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Rr. LÜ7 — v. Jahrgang Sonntag den A4. Juli LV1V MMllitDMsMmg Inserate werden die vecspaltene PetiizeUe oder deren Raum mit IS Reklamen mit Stt - die Zeile berechne!, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt. Blichdruiteret, Redaktion und «eschitstSitelle, -II 18«-* I» »/. ^ LroSdeu. Piüuitzer Strafte 43. - Fernsprecher 1»«» <KSL^N!!^e.röNMLÄ« sur Lvayryert, «ecyt uns ^reiyeir Erscheint täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. tsl»«aab« t., Mit .Die Zeit in Wort und Bild- dierteljährlich. »1« In Dresden durch Boten »,4« -t. In gang Deutschland srei Haus S.SS -s. VlnSaabe Ohne illustrierte Beilage Viertels 1,8« Unabhängiges Tageblatt ^pspisOtienä unä labencl Onsclo-^iLbsss'Ssi ^ psunci 15 k^ksrmigs. <3ecsing 8c ^oc^tcoti, Dcesäeii, 8>süsn>ak^n In alisn SvaEsIlsn. tslS Lssts Ho^ugügusIIs! ,«o VorDÜxlloliv k14ciVIIV<>8 USUS rmd ^sirrriiiotilo, all« Holr- und Llitttrlvn so^vis naed AslvdnunA 118 voll 60 Llnrk an Ri«8i»v ^usv^Liil, xüvslixs Latil^oise, kokoi LasLvQrLdadL! l 8V0LL«XNL!ir« »««8»«« doItLNll-Ovorgvv-^ltov 18 Für die Monate August u. September abonniert man aus die „Sächsische Bolkszeitung" init der täglichen Roman- beilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von 1 20 Mk. (ohne Bestellgeld), durch den Boten ins Haus 1.40 Nie. Bezugspreis auf die Ausgabe -V mit der illustrierten Unterhaltungsbeilage „Die Zeit in Wort Die Krankenversicherung in der Reichsversicherungsordnung nach den Beschlüssen der Reichstagskommission. in. Träger der Krankenversicherung. Der Entwurf sieht vier Arten der reichsgesetzlichen Krankenversicherung vor: Orts-, Land-, Betriebs- und Jnnungskrankenkassen. Die landesgesetzlichen knapp- fchastlichen Krankenkassen werden davon nicht berührt. Da bei ist es geblieben. Orts- und Landkrankenkasse» aber sollen nach dem Kommissionsbeschlutz in der Regel inner halb des Bezirkes und nicht für den Bezirk eines Ver sicherungsamtes errichtet werden, um eine Abgrenzung des Kassenbezirkes in für die Mitglieder zweckmäßiger Weise zu ermöglichen. In dem 8 237, welcher heißt: „Die Landes regierung kann für das Gebiet oder für Gebietsteile des Bundesstaates bestimmen, daß keine Landkrankenkassen neben den allgemeinen Ortskrankenkassen errichtet werden," setzte die Kommission an Stelle des Wortes Landesregierung „Landesgesetzgebung" und strich die Worte „oder für Ge bietsteile"; sie nahm des ferneren folgenden 8 248a an: „Die in der Gärtnerei Beschäftigten, sofern es sich nicht uni landwirtschaftliche Nebenbetriebe handelt, sind Mitglieder der allgemeinen Ortskrankenkasse." Im Absatz 2 des 8 249, der den besonderen Ortskrankenkassen das Recht geben wollte, „abweichend von 8 194 andere und höhere, bis- her zulässige Leistungen beizubehaltcn, als § 193 zuläßt, wenn sie ihre Ausgaben decken, ohne die gesetzlichen Höchst- beiträge zu überschreiten," wurden die Worte „abweichend von 8 194" gestrichen. Die Voraussetzungen für die Zulassung besonderer Ortskrankenkassen sind im 8 280 der Vorlage festgeiegt. Zn diesen Voraussetzungen gehört auch die Zahl von 600 Mit gliedern. Tie Kommission nahm diesen Paragraphen an; sie st r i ch aber folgenden 8 281: „Die oberste Verwaltungs behörde kann die erforderliche Mindestzahl von Mitgliedern bis auf dreitausend erhöhen. Wenn der Bezirk des Ver- sicherungsamtes über 200 000 Einwohner zählt, kann sie die Mindestzahl bis auf fünftausend, und wenn er über 600 000 Einwohner zählt, bis auf zehntausend erhöhen." Eine weitere Voraussetzung für die Zulassung von besonderen Ortskrankenkassen ist, daß ihr Fortbestehen die allgemeine