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nicht mit ansehen, dtch als die Frau eines anderen. Ich müßte den Mann hassen, selbst wenn eS mein Bruder ist. Ich kann eS nicht!' Da sie nicht antwortete, sah er sie an. Gah, daß sie lautlos vor sich hin weinte. Rasender Schmerz übermannt» ihn. Er zog sie an sich. „Richt, nicht, Ulrich! Ich habe deinem Bruder mein Wort gegeben, vor dem Altar. Laß mich dieses Wort nicht brechen. Geh — geh fort — eS ist das beste!' Ulrich sprang auf, sah die zusammengesunkene Frau vor sich liegen. Unsinniger Schmerz überfiel ihn. Dann bezwang er sich, sagte mit halber Stimme: „Du hast recht, Priska. Es muß sein. Lebe wohl, Priska! Gib mir noch einmal deine Hand, Herzlieb!' Sie war aufgesprungen. Ihr Atem flog, zitternd lag ihre Hand in der seinen. Stumm wandte er sich ab. Richt länger konnte er sich bezwingen — er mußte gehen. Ein heißes, weheS Schluchzen traf an sein Ohr. Jäh fuhr er herum. Da lag sie an seiner Brust, klammerte sich leidenschaftlich an ihn. „Geh nicht fort, Ulrich! Bleibe bet mir! Ich will dich nur sehen — bleib! Ich kann daS Leben sonst nicht er tragen. Geh nicht fort — geh doch nicht wieder fort!* Wild preßte er seine Lippen auf ihren stammelnden Mund. Immer und immer wieder küßte er diesen Mund, den er so lange entbehrt hatte, und der nur ihm gehörte« „Ich bin schlecht, Ulrich, grundschlecht, ich weiß e». Aber ich kann nicht ander-. Du mußt bet mir bleiben, Ulrich!' „Ich bleibe, Priska! Ich werde in deiner Nähe sein, werde dich nicht verlassen. Wir gehören doch zusammen, du gehörst doch mir, keinem anderen. Du mußt meta werden, sonst würde ich jeden Glauben an da- Gute ver lieren. Ich werde mit Rupert reden. Er wird — er muß es einsehen, daß ich ältere Rechte an dich habe. Er wird dich freigeben!' „Rupert — o Gott!' „Sei ganz ruhig, Herzlieb! Aengfiige dich nicht! So bald als möglich werde ich Rupert alles sagen. Borläuftg aber soll er nichts merken. Du mußt ganz M und gefaßt sein, wenn Rupert dich mir als seine Frau vorstellt. Die Zeit erst muß ordnen, was heute undurchdringlich er scheint.' „Ob ich das fertigbringen werde, Ul? Oh, wie schreck lich das alles ist! Gar nicht auszudenken, wie schrecklich!' Poller Qual sah sie zu ihm auf. Leise streichelte er ihr Haar. „Ich gehe jetzt zurück, Priska. Wir müssen den Mut und die Energie aufbringen, vorläufig ruhig zu bleiben. Wir dürfen Rupert keinen Grund zum Mißtrauen geben. Wenn wir ruhig, offen und klar sind, wird sich aller lösen. Wir kämpfen um unsere FrRheit und um unser Glück. Aber — wir dürfen nichts übereilen. Wirst du vernünftig sein können, Priska?' „Ich werde es können, Ulrich, denn du bist ja jetzt bei mir.' * * Nun war das Aergste vorbei. Priska hatte, in Ruperts Gegenwart, den Schwager begrüßt und seinen Freund, bet dessen Anblick sie indes fast ihre mühsam bewahrte Fassung verloren hätte. Ulrich halte vergessen, Mertschinskis Anwesenheit zu erwähnen. Ihr Gesicht war ganz weiß geworden vor Schrecken. Ulrich, der neben Priska stand, sah ihr Erschrecken. Unmerkbar streifte sie seine Hand, von der ein be ruhigendes Fluidum auf sie überging. Schnell hatte