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51 hier sind, außer mir und dir ahnt die Gefahr, in der wir uns befinden. Den zahlreichen Indianern wird es ein leichtes sein, uns in diesen unfern Strohhütten zu vernichten. Wir sind nicht imstande, sie zur Lieferung von Lebensmitteln zu zwingen, wenn sie sich weigern, die Verträge zu halten. Ich kenne nur ein Mittel, uns zu retten, das ist, wenn jemand es unternehme, auf dem Kanoe, daS die Indianer uns überlassen haben, nach der Insel Hispana zu fahren, dort ein Schiff zu kaufen, auf dem wir uns aus dieser gefahrvollen Lage befreien könnten." Selbst der Heldenmut eines Mendez schrak vor diesem Unternehmen zurück; er ver langte, daß der Admiral die ganze Mannschaft zusammenriefe und Frei willige zu diesem Unternehmen auffordere. Melde sich niemand, so sei er bereit, sein Leben, wie schon öfter in die Schanze zu schlagen. Columbus ging auf diesen Vorschlag ein; er berief die Mannschaft, schilderte die Gefahr, in der alle schwebten, und forderte zu dem Versuche der Rettung auf. Alle blieben stumm, dann öffneten einige den Mund, um zu erklären, das sei eine Tollheit, die er verlange, in einer kleinen Barke einen Weg von vierzig Meilen zurückzulegen, auf dem große Segel schiffe durch die Wut der Wellen untergegangcn seien. „Darauf erhob ich mich", erzählt Mendez, „und sagte: Herr, ich habe nur ein einziges Leben und will es wagen in eurem Dienste und für das Beste der Mann schaft, weil ich hoffe, Gott unser Herr werde mir beistehen und mich retten, wie er es schon so oft gethan hat." Columbus umarmte und küßte den Tapferu, indem er äußerte, daß niemand außer ihm das Wagnis unter nehmen werde, und auch er vertraue aus Gottes Beistand. Das Fahrzeug wurde nun für die kühne Fahrt zugcrichtct; es ward geteert, erhielt einen Kiel, Mast und Segel, am Vorder- und Hinterteil eine Erhöhung durch Bretter, um das Eindringen des Wassers zu ver hindern. Als Ruderer wurden sechs Indianer bestellt; außer Mendez machte die Fahrt doch noch ein Spanier, Bartolomäo Fiesco, mit. Allein es zeigte sich, daß die Besatzung nicht ausreichte, um die Angriffe der feindlich gesinnten Indianer abzuwehren. Mendez kehrte daher zum Admiral zurück, um zweckmäßigere Vorbereitungen zu treffen. Ein zweites Boot erhielt außer den indianischen Ruderern eine Bemannung von sechs Spaniern; Führer wurde Fiesco. Bartholomäus Columbus geleitete die todesmutigen Gefährten mit siebzig Mann längs der Küste bis zu der Stelle, wo sie sich der offenen See anvertrauen wollten. Als man sic an der Ostseite der Insel erreicht hatte, und ruhiges Meer cingetrcten war, trennte sich Mendez unter vielen Thränen von den Landsleuten und empfahl sich Gott wie der heiligen Maria von Antigua. Fünf Tage und fünf Nächte saß er am Steuer, während die Gefährten ruderten, dann erreichte man Hispana und zwar an dem Kap Tiburon, damals St. Miguel genannt. Von Hunger und Müdigkeit entkräftet, betraten die 44-