Orts- und Landkrankenkasse des Bezirkes nicht beeinträch tigt. Dies ist dann der Fall, wenn die Zahl der Mit glieder, die ihr bei Zulassung besonderer Ortskrankenkassen verbleiben würden, nicht mindestens tausend oder die von der obersten Verwaltungsbehörde fest gesetzte höhere Zahl erreicht. Die gesperrt gedruckten Worte wurden von der Kom mission gestrichen und an Stelle der 1000 wurden 600 gesetzt. Wie aus dem Dargelegten hervorgeht, war die Kom- missionsmohrheit, zu der' auch ein großer Teil der Zen trumsmitglieder gehört, nicht für die in der Regierungs vorlage vorgesehene Zentralisation der Krankenkassen. Man hielt kleinere Kassen für besser. Das zeigte sich auch bei der Beratung der Betriebskrankenkassen. Solche können bis her gegründet werden, wenn sie 60 Mitglieder zählen. Die Vorlage will auch die bestehenden Betriebskassen be- festigen, wenn sie weniger wie 100 Mitglieder haben. Dem wurde zngcstimmt. Eine erhebliche Minderheit der Kom- Mission (Nationalliberale, Konservative und Freikonser vative) wollte alle bestehenden Betriebskassen er halten und auch die Neuerrichtung von Betriebskassen in Zukunft bei 60 Versicherten zuiassen. während für letztere die Vorlage 500 vorsieht, welche Zahl aber von der obersten Verwaltungsbehörde auf 250 sollte ermäßigt werden können. Sozialdemokraten und Freisinnige verlangten vollständige Beseitigung der Betriebskassen, mindestens aber bei Neu- errichtnng einer solchen 1000 Mitglieder. Ein Abgeord neter des Zentrums aus der Arbciterscl>aft regte an, jeg liche Zahl für die Gründung und das Bestehen von Be triebskassen zu vermeiden, diese aber von der Zustim- m u n g der Versicherten abhängig zu machen, die jetzt vor der Gründung von dem Unternehmer nur gehörtzu wer den brauchen. Und mehr wie letzteres will auch nicht die Vorlage. Jedoch war über die Frage der Betriebskassen die Meinung im Zentrum geteilt. Es einigte sich aber schließlich auf den Antrag, die Neucrrichtung von Be triebskassen (aber nur in diesem Falle) von der Zustim mung der Arbeiter abhängig zu machen, dazu für die Neu- erricht'.ing gewerblicher die Zahl von 100 und landwirt schaftlicher die Zahl von 20 als Mindestzahl vorzuschreiben. Dieser Antrag fand mit Hilfe der Freisinnigen, Sozial demokraten und der Polen Annahme. Bei der Abstimmung über den gesamten Paragraphen aber stimmten nur noch das Zentrum und der Pole dafür, so daß betreffs Neuerrichtnng von Betriebskassen eine Lücke entstand, welche auszufüllen jedoch der Wille der Koni missionsmehrheit ist. Eine allgemeine Orts- oder Land krankenkasse, die für Bezirksteile eines Versicherungsamtes errichtet ist, soll nach der Regierungsvorlage (8 280) unter bestimmten Voraussetzungen geschlossen werden können. Voraussetzung sollte sein, wenn ihr Mitgliederstand nicht nur vorübergehend unter 600 sinkt und keine Vereinigung nach 8 278 zustande kommt. Dies lehnte die Kommissions mehrheit ab. Den letzten Teil der Beschlüsse zu dem Kapitel Kranken versicherung geben wir nach Schiuß der Beratungen wieder. „Es fiel ein Reis in der Zrühlingsnachl." Dresden, den 28. Juli 19tO. Die Sturm- und Drangperiode der sächsischen prote stantischen Lehrerschaft begann sehr heftig mit den Zwickaner Thesen in die Oeffentlichkeit zu treten. Zwar rumorte der kirchlich-liberale Geist schon lange vorher im Schoße des sächsischen Lehrervereins, bis er zur Forderung an die Landesgesetzgebung geformt wurde. Das Resultat waren die Zwickaner Thesen. In ihrer vagen Fassung bedurften sie der Interpretation. Der Lehrerverein ermangelte nicht, sic nach der radikalen Seite auszunutzen, so daß alsbald die Eltern klar sahen, es handle sich