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machen musste. Für schwache Stoffe, wie Crepes, Cachemirs des Indes, Serges, ist sie einfach nicht zu gebrauchen, weil die Waare sich zu leicht fängt. Bei ganz starker Waare ist dies allerdings weniger zu befürchten, doch bleibt immer noch der Nachtheil be stehen, dass die Stücke zu viele Hindernisse überwinden müssen. Es ist deshalb immer besser, wenn die Abnehmer geradlinig sind, wie Fig. 6 sie vorschreibt. In der Praxis haben sich auch die geradlinigen Abnehmer vollkommen bewährt und darum fast allge meine Anwendung gefunden. Der Gedanke, die Waare, wie bei der Gessner'sehen Walke, in übereinander liegen der Anordnung, durch zwei Leitwalzen ge- thcilt, zuzuführen, hat für den ersten Blick etwas Bestechendes. Aber man hat schon seine liebe Noth, wenn man zwei Stücke neben einander laufen lässt und dieselben nicht genau dieselbe Länge haben. Wie erst, wenn die Stücke von Tambour, Roulett und Stauchcanal auf einander gepresst wer den? Die Gefahr, dass Verschlingungen ent stehen, dass die Maschine öfter abgestellt werden muss und dass die Waare beschädigt wird, liegt hier gewiss sehr nahe. Ausser dem verlangt diese Anordnung einen stärkeren Druck des Roulettes auf den Tambour für den Transport der Waare, welche damit wiederum Walkbrüchen leichter ausgesetzt ist. In der That haben die vor vielen Jahren mit dem Uebereinanderlaufenlassen der Waare angestellten Versuche zu vielen Walkfehlern Veranlassung gegeben. Ueber den Unterschied zwischen Hebel und Federbelastung des Roulettes ist oben schon kurz gesprochen worden; der Gegen stand ist jedoch wichtig genug, um etwas ausführlicher behandelt zu werden. Unsere alten Walkenbauer bedienten sich des Ge wichtshebels und sind auch dabei geblieben. Der im Jahre 1858 zuerst ausgeführte Feder druck giebt allerdings den Rouletts einen elastischen Gang, aber die Handhabung ge staltet sich unsicher, auch wenn der Walker in der Lage ist, den Federdruck bequem reguliren zu können. Nehmen wir z. B. an, die zuletzt gewalkten Waaren seien Winter- waare gewesen, und ihnen haben dünnere Sommerwaaren zu folgen: wenn nun auch der Walker zu Beginn den Federn den rich tigen Druck gegeben hat, so dass die Waare regelrecht transportirt wird, nach welcher Scala hat er weiterhin den Druck während des Walkens zu reguliren? Den anfänglichen Druck muss er vermindern entsprechend der Stärke der Stücke, aber es fehlt ihm jeder Anhaltspunkt, um wie viel er denselben vermindern soll; so ist zu befürchten, dass die Stücke ungleichmässig ausfallen oder gar mit Löchern und Scheuerstellen die Walke verlassen. So lange die Federwalken noch ohne Druckscala geliefert werden, ist nach meinem Dafürhalten die Hebelbelastung bei zubehalten , weil ihre Bedienung einfacher ausfällt, weil der Hebel mit der Verstärkung der Waare automatisch, 1—2 Zoll, in die Höhe geht, also die Waare viel regelmässiger behandelt als dies bei Federdruck der Fall ist. (Fortsetzung folgt.) StizxLrrxen. der Fra-zzis. (Diese Rubrik, für deren Inhalt die Redaktion eine Verantwortlichkeit nicht übernimmt, ist zur Discussion fachwissenschaftlicher Fragen bestimmt und werden die hier abgedruckten Einsendungen auf Wunsch gern honorirt. Die Redaktion.) Prüfung des Leims. (Antwort auf Frage No. 321: „Wie prüft man, ohne grossen Zeitauf wand, und doch sicher genug den Leim? Wie unterscheiden sich Lederleim und Knochenleim?