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Besser wäre vielleicht das Wort wiedergegeben durch „Stoffgewerbe“, weil das Wort „Stoff“ im Handel und Wandel ohnedem für die Be zeichnung von Geweben verschiedener Art dient und in seiner Allgemeinheit auch für die rohen Gewebsfasern und die Halberzeug nisse (Garne und Rohgewebe) gelten kann. Wer will, kann auch „Spinnstoffgewerbe“ sagen; das Beste wäre wohl, das Wort „Tex tilindustrie“ bis auf Weiteres beizubehalten. Carbonisiren ist wörtlich mit ver kohlen übersetzt; aber was kann man mit einer verkohlten Wolle anfangen? Schon im Französischen enthält der Ausdruck die selbe Unrichtigkeit, da ja nicht die zurück bleibende Wolle, sondern die Baumwolle oder die anhaftenden Kletten- oder Holztheile dem Verkohlen unterworfen gewesen sind. Die Thatsache ist, dass die Baumwolle oder die Holztheile durch Einwirkung von Säure und Hitze aus der Wolle heraüsgebrannt werden; wenn man also schon ein Wort ändert, so ist es zu empfehlen, dasselbe zugleich sinn- ünd sachgemäss umzumodeln und statt car- bonisirte Wolle allenfalls zu setzen: sauer gebrannte Wolle oder statt Carbonisiren: „ Sauer brenn en“. „Conditionirung und Conditioni- r ungsanstalt“ wird durch „Gewichts bestimmung“ und „Austrocknungsan stalt“ wiedergegeben. Die erste Bezeichnung hat einen zu allgemeinen, die zweite einen zu beschränkten Spielraum; denn erstens ist, was man in solchen Anstalten zunächst er fahren will, nicht das Gewicht der Waare im Allgemeinen, sondern vor Allem das Gewicht der in der Gewebsfaser enthaltenen Feuchtig keit gemeint und zweitens beschäftigen sie sich in der Regel noch mit anderen Untersuchungen der Gewebsfasern, Garne und Gewebe. Es wäre also viel einfacher zu setzen: Seide- bez.Wo 11 prüfung, „Seide-Woll-Prüfungs anstalt“. Sonst hat Verfasser keine stoffgewerb lichen Schwächen in dem „Verdeutschungsbuch des Handels“ gefunden, äusser dass bei „Appret und Appretur“ unter den 7 deut schen Ersatzwörtern die häufig gebrauchten Bezeichnungen: „Stärke und Stärkerei“ fehlen, womit der Begriff dieser beiden vielsagenden Fremdwörter erst vollständig erschöpft wäre. Beide Fremdwörter können gleich der Textil industrie als Beispiele der zahlreichen Fach ausdrücke dienen, welche, wie das Vorwort selbst einräumt, einstweilenundüberhaupt durch gute deutsche Ausdrücke kaum ganz ersetzt werden können, Verfasser hat gewiss das Verdeutschungsbuch mit grossem ,,Inter esse“ oder vielmehr grosser „Theilnahme, Neigung“, mitW oh Iw ollen oder mit Beifall in die Hand genommen und seinem Beifall durch eine Strafrede Ausdruck verliehen, welche er beim Durchlesen des Buches seiner eigenen schuldbewussten Feder gehalten hat. Bei vielen Wörtern musste er sich sagen, dass er sie bisher gebraucht hat, ohne viel nach ihrem Sinn zu fragen, dass dieser ihm erst durch Nebenstellung des deutschen Aus drucks zum Bewusstsein gekommen ist. Er hat deshalb für die Zukunft die besten Vor sätze in sich aufgenommen, aber mit dem Bedenken, dass er bei der Beschreibung von Maschinen und Verfahrungsweisen oft genug in Verlegenheit gerathen wird, wie er diese oder jene fremdsprachliche Bezeichnung durch eine vollkommen gleichbedeutende in deut scher Sprache ersetzen und wie er einer ge wissen Eintönigkeit entgehen soll, wenn er sich das Abwechseln mit genau gleichwerthigen Ausdrücken deutscher - und fremder Sprache versagen will. Freilich ist das Wörterbuch des deutschen Gewerbes reich an treffenden Bezeichnungen und wir haben noch gar nicht den Versuch gemacht, durch die nur in be stimmten Gegenden gangbaren Ausdrücke unseren gewerblichen Sprachschatz zu be reichern, zu ergänzen und zu vervollständigen, um unserer Feder eine Auswahl unter ver fügbaren Wörtern zu verschaffen. Das aber kostet Zeit und Geduld, beide müssen ver- stattet Werden, wenn die guten Vorsätze nicht zu Wasser Werden sollen. Kann man doch selbst in dem Aufruf „des allgemeinen deutschen Sprachvereins“, welcher dem Verdeutschungsbüch angehängt Ist, eine kleine Ketzerei entdecken. Absatz 1 der Satzungen lautet nämlich: Der Verein ist in’s Leben getreten, um das allgemeine nationale Bewusstsein im deutschen Volke zu kräftigen. Das Wort „national“ scheint also beibehalten