um die vollständige Be seitigung nicht nur der konfessionellen Schule, sondern auch des spezifisch evangelischen „schrift- und bekenntnismäßigen Religionsunterrichtes". Jedes Dogma sollte fallen und Christus schließlich den Kindern als guter Mensch zur Nach ahmung hingestellt werden. Für jeden christlich gesinnten Hausvater war es eine große Zumutung, seine Kinder auf einmal im heidnischen Christentum«: erziehen zu lassen. Während den Soziaidemokraten auch dieser Religionsunter richt noch ein Greuel war — nach ihnen darf der Name Gott wie in Frankreich nicht in der Schule genannt werden — ging er andererseits vielen Nationallibcralen zu weit; sie halten an der konfessionellen Volksschule fest. Mit gro ßer Entschiedenheit vertraten ohne Ausnahme die Konser vativen diesen Standpunkt. Es wäre also selbst in der Zwesten Kammer kaum eine Mehrheit für die Pläne der liberalen Lehrerschaft vorhanden gewesen. Ganz entschie de» hätte aber eine Schulreform nach ihrem Willen in der Ersten Kammer keine Annahme gefunden. Nach den wie derholten Erklärungen des Unterrichtsministers würde eine Umgestaltung der konfessionellen Schule an der Regierung den stärksten und unüberwindbaren Gegner finden. Das erkannte denn auch die liberale Lehrerschaft allmählich, be sonders als sich sowohl die christlichen Lehrer als auch die christlichen Eltern zur Gegenwehr znsammcnschlossen. Die liberale Lokomotive war auf das tote Gleis aufgefahren: das kommt davon, wenn eine revolutionäre Bewegung zu viel Dampf gibt; nun geht's weder vor- noch rückwärts. Der liberalen Lehrerschaft verursacht besonders die Rede des Herrn Kultus- und Unterrichtsministers Dr. Beck auf der Jahrcskonferenz der sächsischen Bczirksschulinspektoren Kopfschmerzen. Mit einer solchen Entschiedenheit hatte die Regierung ihre Pläne noch nie abgelehnt, noch nie den festen Willen bekundet, an dem konfessionellen Charakter der Schule nichts ändern zu lassen, den Religionsunterricht „bibel- und bekenntnismäßig" als wesentliches Unterrichts fach beizubehalten. Was auch den Dank der Katholiken her- ausgefordcrt hat, war daS lebendige Zeugnis für die Gottessohnschaft Jesu Christi, als der Staatsminister erklärte: „Wenn auf der Zwickaner Versammlung ein mit be- sonderen Beifalle anfgenommcner Redner gesagt hat: „Der vaterländischen Lehrerschaft ist es eine heilige Gewissens pflicht, an ihrem Teile mit dazu beizutrageu. daß unserem Volke der religiöse Sinn erhalten bleibt. Wir glauben an diese Kraft- und Trostquelle, an diesen größten Schutz un seres Volkes", wenn ferner nach Ansicht der Lehrerschaft die Person Jesu im Mittelpunkte des Religionsunterrichtes stehen und die Gesinnung Jesu im Kinde.lebendig gemacht werden soll, so kann man bei richtiger Auffassung diesem Ziele nur zustimmen. Woher erkennen wir aber die Be deutung der Persönlichkeit Jesu und seine Ge sinnung? Doch nur aus seinen uns in der Bibel überliefer ten Worten, denen er die Verheißung gegeben: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte ver gehen ni ch t." Es ist doch dann unzulässig, nach Willkür nur einzelne seiner Worte anzunehmen, die anderen aber abzulehnen. Entweder ist er der gewesen, als den e r s i ch i n s e i n e n W o r t e n b e k a n n t h a t, G o t t e s Sohn und der für uns gestorbene Heiland und Erlöser, und das ist unser und unserer christlichen Kirche unverbrüchlicher Glaube. Dann haben wir auch die Pflicht, ihm im Lichte dieser seiner Worte der Jugend im Religionsunterrichte nahe zu brin gen. Oder wäre er der nicht gewesen, als den er sich be- kamst, dann könnte auch nimmermehr seine Person im Mit telpunkte des Religionsunterrichtes