Volltext Seite (XML)
** Appretur» £* Das Walken der Wollwaaren. Von Josef Giering. (Fortsetzung.) Nach diesen . Excursionen, welche ich mir erlaubt habe, um den Walkprocess ge hörig zu beleuchten, nehmen wir die ver gleichende Beschreibung von Örlamünder’s und Hemmer’s Walke wieder auf, und heben hervor, dass erstere der Waare weder beim Unter- noch beim Oberabnehmer Hindernisse in den Weg legt, sofern eben die Waare bei ihrem Eintritt vom Roulett in den Stauch canal freie Passage hat und in gleicher Weise ungehindert die Metallwangen verlässt, da der Canal in der Richtung der letzteren aus gekehlt ist. Dagegen findet die Waare bei der Hemmer’schen Anordnung Hindernisse beim Oberabnehmer f (Fig. 5 vor. No.), weil derselbe, dicht in den Canal eingepasst, nur so viel Spielraum hat, dass er sich zwischen den Canalwandungen auf und nieder bewegen kann; er ist breiter als das Roulett, dessen Kanten gerne die Waare mitnehmen und zwischen sich und den Abnehmer hinein ziehen. Besonders gefährlich aber gestaltet sich diese Anordnung für die Waare dadurch, dass zugleich die Bewegungen des Abnehmers mit den Bewegungen des Rouletts verbunden sind, dass er deren Hochbewegungen mit zumachen hat, ohne selbst von der Waare hiezu veranlasst zu sein. Hingegen weicht der selbstständig bewegliche Oberabnehmer der Orlamünder’schenWalke einem Hinderniss aus, d. h. er hebt sich, wenn beispielsweise Knoten oder Schlingen zwischen Tambour und Roulett sich durchgearbeitet haben. Für unsere weiteren Betrachtungen ist es nöthig, auf das W’esen des Filzprocesses näher einzugehen. Derselbe beginnt zwischen Roulett und Tambour; zwischen diesen bei den Walkey lindern und den beiden Abnehmer linien liegt das Hauptmoment des Filzprocesses. Durch Pressung, hervorgerufen durch Zurück halten der Waare gegen Tambour und Rou lett mittelst der Stauchklappe, entsteht eine für das Auge wie für das Gehör bemerkbare, das Tuch erwärmende Friktion, da die beiden Walkscheiben die Waare mit Gewalt weiter transportiren müssen. Durch zu schnellen Gang der Maschine tritt das Ueberhitzen und in Folge hievon das Entflocken der Waare ein. Und nun muss ich mich wieder gegen die oft citirte Abhandlung wenden, in welcher der Verfasser betreffs der Doppelwalke (i. d. J. 1888, Seite 598, Spalte 3) Folgendes be merkt: „Auch zu Walkstriemen- und Walk flockenbildung ist sie mehr veranlagt, wie jede andere Maschine. Ihrer Construction liegt eben ein durchaus unrichtiger Gedanke zu Grunde. Die Steigerung ihrer Hervor bringung muss bei den Cylinderwalken in einer vergrösserten Tuchgeschwindigkeit und dann darin gesucht werden, dass man zwei oder mehrere Stücke nebeneinander laufen lässt.“ Nun weicht aber die Construction der Doppelwalke oder Sedanwalke in der Hauptsache nicht von den anderen Bauarten ab. Warum also soll der Gedanke ihrer Construction unrichtig und warum soll gerade sie zur Flockenbildung besonders veranlagt sein? Diese Walke ist genau so leistungs fähig, wie die anderen, sie hat nur den Fehler, dass die Abnehmer kufenartig ange ordnet sind; das Entflocken aber liegt keinen- falls an der Maschine, sondern immer an dem zu schnellen Gang derselben, sowie an einer unrationellen Behandlung der Waare während des Wasch- und Walkprocesses. Es ist in diesem Aufsatz wiederholt auf die Abnehmer als auf zwei Hauptfactoren der Walkmaschine hingewiesen worden. Hören wir nun auch über sie die Meinung des Ver fassers jener Abhandlung. Er sagt (i. d. J. 1889, Seite 227, Spalte 1): „Die Verwendbar keit einer