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Auch in der Lausitz sind ihre Anhänger zu treffen. Ge nannt sei Alfred Glather. Das Museum veranstaltete seinerzeit eine Nachlaß-Ausstellung Glathers und besitzt von ihm neben Radierungen auch zahlreiche Plastiken. Aus kleinen Verhältnissen heraus hat sich Glather zur Kunst emporgearbeitet. Als Lehrling war er in einer Gipsfabrik tätig. In diesem Berufe kam er zufällig auch mit Wrba zusammen. Dieser zeigte ihm seine Werke und fragte ihn, wie sie ihm gefielen, worauf Glather antwortete: Das ge fällt mir gut, das könnte ich auch machen. Daraufhin wurde er Schüler von Wrba, der ihm den Weg in die Akademie ebnete. Erst vierunddreißigjährig, erlag er 1923 einem Lungenleiden. Bei aller Anerkennung, die er für Wrba hatte, in der Kunst ging er eigene Wege. Wrba ist Ver treter des Naturalismus, Glather ist typischer Expressionist, und als solcher schreckt er auch vor gewagten Darstellungen nicht zurück, wenn es gilt, seinem Erlebnis einen Aus druck zu verleihen, der unvergeßlich sein soll. Daher: bei aller Problematik seiner Lösungen ist er eindrucksstark. Mit Glather verwandt ist Paul Wicke, ein Guß mannschüler. Er ist heute daran, in die Richtung der Neuen Sachlichkeit hinüberzugehen. Die Bilder, in denen er noch streng den Expressionismus vertritt, zeigen Zerrissenheit der Formgebung und gewaltsames Herausarbeiten ge wisser Mittelpunkte. Das gleiche trifft auf die Werke von Fritz Kurth zu, etwa auf seinen „Frauenkops" oder seinen „Christus". Kurth, aus der Münchener Schule hervorgewachsen, ist Stuckschüler, aber seine Entwickelung vollzog sich unter dem Einfluß des Expressionismus. Georg Karl Heinicke, ein Bautzener, ist Schüler der Dresdner Kunstgewerbeschule. Er hat wendisches Blut in den Adern. Auch er ist ein Wenüenmaler. Bei ihm ist das expressionistische Element vielleicht am besten zu erkennen, nämlich in der plakatartigen Verflachung, die er allen seinen Bildvorwürfen angeöeihen läßt, um sie eindrucks voll zu gestalten. Ganz anders die Bautzener Künstlerin Marianne Britze, eine der hoffnungsvollsten der heimischen Kunst schaffenden. In ihren Holzschnitten steht sie ganz auf dem Boden des Expressionismus. Sie zeigen ein bewußtes Zer reißen der Formen und dann wieder ein willkürliches, aber sehr stark wirkendes Aufbauen der auf solche Weise geschaffenen Bildatome. Hinzu kommt aber eine Abart des Expressionismus: der Kubismus. Der französische Expres sionismus hat sich offiziell ja niemals Expressionismus ge nannt, sondern sich als „kubistische Malerei" bezeichnet. Das Prinzip desselben beruht darauf, daß der Künstler feste Körper, Atome, in das Weltbild hineinsieht. In den letzten Ölbildern aber, etwa in dem „Stilleben", zeigt Marianne Britze schon etwas Neues: eine weit größere Rücksichtnahme, ein hingehenderes Eingehen auf das Ob jekt, eine dienenöere Stellung zum „Ding an sich". Dieses Ringen um die Dämonie des Objektes, das den Beschauer i» den Bannkreis zieht, diese Magie des Objektes ist es auch, was der Künstlerin eine neue Stellung abnötigte. Es kam ihr darauf an, das innere Wesen der darzustellen den Gegenstände so zu betonen, daß sie bannend wirken. Und das ist das Prinzip der Neuen Sachlichkeit: dieses Stch-Einschmiegen, Sich-Untervrdnen unter etwas, was dem subjektiven Ich des schaffenden Künstlers als gleich wertig und übergeordnet gegenübertritt. Ähnliches findet man bei Bruno Heinz sNiederneu- kirchj etwa in seinem „C h r i st u s k v p f" oder seinem „M u s i k e r k v p f". Er hat in Dresden bei Prell und Zwintscher gelernt, hat dann aber eine Richtung einge schlagen, welche die Neue Sachlichkeit in einer eigenen Ausprägung vorwegnahm. Im Jahre 1922 erlag er, erst 32 Jahre alt, einem Lungenleiden, als Opfer des Krieges. Man hat ihn als einen „nachgeborenen Nazarener" ver lacht, weil in dem Verzicht auf Koloristik und in