stehen und seine Ge- sinnung im Kinde lebendig gemacht werden. Darum wird an dem schrift- und bekcnntnismäßigen Religionsunterrichte festgehalten, hierbei aber unter verständnisvoller Verbesse rung der Unterrichtsmethode bei Vermeidung eines starren, toten Dogmatismus wie kraftloser Verschwommenheit un sere christliche Religion in lebensvoller, sie vertiefender Weise unseren Kindern vermittelt werden müssen." Dem Organ des Sächsischen Lehrervereins, der „Säch sischen Schulzeitung", ist darob die Sprache vergangen. Die für die Lehrer sehr interessante Rode des Ministers, die im „Dresdner Journal" 230 Zeilen füllt, wird in der „Sachs. Schulzeitg." ans 20 Zeilen wiedergegeben und das Schwer gelvicht auf die Acnderung im Memoricrstoff gelegt, wäh rend doch der Minister das Festhalten an der konfessionellen Schule und ani bekenntnistreuen Religionsunterricht in den Mittelpunkt seiner Ausführungen stellt. Wohl wird eine eingehende Besprechung der Rede in Aussicht ge stellt, aber auch in der gestrigen Nummer ist keine erfolgt. Man möchte wohl gern Gegendampf geben, nachdem man nun cinsieht, daß man sich zu weit vorgcwagt hat und daß daher „eine starke Abneigung gegen die Dolksschullehrer in weiten Kreisen zu bestehen scheint und die au sich herzlich geringe Autorität der Volksschule noch gesunken sei". — Wie soll denn die Achtung vor „christlichen" Lehrern nicht sinken, die das christliche Empfinden der weitesten Kreise brüske verletzen? Ter Knltnsminister konstatierte dies aus den Worten des Abgeordneten Dr. Vogel, des Vorsitzenden der nationalliberalen Fraktion, der in der Zweiten Kam mer erklärte: „Ich würde es für ein Unglück für Sachsen halten, wenn wir an dem jetzigen Zustande rütteln wollten. Das Volk würde es gar nicht verstehen, wenn wir hier eine Aen- dernnq eintreten ließen, es würde sich in seinen heiligsten Gefühlen verletzt fühlen." Zum Beweise, daß die konfessionelle Volksschule rm Volke gewünscht wurde, hob der Minister die Einmütigkeit hervor, mit der sämtliche Bezirksschnlinspektoren Sachsens für die Erhaltung der konfessionellen Volksschule eintraten. Hervorzuheben sind die Worte, die er den Protestlern gegen die Enzyklika entgegenhielt. Der Minister sah in der Pro testbewegung ein freudiges Bekenntnis zu der evangelish- lutherischen Konfession, und daher setzte er bedeutungs voll bei: „Sorgen wir dafür, daß wir nicht nur den Namen Protestanten in der Abwehr von Angriffen gegen unser Bekenntnis tragen, sondern daß wir, alt und jung, als Evangelisch-Lutherische treu und unentwegtzu dem Glauben unserer Kirche stehen, und diesen auch unseren Kindern zu übermitteln ent schlossen sind." Gleichsam als Beispiel treuen Festhaltens an dem kon fessionellen Bekenntnisse hob der Minister lobend nach dem Zeugnisse des hochw. Bischofs die katholische Lehrerschaft und die katholischen Minderheitsgemeinden mit folgenden Worten hervor: „Daß die konfessionellen Minderheitsgemeinden der römisch-katholischen Kirche und deren Lehrer auch bei Kon fessionslosigkeit der Schule an ihrem Bekenntnisse unent wegt festhaiten würden, hat der Herr Bischof in der Erste,» Kanimer freudig betont, wenn er dort apsführte, es sei ihm eine der angenehmsten und liebsten Erfahrungen, daß die katholische Lehrerschaft treu auf dem Standpunkte des Christentums und der Kirche stehe, daß er deshalb eine Be sorgnis für die Zukunft auszusprechcn gar keine Voran- lassung habe." Der Radikalismus in der Lehrerschaft gibt den Kampf nicht ans. Ihr Organ, die „Leipziger Lehrerzcitung", macht ans der großen Enttäuschung, welche die Rede des Ministers hcrvorgebracht hat. kein Hehl. Das Blatt verlangt die