worden zu sein, trotzdem mit seiner Bedeutung so vielfacher Missbrauch in der Welt getrieben wird. Viel hübscher würde die Stelle lauten: um das allgemeine Selbstbewusstsein des deutschen Volkes zu kräftigen, und ebenso leicht hätte das ab gebrauchte Wort national an zwei folgenden Stellen des Aufrufes umgangen werden können. Wenn also schon bei der Grundlegung des Vereins sich Schwierigkeiten gezeigt haben, so kann man ungefähr ermessen, wie die selben in den verschiedenen Zweigen des Handels und Wandels sich aufthürmen und nur mit Geduld und Langmuth, durch Eifer und Uebung überwunden werden können, was aber kein Grund sein darf, vor den Zwecken des Vereines sich ängstlich den Rock zuzuknöpfen. Kielmeyer. Spiest @^@1» Die verbesserte Wanderdecken-Krempel von Brooks & Doxey, Manchester. Von K. S. Bereits vor einigen Jahren brachte un sere Zeitschrift eine ausführliche Beschrei bung mit fünf Abbildungen dieser mit dem Wilkinson’schen Patent ausgestatteten Krem pel *), und wenn wir heute nochmals auf die selbe zurückkommen, so geschieht dies, weil diese Wanderdecken-Krempel im Laufe der letzten drei Jahre so bedeutende Verbesse rungen erfahren hat, dass wir es für ange zeigt halten, die Maschine in ihrer vervoll kommneten Ausführung nochmals unseren Lesern vorzuführen. Zur näheren Erläuterung dieser Krempel dienen die beigegebenen drei Abbildungen, von welchen Fig. 1 eine perspectivische An sicht, Fig. 2 einen Querschnitt und Fig. 3 einen theilweisen Seitenaufriss der Krempel darstellt. Es dürfte als bekannt vorausgesetzt werden, dass die Decken dieser Krempel auf zwei seitlich von der Trommel sich befin denden Scheiben D ruhen, welche ihren An trieb durch die Decken F selbst erhalten, 1) Leipz. Monatschr. f. Textil-Ind., 1889, S. 57—59. da diese durch die zwischen den Seiten scheiben und den Decken vorhandene Rei bung mit um ihre Lagerbüchsen C herum genommen werden. Der Antrieb der Decken aber erfolgt, wie bei anderen Krempeln die ser Art, durch einen Riemen von der Haupt trommelachse aus, vermittelst zweier Paar darauf folgender Schnecken und Schnecken räder. Durch die Anordnung der mitgenom menen Seitenscheiben D, also eben durch die Benutzung des Wilkinson’schen Patentes, wird bei dieser Maschine das, bei allen üb rigen Wanderdecken-Krempeln bedingte, Glei ten der Decken auf der Unterlage gänzlich beseitigt, welch’ letztere bei allen übrigen Krempeln dieser Art aus einem fest einge stellten Theil besteht. Auf diese Weise kön nen die vom Gleiten herrührenden, üblen Folgen der Abnutzung, und besonders der ungleichen Abnutzung von Deckenenden und -Unterlage bei der vorliegenden Krempel nicht eintreten. Die als Deckenträger und -Führer die nenden Seitenscheiben erfreuen sich aber noch des Vortheiles, dass sie ein in sich festes Ganzes bilden, welches durch den bedeuten den Druck der Decken nichts von seiner kreisrunden Gestalt verliert, welcher Uebel- stand bei anderen Krempeln nur zu häufig auftritt und dessen Abstellung in der Regel unsägliche Mühe erfordert. Bei dieser Krem- pel dagegen ist durch die versteiften Seiten scheiben die erste Bedingung zur Beibehal tung des gewünschten Einstellungsverhält nisses zur Trommel gegeben, sei dasselbe koncentrisch oder excentrisch, und dies ist ein nicht zu unterschätzender Vortheil für die Aufsichtsbeamten der Baumwollspinne reien. Die Haupt-Trommellager A sind fest und unbeweglich an dem Untergestell B ver schraubt und ragen die nach innen gerich teten Enden der Lager A in die bereits er wähnten und zu diesem Zweck ausgesparten Lagerbüchsen 0, um welche die Seitenschei ben D mit den Kränzen E und den Ringen H rotiren. Das Gebilde von Lagerbüchse CI nebst Seitenscheibe D wird an jedem seit lichen Lager A durch drei grössere Mutter schrauben K gehalten. Ausserdem ruht diese Buchse C auf dem Kopf einer Mikrometer schraube L, an deren unterem Ende das Schneckenrad Q sich vorfindet, das wiederum im Eingriff mit der Schnecke R ist. Ein Zeiger, mit der Schnecke an demselben Bolzen befestigt, dient zur genauen Kontrole für die Einstellung. Durch ein passendes Uebersetzungsverhältniss und eine gewisse Schrauben-Ganghöhe ermöglicht diese Mikro metervorrichtung, dass die Einstellung der 8*