2, Nr. 404. 4 ) Vgl. S. 49. 3 ) Thietmar I 3, hsg. Holtzmann, S. 6: Sed non longe a predicto amne [Caminizi] in pago Chutizi dicto Arn episcopus . . ab expeditione Boemiorum reversus et iuxta plateam in parte septentrionali . . . semet ipsum optulit Deo patri. Vgl. die Lokalisierungsversuche von L. Bön- hoff, N. A. f. sächs. Gesch. 29, 1908, S. 147 ff.; C. Klotzsch, ebenda S. 273 ff.; A. Meiche, ebenda 31, 1910, S. 307H. Löscher-Voigt.