“) Ihre Frage ist nicht ganz unzeitgemäss; denn seitdem Knochenleim und sogenannter Mischleim dem altbewährten Lederleim Concurrenz machen, ist letzterer in den Färbereien, Appreturanstalten und Schlichtereien zu ihrem eigenen Schaden eine ziemliche Seltenheit geworden. Man will sparen und spart wieder einmal ohne Raison, indem man glaubt, ein Knochenleim zu 22 Mk. per Centner oder ein Mischleim (x-beliebige Mischung von Knochenleim und Lederleim) zu unge fähr 40 Mk. müsse das Gleiche leisten, wie ein guter Lederleim zu 50 Mk. In der Regel wird der Leim auf Treu und Glauben gekauft, nachdem mau einen kurzen Blick auf die Preisliste geworfen hat; höch stens dass man eine Mustertafel gegen das Licht hält und auf ihre Durchsichtigkeit prüft. Gräger’s Be stimmung mittelst Gerbsäure ist zwar chemisch be gründet, aber nach Ihrer Fragestellung wird sie Ihnen und vielleicht auch Anderen zu umständlich sein. Podewill’s Reissmaschine für die Prüfung der Bindekraft des Leims ist zu kostspielig und nur zu empfehlen, wo der Artikel massenhaft verbraucht wird. Die Maschine von G. Falter & Sohn in München zu gleichem Zweck kommt bedeutend billiger zu stehen. Doch da Sie der Textilbranche angehören, also den Leim nicht zum Leimen von Holz verwenden, sollte die einfache Wasserprobe Ihnen genügen, welche in der Weise ausgeführt wird, dass man eine Tafel Leim abwiegt und 2—4 Tage in kaltes Wasser einlegt, bis das Maximum von Wasser aufgesogen ist, worauf man die entstandene Gallerte auf die Wage giebt. Guter Lederleim nimmt hiebei durchschnittlich das B'/^fache seines Trockengewichts an Wasser auf, d. h. es liefert 1 kg trockener Leim ä 10 Mk. 4 1 / 2 kg Gallerte; also kostet 1 kg Gallerte 22,2 Pf. Mittlerer Knochenleim ä 4 Mk. 40 Pf. per kg hingegen nimmt nur die Hälfte seines Gewichtes an Wasser auf: es liefert somit 1 kg desselben nur l'/ 2 kg Gallerte von gleicher Consi- stenz wie die Lederleimgallerte, so dass 1 kg Knochen leimgallerte auf ungefähr 29,3 Pf. zu stehen kommt. Diese beiden Werthe dienen dazu, die Ausgiebigkeit der einen und der anderen Sorte gegen einander zu vergleichen. Wenn Sie dann noch blaues Lackmus papier mit der Leimlösung bestreichen, so wird sich weiter ergeben, dass gute Lederleime immer säurefrei sind, während Knochen- und Mischleime fast ausnahms- os eine stark saure, in der Färberei wie in der Appre ¬ tur schädlich wirkende Reaction zeigen. Berücksichtigt man endlich die Geruchlosigkeit des Lederleims, welche in der Appretur sehr hoch anzuschlag'en ist, sowie dass der Lederleim frei von Fetten ist, so werden diese Anhaltspunkte Ihnen genügen, um die richtige Wahl beim Einkauf zu treffen und Ihnen auch in diesem Falle darthun, dass der billigste Einkauf nicht immer der vortheilhafteste ist. Als Type für obige Vergleichsversuche wurde der als gut und rein be kannte Lederleim von R. Ger stacker & Sohn in Chemnitz verwendet. Kl. Das Blauen der Wolle. (Antwort auf Frage No. 322: „Wie ist ein bläuliches Weiss herzu stellen. welches nicht viel staubt und vor allein die Waare (glatte Tuche) milde und weich lässt?