dem Be tonen des Inhalts im Gegensatz zu der bis dahin über steigerten Betonung der Form tatsächlich Anklänge an die Nazarener vorhanden sind. Aber gleichwohl bringt Heinz etwas Neues, Eigenes. Die Nazarener lehnen sich an die italienische Renaissance an, aber Heinz hat angeknüpft direkt an die Schule des Impressionismus. Doch ist er nicht dabei geblieben, sondern ihm liegt daran, den Wesens kern des Vorwurfs so herauszuarbeiten, daß er wie von innen heraus glüht. Die Dämonie des Objektes hat dieser junge Lausitzer vor der eigentlichen Neuen Sachlichkeit be reits auf eigenen Wegen zu schaffen gewußt. Daher be zeichnet man ihn nicht mit Unrecht als Vorläufer der Neuen Sachlichkeit. Und das ist es, was uns die größte Hochachtung vor ihm abringt. An die Forderungen der Neuen Sachlichkeit an lehnen sich auch Hanns Lillig, ein junger Zittauer, der lau- sitzer Motive in seinen Bildern verwendet, und Johann Wüsten, ein junger Görlitzer, der ganz auf eigenen Wegen wandelt. Ursprünglich betätigte er sich auf dichte rischem Gebiete, bis er den Maler in sich entdeckte. Als Maler hat er zwar mit großen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen, bringt aber gleichwohl das Fe-dgeschrei der Neuen Sachlichkeit am überzeugendsten mit zum Ausdruck. Alle diese Werdenden zeigen, daß zwar Kräfte vor handen sind, um aufbauend auf die Errungenschaften des Impressionismus und Expressionismus den neuen Zeitstil zu finden. In überzeugender Formulierung hat er sich aber bisher noch nicht gesunden. Hoffen wir aber, daß die Ansätze sich allmählich zu wirklichen Leistungen entwickeln und daß wir in nächster Zukunft erleben, daß der große / Künstler vor uns hintritt oder, so er schon unter uns - wandelt, daß er als der große Künstler erkannt wird, dem es gelingt, uns zu überzeugen, aus sich heraus den Stil geboren zu haben, der als Stil unserer Zeit im wahrsten Siyne bezeichnet werden darf! Das Forstsest zu Kamenz in alter Zeit In diesen Tagen hat Kamenz mit großem Jubel wiederum sein Forstsest gefeiert. Da das Fest vielen Lausitzern bekannt ist, durch den Festfilm des Heimatschutzes noch bekannter wurde, dürfte es interessieren zu erfahren, wie das Forstfest in alter Zeit gefeiert wurde. Vielleicht ist es gar möglich, den einen oder den anderen Zug wiederum zu beleben. In einer alten Lausitzer Monatsschrift vom Jahre 1801 finden wir eine Schil derung und Würdigung dieses hochberühmten Schulfestes. „In Kamenz ist es der Schule alle Jahre in der Woche, wenn Bartholomäus fällt, vergönnt, sich die ganze Woche in einem ungefähr eine Viertelstunde von der Stadt unweit der Bautzner Straße gelegenen lebendigen Birkenbusche, der dem Kloster Marienftern gehört, zu vergnügen. Es werden hierzu von zwei klösterlichen Förstern zwo grüne Hütten (beide Hütten sind von einander durch Wald abgesondert) im Walde erbaut, eine für die Lehrer, die andre für die Schüler. Diese Förster müssen auch stets bei der Hand sein, sowohl zur Aufsicht, als auch einigermaßen zur Bedienung, besonders aber geben sie Achtung, daß nicht von mutwilligen Menschen Schaden am jungen Holze geschieht. Das Fest nimmt in der Woche, wenn Bartholomäus fällt, Montag nachmittags um 1 Uhr seinen Anfang, und zwar durch einen öffentlichen Aufzug von dem Kloster aus bis in die äußerste Vorstadt mit Feldmusik und Fahne, der alle Tage wiederholt wird, und dem auch die Lehrer folgen, In der sogenannten Herrenhütte finden sich beinahe die ganzen Honoratioren der Stadt ein, und in der Hütte, wo sich die Schüler befinden, sind auch viele Bürger des Vergnügens wegen zugegen, ja sogar verschiedene Personen von der Nach barschaft, z. B. Landprediger, Ökonomen usw. nehmen oft an diesem Vergnügen teil. Dieses Schulfest wird insgemein das Forstfest oder auch der Forst genannt. Daß das Vergnügen bei diesem Feste sehr von der Witterung abhängt, liegt wohl außer allem Zweifel.