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26 wurde ein Verwandter de? Fabius — Pictor — zur Befragung deS Orakels nach Delphi geschickt, und da man zwei vestalische Jungfrauen der Unzucht schuldig fand, die eine — nach herkömmlicher Sitte — lebendig begraben; die andere gab sich selbst den Tod. Am meisten Bewunderung verdient die Besonnenheit und nachsichtsvolle Güte der Stadt. Denn als der Consul Varro von seiner Flucht heimkehrte, gedcmüthigt und niedergeschlagen, wie es nur ein Mensch sein kann, der die schmachvollsten, unglückseligsten Geschäfte gemacht hat, ging ihm Senat und Volk insgesammt zur Begrüßung entgegen. Die höchsten Behörden und ersten Mitglieder des Senats, wozu auch Fabius gehörte, sprachen, sobald die nöthige Ruhe eingetreten war, ihm ihre Anerkennung aus, daß er nach einem so großen Mißgeschick an dem Staate nicht verzweifelt habe, sondern hier erscheine, um als höchste Instanz die öffentlichen Angelegenheiten zu leiten, die Gesetze zu handhaben und mit den Bürgern so zu verkehren, daß er deren Ret tung hiedurch als möglich anerkenne. 19. Als sie darauf erfuhren, daßHannibal nach der Schlacht sich gegen das übrige Italien gewandt hätte, gewannen sie wieder Muth und schickten neue Feldherrn, neue Armeen aus. Unter diesen waren Fabius Maximus und Claudius Marcellus die hervorragendsten; bei fast völlig entgegengesetzten Grundsätzen, wornach sie handelten, war ihre Bewunderung die gleiche. Der Letztere (wie in seiner Lebens beschreibung näher berichtet ist) besaß Thatkrast und trotzigen Muth in glänzendem Maße. Er war ein Mann, der auch persönlich dreinzu schlagen vermochte, — nach seiner ganzen Natur ein Mann von der Art, wie sie Homer gerne „kriegliebcnde, kampflustige" nennt. Und in dieser waghalsigen, verwegenen Art, die der Keckheit eines Hannibal die gleiche Keckheit entgegensetzte, eröffnete er auch sogleich den Kamps bei verschiedenen Gelegenheiten. Fabius dagegen blieb fest bei seinen ersten Berechnungen. Er hoffte, daß Hannibal, auch ohne daß ihn ein Mensch angriffe oder reizte, sich selber schaden und hinsichtlich des Krieges aufreiben werde, indem er, wie ein Athlet bei einer durch seine Strapazen herbeigeführten Ueberspannung der Körperkraft, in kürzester Zeit seine ganze Stärke verlieren müsse. Dcßwegen hieß — nachPosidonius — der Eine beiden Römern ihr „Schild", Marcellus