Volltext Seite (XML)
Stellung der Kaufleute. Eigenständigkeit der mitteldeutschen Stadt Es wird damit zugleich ersichtlich, daß nicht ein im Westen und Süden des Reiches fertig ausgebildetes Städtewesen nach dem mitteldeutschen Osten übertragen wurde, daß man hier also nicht allein den Typus der Neugründung „aus wilder Wurzel“ erwarten darf. Für Lübeck und den Ostseeraum hat Fritz Rörig die Riesenleistung hervorgehoben, die dazu gehört habe, hierher die „Stadt aus altdeutschem Kulturboden in rational vereinfachter und zugleich vervollkommneter Form in einer ersten großen' Schöpfung hinüberzupflanzen“ ] ). Für den ost mitteldeutschen Raum, der ebensowenig wie Lübeck und der Ostseeraum zum altdeutschen Siedlungsgebiet gehört, gilt dies nicht. Keine Verpflanzung, sondern eine bodenständige Ent wicklung liegt hier vor, an die die Hochflut der Stadtgründungen des 13. Jahrhunderts anknüpfen konnte. Die zugrunde liegende Leistung wird man deshalb nicht geringer einschätzen. Der Übergang von der „gewordenen“ zur „gegründeten“ Stadt ist im mitteldeutschen Osten besonders deutlich erkennbar. Den älteren Städten an der Saale und in ihrem östlichen Vorlande kommt auch in dieser Hinsicht eine Mittelstellung zwischen deutschem Westen und Osten zu. Allmähliches Wachstum, klar ausgeprägt bei den Bischofsstädten, selbst bei Naumburg, das als Neugründung der Frühzeit dennoch die Entwicklung der Städte Altdeutschlands mitmacht, ist verknüpft mit späteren Vorgängen planmäßiger Gründung. Eine Überschichtung der Siedlungs- und Rechtsformen ist die charakteristische Folge dieser durchaus eigenartigen Mittelstellung. Es erscheint mir wesentlich, daß das deutsche Königtum in dieser Landschaft, die in so vieler Hinsicht für die Ausbildung der neuen Formen des deutschen Ostens in Siedlung, Recht und Wirtschaft vor bildlich wurde, an erster Stelle diese Neugründungen in die Wege leitete. Zunächst schlossen sie sich an Vorhandenes an. Bei Chemnitz war dies nicht mehr der Fall, obwohl man auch hier nicht zu sofortiger Stadtgründung schritt, sondern eine Kloster- h DA. 1 S. 412.