sie sich gcsaßt. Man aß zusammen zu Mittag; dann zogen sich di« Freunde zurück. Es war ziemlich voll im Hotel; Ulrich unv Merrschinski mußten ein großes Doppelzimmer be wohnen, dem ein Badezimmer angeschlossen war. Raum waren sie allein, fiel die MaSke von Ulrich- Gesicht. DaS Erlebnis dieses Tages brach aus ihm heraus. Auch Egon Mertschinskt war, vielleicht das erste Mal in seinem Leben, aus seiner Ruhe aufgescheucht. Auch er sah mit einem Male blaß aus und angestrengt, und er zerbiß nervös die Zigarre, an der er rauchte. „Ulrich, armer Junge! Wie schrecklich daS alles ist! Ich bin noch ganz konsterniert, wie vor den Kopf ge schlagen. Erst warst du stundenlang verschwunden. Dein Bruder machte mir halbe Andeutungen von Vergangenheit aufstöbern und Austoben und so. Ich machte mir schon große Sorgen. Dann kamst du an, bleich und abgehetzt, murmeltest mir etwas zu, Priska sei hier, ich solle um Gottes willen ruhig bleiben, sie würde gleich kommen... Ich denke, du bist ein bißchen verrückt geworden. Und dann, dann tauchte sie selbst auf. Die Frau deines Bruders.,, (Fortsetzung folgt.) Weiner tote« Mutter. Zwei heiß« Aug«n weiß ich, die brennend durch's Dunkel geh n: Zwei blaffe Lippen küßt ich, die nimmer ich kann versteh'n. Zwei zarte Hände strichen oft über mein Haar, eine schöne Seele segnete mich Jahr um Jahr. — Und war mir gut am Tag und in -er Nacht, hat in kranken Stunden an meinem Bett geivacht hat nicht geduldet, daß der Tod mich nahm, bis Las bittre Sterben dann zu ihr kam. Anny Lutz. Kreuzworträtsel. Waagerecht: 1. Feldmaß, 3. grammatikalischer Artikel, 5. Pöbel, 7. Wagnerische Bühnengestalt, 9. Erfin der auf dem Gebiet des Gasglühlichts, 1V. Dichterroß, 11. Teil -es Hauses, 13. Existenz, 15. bekannter Schachmeister, 18. arabisch: „Söhn', IS. Name mehrerer Päpste, 21. alt- griechische Sagcngestalt (Tochter des Athames), 23. alt ägyptischer Gott, 25. norwegischer Dichter, 26. englisch: „Sonne", 28. Gebirge, 29. türkischer Knabenname, 30. deut scher Nationalökonom um 1860, 31. Teil des Baumes, 33. sagenhafte Heldenmutter, 31. Schiffsseite, 35. Trockenvor richtung für Früchte. Senkrecht: 2. Städtisches Gebäude, 3. europäischer Staat, 1. Laubbaum, 5. Göttin der Kunst, 6. Provinz von 3. senkrecht, 8. Teil des Anzuges, 9. bekannte Tennismeisterin, 12. Anervchs, 14. Geliebte des Zens, 16. spanischer weiblicher Borname, 17. Schwung, 18. Weichmetall, 20. Name meh rerer Kalifen, 22. Hast, 24. nordischer männlicher Borname, 27. Mantel, 31. Schulfesthalle, 32. Gasnebenerzeugnis. Auflösung des Gebankeutrainings „Filmband": Die fünf Wörter sind: Mittagessen, Kapelle, Geweihe, Bowle, Eiscnbahnzug. Die fünf Silben sind: mit — le -- wei — le — ei. Das Sprichwort lautet: „Eile mit Weile'« Truck und Verlag von Langer u. Winterlich, Riesa. — Fürdie Redaktion verautwortlich: Heinrich Uhlemann, Riesa. ErMler an dec Me. Belletr. Gratisbeilage zam „Riesaer Tageblatt". Nr. IN. Riesa, 13. Mai LS»». 