Walkmaschine für jede beliebige Waarengattung wird durch eine möglichst vielseitige, rasche und bequeme Verstellbar keit der beiden Zungen wesentlich unter stützt. Wir legen weniger Werth auf die Verengerung des Stauchkanals in der Linie van oben nach unten, halten es aber für sehr zweckmässig, wenn die untere Zunge in ihrer Höhenlage und in ihrem Gefälle rasch und bequem verstellt werden kann, eine Ein richtung, welche bei der Hemmer’schen der Senkrechten, was insofern seine Bedeu tung hat, als sich das Einwalken der Länge der Waare bei den meisten unserer heutigen Walkmaschinen, weniger in der Verlängerung des Stauchcanals, sondern fast unmittelbar in dem Winkel vollzieht, den oberer Walk- cylinder und obere Zunge mit einander bilden.“ Die Lagerung des oberen Walkeylinders bei der Gessner’schen Maschine ist in Fig. 8 skizzirt. Die Roulettachse lagert bei ihr dop pelt soviel seitwärts von der Tambourachse, und zwar gegen den Tucheingang zu, als die der Orlamünder’schen Roulettachse gegen den Oberabnehmer zu. Die Hemmer’ schen Walken haben, wie schon angegeben worden ist, senkrechte Achsenlagerung. Nach meiner Ansicht verdient ein Roulett, welches irgendwie seitwärts von der Mittellinie der Tambourachse liegt, immerhin den Vorzug vor einem solchen, welches senkrecht über der Tambourachse gelagert ist (vgl. die früheren Skizzen 4, 6 und 8). Hemmer erhält mit seiner senkrechten Lagerung eine senkrechte Abnehmerlinie, also auch senkrechte Stauch Specialwalke sehr gut durchgeführt ist.“ Dass diese Construction von Hemmer in dem Sinne, wie es hier heisst, ausgeführt sein sollte, ist mir beinahe unglaublich. Eine derartige Maschine, mit einer solchen verstell baren Unterzunge, den Fabrikanten zu liefern, grenzte an Leichtsinn. Jeder Fachmann, wel cher sich von der Bedeutung der Zungen und ihrer Stellung zur Tambourfläche Rechen schaft abgelegt hat, kennt die Folgen solch’ einer unsicheren Mechanik. Welchem Zweck gar die Verstellung der Höhenlage sammt Gefälle dienen soll ? ist geradezu unerfindlich. Wir haben bis jetzt von den Stauchfalten nicht gesprochen und wollen über die Bil dung der senkrechten Stauchfalten zunächst wieder dem Verfasser jener Abhandlung das Wort lassen. Derselbe sagt (i. d. J. 1889, Seite 227, Spalte 2): „Gessner sucht diesen Anforderungen durch eine gegen den Tuch eingang geneigte Lagerung des oberen Walk- cylinders gerecht zu werden. Die Stauch falten nähern sich in Folge dessen, gleich bei Eintritt der Waare in den Stauchkanal, falten. Orlamünder erzielt mit seinem seit wärts gelagerten Roulett eine etwas schräge Abnehmerlinie, also etwas schräge Stauch falten, zugleich aber auch einen besseren, spitzigeren Friktionswinkel und deshalb einen besseren Transport der Waare seitens Tam bour und Roulett. Gessner erhält mit seinem, 5—6 cm ausserhalb der Mitte, gegen den Tucheingang gelagerten Roulett einen sehr schrägen Winkel; ebenso schräg bilden sich auch die Falten. Ich frage nun, wie kommt jener Verfasser zu der Behauptung, dass die Stauchfalten bei der Gessner’schen Walke in Folge dieser Lagerungsverhältnisse sich gleich bei Eintritt der Waare der Senkrechten nähern? Die Stauchfalten bilden sich über haupt erst an den Linien der Abnehmer je nach dem Winkel, welchen diese mit Tam bour und Roulett machen. Was speciell die Gessner ’sehe Walke anbelangt, so kann ich mich mit der kufenartigen Fa§on ihrer -Ab nehmer nicht befreunden, indem ich an die traurigen Erfahrungen erinnere, welche der Sedaner Walkenbauer mit derselben Fa§on