“) Ich rathe dem Herrn Fragesteller, die Tuche nach dem Rauhen in ausgeschleudertem Zustande in der Schwefelkammer auf die bekannte Weise zu schwefeln und hernach auf der Waschmaschine in einem warmen Wasserbade zu waschen, dem man soviel Methylviolet zusetzt, dass man den gewünschten bläulichen Schein erreicht. Das Warmwasserbad mit dem Methylviolet muss fertiggestellt sein, bevor man mit der Waare eingeht, wenn man vor stärker und schwächer geblauten Stellen in den Tuchen gesichert sein will. Nachdem die Waare 20 bis 30 Minuten in diesem Bade ge gangen, während welcher Zeit man eventuell etwas heisses Wasser nachgiessen kann, spült man sie mit kaltem Wasser aus und stellt sie in der üblichen Weise fertig. H. Unreines Blau auf Halbwolle. (Antwort auf Frage No. 323: „Ich färbe blaue Cachemirs, Cheviots und Serges mit dunkelgrundigem Kunstwolleschuss und mit Baum wollkette. Bald fallen die Stücke gut nach Muster aus, bald aber erhalte ich sie düster, schmutzig aussehend und nur in der Ueber- sicht noch ein Blau zeigend. Gefärbt wird mit Schwefelsäure und Wasserblau, wobei kalt in die Flotte eingegangen, zum Kochen ge trieben und reichlich 20 Minuten im Kochen erhalten wird. Der Walker, welcher die Stücke vorher mit Extract walkt und wäscht, behauptet, dass er ein Stück wie das andere behandle. Woran mag also das Schmutzigwerden liegen?“) Es muss doch wohl mangelnde Reinheit der Waare die Schuld daran tragen, dass diese halbwollenen blauen Cachemirs, Cheviots und Serges nicht immer gleich gut in der Farbe ausfalleu, sondern hin und wieder ein düsteres, schmutziges Aussehen bekommen. Wenn der Walker ein Stück wie das andere behandelt, so ist damit noch lange nicht gesagt, dass dann auch alle gleichmässig reiu werden. Im Gegentheil kann gerade in dieser gleichmässigen Behandlung der Fehler liegen. Es wäscht sich nicht immer ein Stück — selbst von der gleichen Sorte — ebenso leicht aus wie das andere; zumal wenn darin, wie in diesem Falle, zur Hälfte Kunstwolle verarbeitet ist. Darnach hat der Walker sein Vorgehen stets einzurichten. Mit dem Arbeiten nach der Schablone kommt man nicht immer aus. — Auch wird der Herr Fragesteller gut thun, an Stelle des Walkextrakts die Waare in Zukunft mit Soda und Seife waschen und walken zu lassen. G. H. Auf dem Lager haltbare Appretur. ^Antwort auf Frage No. 320: „Giebt es ein Appreturmittel, um Ge webe so zu präpariren, dass weder Temperatur noch Feuchtigkeit oder längeres Lagern darauf Einfluss hat?“) Ein Appreturmittel, welches in wirksamer Weise alle schädlichen Einflüsse von den Geweben fernzu halten vermag, giebt es so wenig, als ein Universalmittel gegen alle Krankheiten des menschlichen Körpers und die Bedrängnisse des Lebens. — Das beste ist, die schädlichen Einflüsse von den Geweben durch richtige Behandlung und passenden Lagerraum nach Möglich keit fernzuhalten; wie es ja auch leichter ist, Krank heiten zu vermeiden, als zu heilen. H. Das Einfetten der Spinnmaterialien. (Antwort auf Frage No. 304: „Ist das Mineralöl zuin Einfetten der Spinnmaterialien in der Streichgarnspinnerei dem gewöhnlich im Ge brauch stehenden Oleine (Oel) vorzuziehen?“) Olein ist zum Einfetten der Wollen für Streich- garngespinnste dem Mineralöl entschieden vorzuziehen, denn obgleich sich der Einkaufspreis des letzteren be deutend billiger stellt als wie beim Olein, so hat doch die Erfahrung gelehrt, dass Mineralöl durch die vielen Nachtbeile, welche es hauptsächlich nach der Weberei, in der Wäsche, Walke und Färberei zu Tage treten lässt, jedem Fabrikanten wohl doppelt so theuer zu stehen kommt, als Olein, abgesehen von allen noch hinzutretenden Unannehmlichkeiten und Aergernissen.— Auf die Spinnfähigkeit scheint das Mineralöl keinen besonderen Einfluss auszuüben, jedoch in der Krempelei ist häufigeres Ausputzen vonnöthen, also auch mehr Ab nutzung der Kratzen zu befürchten. Man kann eben das Mineralöl mit Recht mit dem Motto bezeichnen: Billig und schlecht — wird doppelt theuer. R. Seiffert.