5«. Jakr^ Ml 8.8. Es ist dir gesagt Mensch, was gut ist, und was der Herr von dir fordert, nämlich Gotteswort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott. „Daß die Erde rätselhaft traurig ist. das geht dich, Seele, nichts an. — Du bist hineingestellt, Leinen Umkreis hell zu machen. Was weiter ist, ist nicht deine Sache." (Carmen-Sylva.) Durch Klagen und Jammern, durch Murren und Hadern schaffen wir kein Uebel aus der Welt. Auch unsere Zweifel helfen uns gar nichts, sondern lähmen nur unsere besten Kräfte. Es gibt nur einen Weg, auf dem wir das Uebel in der Welt erfolgreich bekämpfen können. Die Schrift sagt: „Gottes Wort halten, Liebe üben, demütig sein". — „Gottes Wort halten" heißt feststehen auf -em Boden der biblischen Offenbarung, sich nicht irre machen lassen, Glauben und Ver trauen haben zu einer höchsten Weisheit und Liebe, -er auch das kleinste nicht entgeht, die auch für uns sorgt und über uns wacht. „Gottes Wort halten" heißt einen höchsten Willen über sich erkennen und ihm sich beugen in Gehorsam und dann in -iesem Gehorsam Liebe üben. — Haben wir nicht täglich Gelegenheit, einen Lichtstrahl -er Liebe in unseren Umkreis hincinzutragen? — Vermeiden wir harte kränkende Worte, üben wir soviel Selbstzucht, daß wir nicht bei jeder kleinsten Unregelmäßigkeit aufbegehren, denken wir an die eigenen Fehler, die in uns liegen und auch anderen zu schaffen machen. Freundliche Worte, Helle Mienen, kleine Liebesbeweife. harmlose Freuden, wie können sie unseren Umkreis hell machen. Und sind wir in -er Lage, anderen zu helfen, dann wollen wir es tun und Not stillen und lindern, und auch die Erfahrung verletzenden Undankes darf uns nicht beirren in solchem Wirken. — So schreiten wir Wege des Lichtes im Dunkel -es Leides und des Hasses und lernen auch das dritte, das zum Lebcnsglück gehört, nämlich demütig sein vor Gott. Thomas a Kempis sagt: „Beständiger Friede ist dem Demütigen, aber in dem Herzen -er Stolzen ist häu fig Zorn und Unwille". Demut ist der Weg zum Frieden, und Demut ist keine Schwäche, sondern innere Kraft, die das trotzige Ich zwingt und unterordnet der Majestät des ewigen Gottes — noch immer hat Gott die hochmütigen Menschen zerbrochen, die demütigen aber angenommen. — Daran wol len wir festhalten, daß Gottes Segen auf uns ruhe und seine Hilfe uns führe und leite. Bk. Oopveükbt l>5 Garti» kvavbtvamrer. Halle (8aale> S. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Ach, Ul, eigentlich ist Gabi daran schuld. Priska lebte bei uns im Hause, als Gabis Gesellschafterin. Und die Krabbe sah, daß ich Priska sehr gern hatte. Ich bin weit davon entfernt, ein stürmischer Liebhaber zu sein. Der war ich auch bei Adda nicht. Trotzdem weißt du, daß sie sich gut mit mir abgefunden hatte. Du weißt ja auch, wie Adda war; daß ich Mühe hatte, ihre Verschwendungssucht einzudämmen und ab und zu ein Machtwort sprechen mußte. Trotzdem waren wir ganz zufrieden zusammen. Nur, daß sie mir keinen Erben geschenkt hatte, das war der einzige Kummer meines Lebens. Nun, jetzt habe ich ja eine junge Frau und eine sehr schöne noch dazu. Sie ist das Gegenteil von Adda. Sehr still, mehr als sparsam und abhold allen gesellschaftlichen Vergnügungen. Eine außerordentlich gute Hausfrau. Ich bin wirklich sehr zu frieden. Außerdem steht sie glänzend mit Gabi. Auch mit rin Grund, weshalb ich diese Ehe einging. Priska ist wirklich die Frau, die ich brauche. Stellt keinerlei Ansprüche auf Galanterie oder Kurmacherei. Die richtige Frau für einen Bären, wie ich einer bin. Ra, du virst dich ja bald selbst von all dem überzeugen, Ul.' „Wieso kam diese Priska von Wallis in euer Hau-, Rupert?' „Ja, das ist eine sonderbare Geschichte. Im allgemeine» rede ich nicht gern darüber. Aber — du bist schließlich mein Bruder, gehörst zu uns. Es war damals, als wir zum letzten Male in Berlin zusammen waren. Ich war aus dem Rachhausewege, t» der Nähe von Potsdam. Ich sah eine Herumirrende Frau. Sie lief zur Havel hinunter; im letzten Moment gelang es mir, sie festzuhalten. Es war schwer, sie zu bändigen. Aber mit Ludwig- Hilfe wurde ich mit ihr fertig. Ich nahm sie mit mir nach München, in unser Haus. Und heute ist sie meine Frau. Aber — ich will nicht, daß darüber geredet wird. Niemand als Gabi und Ludwig wissen etwas von der Sache. Und Ludwig ist verschwiegen wie das Grab. Uebrigens, Ul — was ist aus deiner Heirateret ge worden? Damals schien es dir doch bitter ernst zu sein? Ich warte immer noch auf die Schwägerin, die du mir bringen wolltest?' * Rupert war so mit seiner Erzählung beschäftigt, daß er das tiefe Erblassen Ulrichs nicht beobachtet hatte. Jetzt erst merkte er, daß Ulrich regungslos dasaß, kein Wort erwiderte. Er klopfte ihm auf die Schulter: „Hab' ich dir mit meiner Frage weh getan, Ul? Dann verzeih' mir, bitte! Das wollte ich nicht. Armer Kerl, du »ist ganz blaß geworden. Aber weißt du, ich hatte damal- ichon meine Zweifel an deiner Wahl. Ein Modell? DaS »aßt doch wohl nicht recht zur Ehe. Es war nur ein Glück, saß du vorher drauf gekommen zu sein scheinst, ehe du sie zehciratet hattest.' „Mein Gott, Kleiner, so schwer trifft dich die Erinne rung? Hätte ich gewußt, daß die Geschichte dir heute noch so zu Herzen geht, hätte ich sicher nicht daran gerührt. Aber — du träumst zu viel, hängst deinen Gedanke» zu viel nach. Paß nur auf, hier bei uns wirst du schon auf rndere Gedanken kommen. Wir werden dafür sorgen, daß ou wieder der lustige Sonnenmensch wirst, der du früher warst, Ul!' „Oh, Rupert, du weißt ja nicht, wie unglücklich ich bin Kein Mensch kann mir helfen.' .Ulrich!' Rupert Bergmann war tief erschrocken. So kannte e« seinen Bruder nicht. Noch nie hatte er ihn so verzweifelt gesehen. Was war das nur? „Mein armer Junge! Kann ich dir nicht helfen? Sag' mir doch, was das mit dir ist.' Ulrich sah mit glanzlosen Augen zu Rupert auf. Sei» Kopf war wie ausgebrannt. Aber er mußte Fassung be wahren. durste sich nichts von det Verzweiflung anmerken lassen, die sein Inneres überfallen hatte. Jetzt, da er die Gewißheit hatte: Priska lebte — lebte als die Frau seines Bruders. Es war nicht auszudenken. Vorläufig mußte er allein sein, mußte seine Gedanken ordnen, mußte sich besinnen. „Rupert, ich bin ein bißchen überreizt ... die Reise, die Ausstellung in Berlin .. ich muß zur Ruhe kommen Fetzt möchte ich eine Stunde Spazierengehen, ganz allein Vielleicht kümmerst du dich ein wenig um Mertschinski? In einer Stunde bin ich wieder da.'